Ausgehend von der Diagnose, dass sich die feministische Diskussion rund um den Zusammenhang von Vergeschlechtlichung, Patriarchat und Kapitalismus in den vergangenen Jahren deutlich verschoben hat, will die PROKLA 214 zur Klärung des Ökonomieverständnisses und der Ökonomiekritik innerhalb des feministischen Denkens beitragen. Diese Bemühungen stehen nicht zuletzt im Horizont der Corona-Pandemie. Die Redaktion schreibt, dass „die krisenhafte gesellschaftliche Ungleichverteilung der Reproduktions- und Care-Arbeit als integraler Bestandteil von gesellschaftlichen Krisendynamiken gelesen werden muss. […] Auf der theoretischen Ebene verbinden materialistisch-feministische Theorien eine Kritik an patriarchalen Strukturen und Geschlechterverhältnissen in der Regel mit einer spezifischen Analyse der mit ihnen vermittelten ökonomischen Verhältnisse und der Strukturlogik des Kapitals. […] Zuletzt sind etwa im Zuge der Debatten um soziale Reproduktion, Care und feministische Kapitalismuskritiken auch im deutschsprachigen Raum vermehrt Arbeiten in Anschluss an die Social Reproduction Theory entstanden, die wiederum zu postkolonialen, ökologischen und intersektionalen Zugängen produktive Bezüge herstellen.“
Wer sich mit einem Aufsatz an der hiermit angestoßenen Debatte beteiligen möchte, ist eingeladen, bis zum 7. August 2023 ein Exposé (1-2 Seiten) an die PROKLA-Redaktion zu senden. Weitere inhaltliche Anregungen sowie die vollständigen organisatorischen Informationen zum Call finden sich auch noch einmal im hier verfügbaren Dokument.
Care-Arbeit
Jenseits von Identität und Arbeit. Impulse der Kampagne Lohn für Hausarbeit für eine politische Theorie und Praxis der Sorge
Teil 3 unserer Debatte um den Begriff der Sorge widmet sich praktischen Fragen rund um Sorge(tätigkeiten). Der erste von drei Texten wirft einen Blick auf den Zusammenhang von Care-Arbeit und Aktivismus und leitet daraus Möglichkeiten und Fallstricke einer politischen Theorie der Sorge heraus.
Mit der Gruppe Hausfriedensbruch, die in Hamburg einen Lesekreis zu materialistischen und queeren Traditionen des Feminismus organisiert, habe ich zum diesjährigen 8. März ein Radiofeature über die Kampagne Lohn für Hausarbeit produziert. Nach der Ausstrahlung erreichte uns eine wohlbekannte, identitätspolitische Kritik: Die cis Männer unserer all-gender Gruppe machten Frauen, Lesben, inter*, nicht-binären, trans* und agender Personen (FLINTA*) den Raum streitig. Cis Männer hätten in Fragen des Feminismus nichts beizutragen und könnten, insbesondere an diesem Tag, allenfalls als allies im Hintergrund Unterstützung leisten. Obwohl ich mich selbst oft für Räume ausgesprochen habe, die frei von cis männlichen Stimmen und Blicken bleiben, erschien mir die Kritik angesichts des Themas unserer Sendung verfehlt. Denn die Kampagne Lohn für Hausarbeit, die in den 1970er-Jahren weltweit die Sorgearbeit auf die politische Agenda setzte, fokussierte gerade nicht auf geschlechtliche Identität, sondern auf vergeschlechtlichte Arbeitsteilung. Sie wollte „ausgehend von den Frauen, aber im Sinne der gesamten Arbeiter_innenklasse“, eine neue politische Perspektive und ein neues politisches Terrain eröffnen: die Sphäre der Reproduktion. Weil sie ausgehend von Sorgearbeit eine politische Perspektive jenseits von Identität anvisiert, hält die Kampagne Impulse für eine politische Theorie und Praxis der Sorge bereit, die ich im Folgenden skizzieren möchte.
Call for Blogposts: Sorge
Nach der positiven Resonanz der vergangenen drei Jahre schreibt der Theorieblog diesen Sommer zum dritten Mal einen Call for Blogposts aus. Nach „Heimat“ (2018), „Solidarität“ (2019) und „Neuanfang“ (2020) freuen wir uns in diesem Jahr über eure Ideen und Beiträge zum Thema „Sorge“.
Wir leben in einer Zeit der Sorge: Seit 2019 bringen Fridays for Future mit großer Kraftanstrengung die Vulnerabilität des Klimas und damit die Dringlichkeit von entsprechenden Klimaschutzmaßnahmen in die Mitte des öffentlichen Bewusstseins. Mit der seit 2020 andauernden COVID-19-Pandemie rücken nun zahlreiche weitere Bereiche in den Fokus: Deutlich wird die chronische materielle wie personelle Unterversorgung der Pflege von Alten und Kranken – gleiches gilt zunehmend auch für Kindergärten und Schulen. Auch die teilweise höchst zermürbende Situation von Familien zwischen Erwerbs- und Reproduktionsarbeit erhält in der Krise deutlich mehr Aufmerksamkeit: Klagen, die eine Ökonomisierung der Familien-, Pflege- und Gesundheitspolitik schon seit einigen Jahren anprangern, mischen sich nun vermehrt mit breiten gesellschaftlichen Sorgen.
CfP: Covid, Crisis, Care and Change? (Dresden, 19.03.2021)
Unter dem wunderbar alliterierenden Titel „Covid, Crisis, Care and Change?“ findet am 19. März 2021 eine in Dresden ausgerichtete Konferenz statt, die sich der Covid-19 Krise spezifisch aus einer Gender-sensiblen Perspektive widmen soll. Wie wirken sich die Krise und die Strategien zu ihrer Bewältigung, so fragen Antonia Kupfer und Constanze Stutz in ihrem Call for Papers, eigentlich in den sozialen Sphären der Produktion und Reproduktion bzw. hinsichtlich deren staatlicher Regulation aus? Beitragsvorschläge können noch bis zum 15. Dezember 2020 eingesandt werden, die fertigen Beiträge sollen dann – im Falle der Annahme – bis zum 1. Mai 2021 geliefert werden. Eine Veröffentlichung der Beiträge in einem Sammelband zur Konferenz ist geplant.
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