Das Sommersemester 2020 findet an deutschen Universitäten weitgehend digital statt. Seit April nimmt Lehre somit eine andere Form an, deren Auswirkungen bisher nur zum Teil sichtbar sind und erst in Ansätzen diskutiert werden. Schritte in Richtung Digitalisierung auch im nächsten Semester treffen derzeit auf die vehemente Verteidigung der Präsenzlehre. Der Theorieblog hat zur Reflektion der Chancen, Illusionen und Folgen des “Experiments digitale Lehre” eingeladen. In diesem Forum e-Semester unterhalten sich heute Jan Gawron (Frankfurt/Darmstadt) und Anna Meine (Siegen) über ihre Erfahrungen als Student und Lehrende in dieser digitalen Lehrsituation. Beiträge zum Forum sind weiterhin herzlich willkommen.
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Lehre
Forum e-Semester (2): Das Digitale Semester als Herausforderung, Chance, Risiko – aber für wen?
Optimistische wie pessimistische Szenarien zu den aktuellen Herausforderungen und langfristigen Folgen des „Digitalen Semesters“ haben eine zentrale Gemeinsamkeit: Sie verweisen auf die klassische Vorlesung bzw. das klassische Seminar als Kontrastfolie. Aus hochschuldidaktischer Perspektive besteht hier Differenzierungsbedarf. Obgleich Konsens darüber bestehen dürfte, dass ‚das klassische Seminar‘ bzw. ‚die klassische Vorlesung‘ rhetorische Verkürzungen sind, lohnt sich die Frage: Was zeichnet die herkömmlichen Lehr-Lern-Formate der Theorielehre aus didaktischer Perspektive aus – über den bloßen Umstand hinaus, dass sie gewöhnlich im ‚analogen Raum‘ stattfinden?
Konkret stellen sich folgende Fragen: Welche Lehr-Lern-Formen werden in unterschiedlichen Lehrveranstaltungstypen im Fachbereich Politische Theorie angewendet? Welche didaktischen Mittel sind für die Vermittlung konkreter Inhalte und Kompetenzen, die Theorielehrende vermitteln möchten, geeignet? Deren Reflexion ist erforderlich, da eine Debatte über die ad hoc-Verlagerung von Lehrveranstaltungen in ‚den‘ ‚digitalen Raum‘ nicht alleine die Bandbreite zur Verfügung stehender online tools thematisieren muss. Debatten über die aktuellen Herausforderungen und die langfristigen Konsequenzen des Digitalen Semesters müssen vor allem die heterogenen Anforderungen und Herausforderungen für die Lehr-Lern-Formate unterschiedlicher Fächer bzw. Teildisziplinen reflektieren. (mehr …)
Forum e-Semester (1): Das Experiment des digitalen Semesters: Chancen, Illusionen, Folgen
Schon seit Wochen steht fest: Im Sommersemester soll an deutschen Universitäten digital gelehrt werden. Nun beginnt es. Während Studierenden unter den gegebenen Corona-Umständen große Zugeständnisse gemacht werden müssen, weil Studierbarkeit und Studierfähigkeit nicht auf technisches Equipment und digitale Zugriffskompetenzen reduzierbar sind, sollen ihre Ansprüche weitestgehend erhalten bleiben. Lehrende sind angehalten, eigene Veranstaltungen wo immer möglich digital aufzubereiten, online zu präsentieren, zu moderieren und zu prüfen. Pragmatisch und kreativ zugleich sollen sie sein – und viele wollen es.
Dass die infrastrukturellen Herausforderungen dieser vorübergehenden und allerorts hektisch betriebenen Umstellung gewaltig sind, bedarf keiner Erläuterung. Wie in vielen Unternehmen ebbte auch an den Hochschulen die Flut erregter Informationsmails, euphorischer Bedienungstipps und mahnender Digitalitätsappelle wochenlang nicht ab (wobei enorme Unterschiede im Aktivitäts-, Motivations- und Kompetenzgrad der Universitäten, zwischen föderalen Hochschulbürokratien, einzelnen Wissenschaftszweigen und ihren Untergliederungen zutage traten). Allmählich aber endet die Phase der ersten Suche nach geeigneter, anspruchsgerechter und überhaupt verfügbarer Hard- und vor allem Software. Viele Leitentscheidungen sind getroffen: Welche Programme und wie viele? Synchrones oder zeitversetztes Lehren? Dos & Don’ts? Andere Fragen – Was ist mit dem Datenschutz? Wie steht’s um die Vergleichbarkeit der Leistungen? Was darf überhaupt wie geprüft werden? Was sind Regeln, was Ausnahmen? – sind demgegenüber zurückgestellt oder schwelen vor sich hin. Die ersten Maßnahmen und Antworten jedenfalls haben pfadabhängige Wirkungsketten in Gang gesetzt, deren Nutzen oder Schaden sich erst allmählich erkennen lassen werden. Der Stresstest der Implementierung hingegen beginnt genau jetzt. (mehr …)
Plagiate: Die frühe Rolle der Universitäten
— Vor ein paar Jahren hat Frieder Vogelmann hier auf dem Blog die „Politik des Plagiats“ diskutiert. Da die Debatte zuletzt wieder aufflackert, bringen wir heute und morgen zwei Beiträge, die die Rolle der Universitäten in den Blick nehmen. Janne Mende rückt heute die Bedeutung der Lehre, der Lehrenden und des institutionellen Kontexts, in dem sie sich befinden, in den Fokus. Morgen schreibt Tobias Haas über den universitären Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in Qualifikationsarbeiten und in der Forschung insgesamt. —
Regelmäßig entfacht ein Thema aus dem Innersten der Wissenschaft öffentliche Debatten: Mit Franziska Giffey steht erneut eine Bundespolitikerin unter dem Verdacht, in ihrer Doktorarbeit plagiiert zu haben – dieses Mal im Fach Politikwissenschaft. Auf der Suche nach Umgangsmöglichkeiten verweisen viele Debattenbeiträge auf die offensichtliche Verantwortung der Plagiierenden selbst. Aber auch die Universitäten rücken in den Fokus, wenn eine zeitweilige Betreuungssperre von Doktoreltern oder Beratungs- und Fortbildungsstellen an den Universitäten vorgeschlagen werden.
Während der erste Vorschlag einer Betreuungssperre – durchaus bewusst überspitzend – die individuelle Verantwortung der Betreuer/innen in den Vordergrund rückt, zielt der zweite auf institutionalisierte Lösungen ab. Gemeinsam ist ihnen eine Lösungssuche, welche die Universität als Akteurin in den Blick nimmt. (mehr …)
CfP: Jahrestagung der DVPW-Themengruppe „Hochschullehre“
Die DVPW-Themengruppe “Hochschullehre” veranstaltet Ihre nunmehr zweite Jahrestagung am 9. und 10. März 2017 in Aachen. Unter dem Titel „Politikwissenschaftliche Hochschullehre – Läuft bei dir?“ soll der Austausch über die Lehre in allen Teilbereichen der Politikwissenschaft fortgesetzt werden. Geplant sind thematische Panels mit Vorträgen, Austausch-Cafés, ein Abendvortrag sowie ein gemeinsames Poster-Breakfast. Vorschläge für Vorträge oder Posterbeiträge können bis zum 6. Januar 2017 per Mail bei der Sprecherin Julia Reuschenbach (julia.reuschenbach@uni-bonn.de) eingereicht werden. Hier geht’s zum Call.
Hilfe oder Blendwerk? Blended learning als Hilfsmittel für die Begleitung politiktheoretischer Hausarbeiten
G. A. Cohen konstatiert zu Beginn seines Aufsatzes „How to do Philosophy“, dass die Vermittlung von philosophischen Heran- und Vorgehensweisen kaum je explizit geschieht – mal aus der Überzeugung heraus, dass sich die Einzelnen durch ihre persönliche Mühsal erst einmal beweisen sollen, mal, weil ihr Erlernen einem Sozialisationsprozess entspricht, den man nicht erklären kann, sondern den die Lernenden vielmehr beobachten und imitieren müssen (2011: 225). Philosophie zu betreiben impliziert hier die vertiefte und in aller Regel individuelle Auseinandersetzung mit Argumentationen und Texten, das Mit- und Nach- und dann das selber Denken. Selbst wenn die Erklärung vom Sozialisationsprozess überzeugt, steht aber zu fragen, ob man Studierende beim Erlernen dieser Tätigkeiten nicht doch begleiten kann und sollte.
CfP: Tagung der DVPW-Themengruppe „Hochschullehre“
Die neu gegründete DVPW-Themengruppe „Hochschullehre“ veranstaltet am 25. und 26. Februar 2016 in Bonn eine Tagung zur politikwissenschaftlichen Hochschullehre. Eingeladen hierzu sind alle Teilgebiete der Politikwissenschaft und so auch die politische Theorie und Ideengeschichte. Deadline für den CfP ist der 7. Januar 15. Januar, alle Details gibt es hier.
Krisendiagnosen der Demokratie – Einige Lesenotizen
Im letzten Semester habe ich an der Goethe-Universität in Frankfurt ein Seminar zum Thema „Krisendiagnosen der Demokratie“ gehalten. In dem Seminar wurden eine Vielzahl klassischer und aktueller Krisendiagnosen vorgestellt und es wurde diskutiert, wie Krisen und Kritik auf den Wandel von Form und Gehalt der Demokratie wirken. Den Syllabus des Seminars könnt ihr hier einsehen.
Eine der Leistungsanforderungen in dem Seminar war das Verfassen einer Rezension zu einem aktuellen Buch, welches sich mit der Krise der Demokratie beschäftigt. Aus der großen Zahl sehr guter Rezension wurden fünf für eine Veröffentlichung hier auf dem Theorieblog ausgewählt, viel Spaß beim Lesen:
- Catherine Colliot-Thélène, Catherine 2011: Demokratie ohne Volk, Hamburg: Hamburger Edition. (besprochen von Claudia Fabó Cartas)
- Ingolfur Blühdorn 2013: Simulative Demokratie – Neue Politik nach der postdemokratischen Wende, Berlin: Suhrkamp. (besprochen von Armin Bernsee).
- Jaques de Saint Victor (2015): Die Antipolitischen. Mit einem Kommentar von Raymond Geuss. Hamburg: Hamburger Edition. (besprochen von Jannik Waidner)
- Jürgen Habermas 2013: Im Sog der Technokratie, Berlin: Suhrkamp. (besprochen von Martin Hauff)
- Yannis Papadopoulos (2013): Democracy in Crisis? Politics, Governance and Policy, Palgrave Macmillan, Basingstoke. (besprochen von Moritz Küster)
Michael Sandels Vorlesung „Justice“ mit Begleitprogramm auf Deutsch
Wir haben hier auf dem Blog schon mehrfach über e-learning, Open Educational Resources und Massive Open Online Courses (MOOCs). Auch der spezifische Vorlesungsstil von Michael Sandel war hier schon einmal Thema. Am 1. Oktober startet nun eine neue Auflage von Sandels Vorlesung zum Thema „Justice“, die über die Online-Plattform edX online verfügbar gemacht wird. Neu ist, dass es dieses Mal Untertitel und begleitende Diskussionsforen auf Chinesisch, Portugiesisch, Spanisch und eben auch Deutsch geben wird. Die Teilnahme an dem Kurs ist kostenlos, für $150 gibt’s ein Zertifikat dazu. Alle Infos und Details gibt es hier, ein kleines Video zur Einstimmung nach dem Klick. Falls ihr an dem Kurs teilnehmt, würden wir uns freuen, wenn ihre eure Erfahrungen bei Gelegenheit einmal hier zur Diskussion stellen würdet! (mehr …)
DVPW-Themengruppe zur Hochschullehre
Auf dem Theorieblog haben wir schon an verschiedener Stelle Fragen der Hochschullehre behandelt. Themen wie E-Learning, didaktisch wirksame Vortragsstile oder MOOCs spielten dabei eine Rolle – und liegen, wie auch die Frage nach dem Stellenwert der Lehre insgesamt, offenbar in der Luft: Auf dem DVPW-Kongress im September in Duisburg wird die Gründung einer neuen Themengruppe – als Methodengruppe? – angestrebt; auf dem Blog des Initiators Daniel Lambach findet sich ein Statement hierzu.
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