Crooked Timber zum ius post bellum

John Quiggin hat vor ein paar Tagen auf Crooked Timber einen interessanten Beitrag zum ius post bellum veröffentlicht. Quiggin argumentiert, dass, zumindest in Fällen militärischer Selbstverteidigung, die Wiederherstellung des status quo ante bellum das einzige legitime Ziel der siegreichen Partei nach Ende eines Krieges sein dürfe.

„self-defense (including collective self-defense) is justified only to the extent of restoring the status quo ante bellum. That is, having defeated an aggressor, a country is not justified in seizing territory, unilaterally exacting reparations or imposing a new government on its opponent. Conversely, and regardless of the alleged starting point, countries not directly involved should never recognise a forcibly imposed transfer of territory or similar attempt to achieve advantages through war.

Der status quo ante bellum als Abbruchpunkt gerechtfertigter militärischer Gewalt soll  Quiggin zufolge sicherstellen, dass  kollektive Selbstverteidigung nicht in ungerechtfertigte Aggressionen umschlägt:

„But there’s still, it seems to me, a widespread presumption that having gone to war in self-defense (as judged by themselves), countries are entitled to set whatever objectives they see as reasonable. The point of proposing status quo ante bellum as the only legitimate goal is to close off this capacity for self-defense to turn into aggression.“

Ich hab mit dieser Argumentation zwei Probleme: Zum einen scheint mir in dem zweiten Zitat ein logischer Kurzschluss zu stecken: Wenn der status quo ante bellum als einziges legitimes Ziel einer Intervention gesetzt wird, dann ist es per Definition wahr, dass alles was darüber hinaus geht illegitim, d.h. Aggression ist. Allerdings kann Quiggin dann nicht die Verhinderung der so definierte Aggression als Argument für die Verteidigung seines status quo ante bellum Prinzips verwenden.

Mein zweites Problem ist substanziellerer Natur: Der status quo ante bellum ist per Definition der Status, der zum (Angriffs-)krieg geführt hat. Damit zielt das Prinzip nicht darauf Anlässe für zukünftige Aggressionen zu vermeiden, sondern stellt genau wieder die Zustände her, die zu der ursprünglichen Aggression geführt haben.  Ob im Sinne eines nachhaltigen Friedens zum Beispiel die Fortsetzung der NS-Diktatur nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine richtige gute Idee gewesen wären, wage ich zu bezweifeln.

Angesichts der Debakel im Irak und Afghanistan kann ich Quiggins Impuls — die Eingriffsrechte siegreicher Kriegsparteien zu minimieren — gut nachvollziehen. Aber daraus ein allgemeines Prinzip abzuleiten, scheint mir zu einfach zu sein.

3 Kommentare zu “Crooked Timber zum ius post bellum

  1. Leider war mein Hinweis nicht originell. Der vertrauenswürdige und aufmerksame Kantianer hat mich daran erinnert, daß im Diskussionsthread des Quiggin-Beitrags bereits Chris Bertram den gleichen Text in der NYT verlinkt hat. Wir spielen hier im kleinen durch, was die großen bereits vollzogen haben. Hoffentlich nicht als Farce!

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