Das ist der erste Beitrag des Forums „Krise und Normkontestation“, das von Nils Stockmann und Johanna Speyer organisiert wurde und in dieser Woche auf dem Theorieblog erscheint.
Den Zusammenhang von Krise und Normkontestation – sowohl auf konzeptueller als auch auf empirischer Ebene – kann man als ein sogenanntes Henne-Ei-Problem bezeichnen. Beide Konzepte haben die Gemeinsamkeit, dass sie mit negativen Konsequenzen assoziiert werden. Sie werden als problematisch, kritisch, bedrohlich eingestuft. Daher scheint es dem ersten Eindruck nach nur folgerichtig, dass aus beiden auch immer negative Konsequenzen folgen.
Jedoch zeigt die Empirie, dass beide auch positive, stabilisierende Effekte haben können. Daher schlage ich vor, in der Analyse des Verhältnisses von Krise und Kontestation diese produktiven, legitimierenden Effekte mitzudenken. Es lassen sich anhand zweier Beispiele, der Covid-19-Pandemie und der Klimakrise, vier Beobachtungen dazu festhalten, in welchem Zusammenhang Krisen und Normkontestation auftreten: Erstens können Normen in Krisen angefochten werden, um zur Lösung des Krisenproblems beizutragen. Zweitens kann die Krise aber auch als Heuristik, ohne den Auftritt von Kontestation, Normen-stärkend wirken. Drittens kann Kontestation in der Krise einen legitimierenden, stärkenden Effekt auf die Norm haben. Jedoch lässt sich auch beobachten, dass viertens eine Kontestation solcher Normen stattfinden kann, die zur Lösung des Krisenproblems beitragen sollen. Daraus lässt sich ableiten, dass es vermutlich keinen temporal-notwendigen, aber einen kontextuellen Zusammenhang zwischen Normkontestation und Krise gibt.
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