Call for Blogposts: Souveränität!?

Auch in diesem Sommer schreibt der Theorieblog wieder einen Call for Blogposts aus. Nachdem wir uns im vergangenen Jahr mit dem Konzept der „Sorge“ auseinandergesetzt haben, wollen wir uns in diesem Jahr dem Begriff der Souveränität zuwenden. Wir freuen uns wie immer über zahlreiche Ideen und Beiträge zum Thema. Den kompletten Call und alle weiteren Informationen gibt es nach dem Klick.

„Souveränität“ ist seit Bodin und Hobbes einer der prägenden Grundbegriffe der politischen Theorie und erlebt aktuell eine Renaissance. Die Debatten um Souveränität verlaufen in unterschiedlichen Kontexten und Bereichen von Politik und politischer Theorie unterschiedlich. So offenbart sich in jüngerer Zeit eine besondere Ambivalenz: Einerseits lässt sich eine vehemente Wiederkehr von Souveränitätsbegehren beobachten – besonders virulent etwa realpolitisch unter Verweis auf das Brexit-Referendum, die Außenpolitik Chinas sowie den russischen Krieg gegen die Ukraine. Auch in der Demokratietheorie finden sich jüngst Plädoyers für den souveränen Nationalstaat, und insbesondere in der Digitalpolitik setzt sich der Anspruch auf digitale Souveränität fest, während zugleich souveräne Steuerung mithilfe von Daten immer öfter ins Spiel gebracht wird.

Andererseits: Auch der jüngste Bedeutungszuwachs wird von Kritik flankiert. Einflussreich bleiben dabei Grundsatzkritiken, die Souveränität im Kontext von Globalisierung und Europäisierung zur Disposition stellen, z.B. aus normativer und kosmopolitischer Sicht oder aber aus epistemischen Gründen. Erhalten bleibt auch die Fundamentalkritik an der Idee des souveränen Subjekts, die sich in der sozial- und politiktheoretischen Debatte seit den 1970er Jahren festgesetzt hat. Neue Impulse erhalten die Kritiken in Debatten um den Klimawandel und seine Konsequenzen. Parallel dazu sind rechts- und politiktheoretische Versuche der Neubestimmung bzw. Aktualisierung von Souveränität verbreitet, die Ideen einer späten, relationalen oder gepoolter Souveränität stark machen.

Ausgehend von den skizzierten Dynamiken und Kontroversen widmet sich unser diesjähriger Sommercall dem Begriff der Souveränität. Wir möchten ihn in seinen unterschiedlichen Facetten und vielfältigen Kontexten diskutieren, die aktuellen Debatten um den Begriff der Souveränität kartieren und seine gegenwärtige politische Bedeutung erfragen. Deshalb laden wir dazu ein, Blogposts einzureichen, die Begriff bzw. Idee der Souveränität pointiert aus unterschiedlichen ideengeschichtlichen, politiktheoretischen oder politikphilosophischen Perspektiven beleuchten, erkunden und für die Gegenwart erhellen, die ihn verteidigen, neu fassen oder fundiert kritisieren.

Zu den möglichen Themen und Schwerpunkten zählen wir folgende Fragen:

  • Welche ideengeschichtlichen Argumentationslinien prägen gegenwärtige Debatten über Souveränität? Welche Traditionslinien des Nachdenkens über Souveränität sollten (wieder) stärker berücksichtigt werden?
  • Wie steht es um Souveränität in Europa, insbesondere in der europäischen Mehrebenenordnung, aber auch um eine Souveränität der EU?
  • Kann der Begriff der Souveränität helfen, die Herausforderungen, vor die der Klimawandel Politik bzw. politische Ordnungen stellt, zu verstehen, ihnen vielleicht auch zu begegnen? Oder läutet die Klimakrise ein erneutes Ende des Souveränitätsbegriffs ein?
  • Wie steht es um die Idee der „digitalen Souveränität“? Lässt sie sich historisieren und bietet Souveränität in Zeiten der Digitalisierung einen fruchtbaren begrifflichen Zugang? Was ist von neuen Ideen souveräner Steuerung zu halten?
  • Lassen sich Wellen der Souveränitätsbegeisterung und der Souveränitätskritik historisieren und vergleichen? Warum setzte sich Souveränität historisch immer wieder durch? Wärmen wir in regelmäßigen Abständen die gleichen Kritiken auf?
  • Ist die poststrukturalistische und naturwissenschaftliche Kritik am „souveränen Subjekt“ – seien es Staaten oder Individuen – auch politiktheoretisch haltbar oder bedarf es einer Wiederbelebung des autonomen, souveränen Akteurs?
  • Souveränität wird aus post- bzw. neokolonialer Perspektive als ein westliches Denken geframt. Welche Dimensionen kolonialer Herrschafts- und Machtverhältnisse sind dem Konzept inhärent? Lässt sich der Begriff postkolonial wenden oder muss er aus einer solchen Perspektive aufgegeben werden?
  • Ist Souveränität ein politischer Grundbegriff mit Zukunft? Welche Bedeutungen von Souveränität überzeugen in der Gegenwart (noch)? Warum sollte man Souveränität als Grundbegriff des Politischen (doch nicht) aufgeben?

 

Wir freuen uns über Beiträge, die entlang einer Diskussion dieser oder ähnlicher Fragen die unterschiedlichen Facetten des Themas beleuchten und pointiert zur Debatte stellen.

 

Dabei möchten wir die Debatte gerne über unsere etablierten Formate hinaus etwas erweitern. Wir freuen uns deshalb wie immer über Antworten in Form essayistischer Blogposts von ca. 1000 Worten Länge. Einsendungen von kurzen Videos, Karikaturen oder Stellungnahmen in anderen Text- und Bildformen sind ebenso willkommen. Einige allgemeine Leitlinien für mögliche Textbeiträge findet ihr online.

 

Bitte schickt Eure Vorschläge bis zum Sonntag, den 18. September 2022 an team@theorieblog.de. Über eine Veröffentlichung entscheidet dann die Redaktion.

 

Wir hoffen auf vielfältige und facettenreiche Beiträge und eine lebhafte Diskussion.

Eure Theorieblog-Redaktion

P.S.: Wer mag, kann sich gerne von den Beiträgen zu unseren vergangenen Calls for Blogposts zu „Heimat“ (2018), „Solidarität“ (2019), „Neuanfang“ (2020) und „Sorge“ (2021) inspirieren lassen.