In der angloamerikanischen Welt bereits seit Monaten ein heiß diskutiert Besteller, kommt am heutigen Tag endlich die deutsche Übersetzung von Thomas Pikettys „Capital in the 21st Century“ in die Buchläden (eine Übersicht von Besprechungen der englischen Fassung es hier). Grund für den Theorieblog, einen spezifisch politiktheoretischen Blick auf das Buch zu werfen. In den nächsten Wochen werden im Rahmen eines Buchforums Lisa Herzog, Sebastian Huhnholz, Thomas Rixen, Timm Graßmann sowie Miriam Ronzoni jeweils einen bestimmten inhaltlichen Aspekt aus ihrer Perspektive aufgreifen und diskutieren. Zum Start der Serie wird uns Gabriel Wollner bereits am Donnerstag dieser Woche in das Buch einführen und die Frage stellen, was genau an (der von Piketty diagnostizierten) Ungleichheit eigentlich das Problem ist.
Das Mammutwerk des Wirtschaftswissenschaftlers von der Paris School of Economics, bereits im August 2013 (auf Französisch) erschienen und zunächst kaum beachtet, ist in aller Munde seit Paul Krugman vom “most important economics book of the year – and maybe of the decade“ sprach. Mittlerweile wird Piketty im politischen Beitrieb genauso herumgereicht wie in der akademischen Welt. So stellte er seine Thesen auf einer kürzlich absolvierten „US-Tour“ im Weißen Haus ebenso vor wie vor dem IWF und den Vereinten Nationen. Das Buch erzählt auf knapp 700 Seiten die Geschichte wachsender materieller Ungleichheit in Europa und den Vereinigten Staaten seit dem 18. Jahrhundert. Die zentrale These ist, dass in diesem Zeitraum das Wirtschaftswachstum fast durchgängig deutlich unter der Kapitalrendite lag. Dadurch konnten die bereits Wohlhabenden ihr Vermögen überdurchschnittlich steigern und so über Generationen hinweg Ungleichheiten zementieren und ausbauen. Gerade in Krisenzeiten, in denen die Löhne stagnieren, hängen die Reichen so den Rest der Gesellschaft ab. Der Reichtum konzentriert sich immer stärker in den Händen einer kleinen Gruppe von Kapitalbesitzern. Ohne radikale Maßnahmen, die eine weitere Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich aufhalten – Piketty schlägt unter anderem eine globale Vermögenssteuer vor – erleben wir das weitere Fortschreiten eines patrimonialen Kapitalismus der die Grundlagen der westlichen Demokratien untergräbt.
Die These, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, trifft natürlich den Nerv der (Krisen-)Zeit und erscheint den meisten Lesern auch ohne volkwirtschaftliche Modelle plausibel. Die Stärke von Pikettys Theorie fußt jedoch im Kern auf ihrer empirischen Unterfütterung: Er und einige Mitstreiter haben (im Rahmen der World Top Income Database) über 15 Jahre eine große Masse an makroökonomischen Daten einer Vielzahl von Ländern gesammelt und ausgewertet. Der von Chris Giles in der Financial Times erhobene Vorwurf, Pikettys Daten seien fehler- und lückenhaft, ging dementsprechend an die Substanz (Pikettys Antwort ist hier nachzulesen). Das Ziel, die „Piketty-Bubble“ zum Platzen zu bringen, wurde aber letztendlich verfehlt. Denn mindestens genauso wirkmächtig wie die Empirie ist die Verve, mit der Piketty versucht, die Politische Ökonomie im klassischen Sinne wiederzubeleben als eine Disziplin, deren Grenzen zu anderen Sozialwissenschaften im besten Sinne fließend sind. Das Werk bezieht anthropologische, politische, soziologische und kulturelle ebenso wie sogar literarische Aspekte mit ein und liest sich in den besten Momenten wie ein wirtschaftshistorischer Thriller.
Wenngleich der Versuch der New York Times, „Das Kapital im 21.Jahrhundert“ schon in eine Reihe mit Klassikern wie Marx’ Kapital, Adam Smiths Wealth of Nations oder John Maynard Keynes’ General Theory zu stellen, etwas verfrüht scheint, so hat das Buch doch bereits jetzt eine globale Diskussion über Ungleichheit (wieder) angestoßen. In diese Debatten, die auch im Netz längst angekommen sind, werden sich die Beiträge unsere Buchforums einmischen. Und wie immer hoffen wir auf angeregte Diskussion auch in der Kommentarspalte!
Wer sich einmal persönlich mit dem Autor und seinen Thesen vertraut machen will (und sich in Berlin befindet), der sei schließlich noch auf die am 7. November von den Blättern für deutsche und internationale Politik organisierte „Democracy Lecture“ verwiesen. Die Veranstaltung, bei der Piketty mit der Philosophin Susan Neiman, dem Politikwissenschaftler und Blätter-Mitherausgeber Hans-Jürgen Urban sowie dem Kulturwissenschaftler Joseph Vogl diskutiert, beginnt um 19 Uhr im Haus der Kulturen der Welt. Weitere Information gibt es hier.
Aktuell gibt es mit „Kapitalismus: Die ersten 200 Jahre: Thomas Pikettys „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ – Einführung, Debatte, Kritik“ bereits ein erstes, schmales Buch zu gesamten Thematik. Das nur als Hinweis.
Der Sinn des Lebens
Zivilisation beginnt erst mit dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb und dem freien Spiel der Kräfte von Angebot und Nachfrage. Es darf nur nicht der „Große Investor“ gespielt werden,…
Himmel und Erde = Nachfrage (Geld) und Angebot (Waren)
Früchte tragende Bäume = Gewinn bringende Unternehmungen
Baum des Lebens = Geldkreislauf
Baum der Erkenntnis = Geldverleih
Frucht vom Baum der Erkenntnis = Urzins
Gott (Jahwe) = künstlicher Archetyp: „Investor“
Mann / Adam = Sachkapital / der mit eigenem Sachkapital arbeitende Kulturmensch
Frau / Eva = Finanzkapital / der in Sachkapital investierende Kulturmensch
Tiere auf dem Feld = angestellte Arbeiter ohne eigenes Kapital (Zinsverlierer)
Schlange = Sparsamkeit (die Schlange erspart sich Arme und Beine)
Nachkommen der Schlange = Geldersparnisse
Nachkommen der Frau = neue Sachkapitalien
Kopf der Schlange = Kapitalmarktzins (Sachkapitalrendite)
Cherubim = Denkblockaden
…damit der marktwirtschaftliche Wettbewerb, der für soziale Gerechtigkeit sorgt, nicht durch eine Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz mehr und mehr eingeschränkt und am Ende die Marktwirtschaft zerstört wird. Wie aber die grundlegendste zwischenmenschliche Beziehung, das Geld, konstruktiv – ohne Urzins – umlaufgesichert werden kann, wusste anfangs noch niemand; also musste der Kulturmensch „aus dem Paradies vertrieben“ werden, d. h. dem „Normalbürger“ wurde mit der Religion (Rückbindung auf den künstlichen Archetyp Jahwe = Investor) die Unterscheidungsfähigkeit zwischen Marktwirtschaft (Paradies) und Privatkapitalismus (Erbsünde) vorenthalten, und damit musste auch sein Gerechtigkeitsempfinden gestört werden. Es dauerte eine Ewigkeit, bis der erste studierte „Normalbürger“ begriffen hatte, dass eine konstruktiv umlaufgesicherte Indexwährung…
„…der vernünftigste Weg sein (würde), um allmählich die verschiedenen anstößigen Formen des Kapitalismus loszuwerden. Denn ein wenig Überlegung wird zeigen, was für gewaltige gesellschaftliche Veränderungen sich aus einem allmählichen Verschwinden eines Verdienstsatzes auf angehäuftem Reichtum ergeben. Es würde einem Menschen immer noch freistehen, sein verdientes Einkommen anzuhäufen, mit der Absicht es zu einem späteren Zeitpunkt auszugeben. Aber seine Anhäufung würde nicht mehr wachsen.“
John Maynard Keynes, 1935
In einer Gesellschaft, in der die grundlegendste zwischenmenschliche Beziehung seit jeher fehlerhaft ist,…
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/10/geld.html
…ist alles fehlerhaft, was das menschliche Zusammenleben im weitesten Sinne betrifft, und alle an Hochschulen gelehrten „Wissenschaften“, die sich im weitesten Sinne mit dem menschlichen Zusammenleben befassen (Theologie, Politologie, Soziologie, VWL, etc.), sind keine Wissenschaften, sondern Unsinn. In diesen „Wissens“bereichen gehen die Studenten intelligenter in die Verdummungsanstalten hinein, als sie mit „Lizenz zum Unsinn verbreiten“ wieder herauskommen. J. M. Keynes, der vom Autodidakten Silvio Gesell weniger als die Hälfte verstanden hatte, hätte ohne sein Hochschulstudium mehr verstanden, hätte dann aber seine „Allgemeine Theorie (der Beschäftigung der Politik)“ gar nicht schreiben müssen und wäre nicht von der „hohen Politik“ zum „Jahrhundertökonomen“ ernannt worden.
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2014/11/der-sinn-des-lebens.html