Frantz Fanon entwickelt im fünften Kapitel, Die erlebte Erfahrung des Schwarzen, des 1952 erschienenen Schwarze Haut, Weiße Masken (SHWM) eine existenzielle Erkenntniskategorie körperlich-sozialer Verfasstheit des rassifizierten Subjekts, die werksübergreifend als Schlüsselmoment seiner Auseinandersetzung mit kolonialem Rassismus zu verstehen ist. Erlebte Erfahrung, so aus der aktellen Übersetzung des französischen Titels L’expérience vécue du Noir – treffender ist gelebte Erfahrung, was verdeutlicht, dass Erfahrung nicht passiv erlebt wird, sondern leiblich durchdrungen ist. Der Körper wird nicht nur als rassifiziertes Objekt adressiert, sondern ist das Medium, durch das die koloniale Gewalt direkt vermittelt wird, worauf er psychisch und physisch reagiert.
Das Kapitel ist ein Plädoyer für eine Phänomenologie des Politischen, die race und das Spektrum von der rassifizierten Alltagserfahrung, so wie dem rassistischen Polizieren oder in sozialen Institutionen, wie der forensischen Psychiatrie, wo schwarze Körper als verdächtig gelesen werden, bis hin zur kolonialen Gewalt der postimperialen big politics, zum Ausgangspunkt nimmt. Fanon entfaltet in seinem Bericht leiblich-existenzieller Rassismuserfahrung, ergänzt durch seine Beobachtungen als Philosoph und Arzt in der kolonialen Psychiatrie, eine Kritik an Konzepten der Subjektivität, Anerkennung und Freiheit, die auch für die normative politischen Theorie zentral sind. Dieser politisch-phänomenologische Theoriezugang bietet an, Rassismus nicht nur als Ideologie oder System zu erforschen, sondern an rassifizierte Realitäten zurückzubinden. (mehr …)

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