Vortragsreihe „Demokratie und Wahrheit“ (Institut für Sozialforschung, Frankfurt)

Am 31. Oktober 2018 findet der Eröffnungsvortrag der IfS-Vortragsreihe »Demokratie und Wahrheit« im Rahmen der Frankfurter Positionen 2019 von Prof. Dr. Hauke Brunkhorst zum Thema »Entkoppelung von Wahrheit und Demokratie. Autoritärer Liberalismus im globalen Strukturwandel der Öffentlichkeit« statt (Flyer). Er beschreibt eine Welt, in der der Zusammenhang von Demokratie und Wahrheit aufgrund extremer sozialer Ungleichheit sowie einer globalen Privatisierung der Medien gefährdet, wenn nicht bereits zerrissen ist.

Es folgen Vorträge von Ute Daniel, Frieder Vogelmann, Jan Assmann und Susanne Lüdemann. Alle Vorträge der Vorlesungsreihe beginnen um 19.30 Uhr in der Zentralbibliothek Frankfurt am Main. Die Teilnahme ist kostenfrei. Alle Termine und Informationen gibt es auf dem Plakat, der Website, auf Facebook oder hier unten.

Mittwoch, 14. November 2018, Ute Daniel: Die Wahrheit der »Fake News«

Mittwoch, 28. November 2018, Frieder Vogelmann: Mit Unwahrheit kämpfen. Zur Aktualität von Vernunftkritik

Mittwoch, 12. Dezember 2018, Jan Assmann: Wahrheit und Gesellschaft im Alten Ägypten

Mittwoch, 9. Januar 2019, Susanne Lüdemann: Demokratie und Urteilskraft im digitalen Zeitalter. Am Beispiel von Chemnitz

Freitag, 1. Februar 2019, Lange Nacht der Sozialforschung im MMK 1

Die Frankfurter Positionen sind ein Festival für neue Werke: Alle zwei Jahre vergibt die BHF-BANK-Stiftung Werkaufträge an Künstlerinnen und Künstler (Bildende Kunst, Theater, Komposition, Performance u.a.) zu einem Thema, das jeweils einen spezifischen Aspekt des gesellschaftlichen Wandels und der Veränderung unserer Lebenswelt zum Thema hat. Die Arbeiten kommen während des Festivals Ende Januar/Anfang Februar 2019 an diversen Spielstätten in Frankfurt zur Uraufführung. Während das Festival unter dem Titel »Grenzen der Verständigung« steht, verhandeln Vortragsreihe und Lange Nacht das Thema »Demokratie und Wahrheit«.

Ein Kommentar zu “Vortragsreihe „Demokratie und Wahrheit“ (Institut für Sozialforschung, Frankfurt)

  1. „Doch ist die Opposition wahre vs. falsche Tatsachenbehauptungen die Alternative,
    um die sich die Auseinandersetzung drehen sollte?“ …

    … fragt Brunkhorst am Ende seines Flyers. Na, da darf man ja gespannt sein …

    Nicht nur für Kant, sondern für alle vernunftorientierten/-basierten Entwürfe von [einer] Gesellschaft [aus weder genealogisch noch individual- wie generalteleologisch an Vernunft gebundenen/bindbaren Subjekten/Menschen, – die Vernunft spielt lediglich im Zwischenreich von Anfang und Ende/Zweck eine gewisse Rolle] ist die Wahrheits-, Irrtums-, Lügen-, und Unkenntnisfrage in der Tat „crucial“, wie das heute so schön heißt. Denn auch die beste Vernunft ist auf „Verstand“ (man wage seinen unangeleiten Gebrauch! … ernsthaft?) und damit auf wahres, richtiges Wissen, auf richtige Kenntnisse von sich selbst, Welt und Mensch angewiesen, wenn sie diese Gestaltungsansprüche für sich in Anspruch nimmt, die ihr spätestens seit Kant und anderen Dt. Idealisten bis heute zugeschrieben werden.

    Es hat eben seinen „Grund“, warum Kant so zäh die Unmenschlichkeit verteidigte, überhaupt nicht lügen zu dürfen, sogar der Mörderbande, die hinter der eigenen Schwester her ist, noch deren Aufenthaltsort verraten zu müssen, denn er wusste, dass schon die geringste Verunreinigung der Weltkenntnis dann jede Milch der Vernunft, von der gelabt werden kann, über kurz oder lang zur ungenießbaren Gerinnung führen muss, jedes hoch aufschießende Vernunftargument dann notwendig als Bettvorleger partikularer und daher tendenziell „unvernünftiger“ Interessen endet, es „instrumentalisiert“ wird. [Instrumentalisierung: Das verfolgen partikularer Zwecke durch den „Nachweis“/das Aufzeigen, diese oder jene Handlung befördere einen anderen, übergeordneteren, besseren, langfristigeren usw. Zweck als den des Partikularen]
    Bis heute bin ich noch nicht dahintergekommen, wie er diesen Vernunft- und daher auch Wahrheitsrigorismus mit der notwendigen, und von ihm ja auch weithin analytisch entfalteten, Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit/Falschheit (heute wissen wir: auch notw. Widersprüchlichkeit) jedes Weltwissens (z. B. im m. o. w. kontingenten Irrtum) zusammenbringen konnte, – er aber vermutlich auch nicht.

    Also: Welchen Anspruch kann/soll Vernunft/eine demokr. Debattenkultur und Entscheidungsfindung/ erheben, wenn doch sicher ist, dass auch (bis überwiegend) falsches Wissen/falsche „Informationen“ (In-Form-Setzungen) in ihre Entscheidungen eingehen? (vergl. auch Kontingenz im Poststrukturalismus/in der postmodernen Phil.) Kommt es da wirklich auf ein paar fake-news mehr oder weniger überhaupt noch an?
    Die Beantwortung dieser Frage interferiert zudem mit der Weiterführung des Partikularen in die Demokratie – weit jenseits des Demokratiekonzeptes der Vereinheitlichung der Partikularwillen im „volonté générale“ – nämlich in die identitätspolitischen Erweiterungen und Vertiefungen [ Brunkhorst im Flyer: soziale Klassen, Nationalitäten (Ethnien, Hautfarben etc.) Geschlechtszugehörigkeiten (Gender) ], die Ungleiche(s) gleichstellen sollen, und damit die unterschiedlichen Gewichte der Betroffenheiten infolge unterschiedlicher Teilhaben am „Ganzen“ eliminieren müssen, was natürlich die „Legitimität“ der Entscheidungen untergräbt: Leute, die mit diesem oder jenem fast gar nichts zu tun haben, entscheiden je kräftig mit. Siehe auch Kant:

    Kant regt sich über die Juden angeblich deshalb auf, weil sie „Lügner“ sind (dass das für alle Menschen gilt, „entfällt“ ihm dabei), also Höchststrafe ca. 150 Jahre später, ihre „Abschaffung“ kann zur „Grundlage einer allg. Gesetzgebung“ werden, womit auch das vorige und nachgängige, antijüdische/antisemitische Individual- u. Kollektivhandeln den Verallgemeinerbarkeitstest der ca. 5 leicht unterschiedlich formulierten „Kategorischen Imperative“ bestehen kann. (Das Lügen vereitelt die Güte/Richtigkeit und damit Gültigkeit von Vernunftentscheidungen, also sind Lügner zu bekämpfen … )

    Wenn alles zunächst „Minoritäre“, das qua Definition von „Gruppen“ je als eine Menge von Eigenschaftenträgern „identifiziert“ (wörtl.: „idem-entitär gemacht“) wird, mit Gleichstellungskompensationen bedacht wird, dann können jede Menge Leute/Subjekte solche Kompensationen sammeln wie andere das mit Aktien, Kunst oder Antiquitäten tun, und es damit zu erheblichen Übergewichtungen im demokratischen Prozess bringen. Eine Petitesse dazu mag verdeutlichen, was im Großen ganz massiv passiert:
    Giovanni di Lorenzo z. B., als ZEIT-Chef sicher ein Angehöriger der polit.-publizistischen Elite Schlands, ist eben nicht nur deutscher Staatsbürger, sondern auch italienischer, erhielt daher für die EP-Wahl zwei Wahlscheine und nutzte beide. Als führender (-> auch: Mitarbeiter/Untergebene!) Journalist kannte er zwar die grundlegende Bedeutung des one-man-one-vote-Prinzips, das zum schulischen Gemeinschaftskunde-Stoff der 5. u. 6. Klassen gehört – in guten Schulen auch früher -, glaubte aber, sich daran nicht halten zu müssen. Da erfährt nicht nur die Eliten-Kritik bis hin zur „Lügen“-Skepsis gegenüber der Presse (wer DAS als führender politischer Journalist „hinkriegt“, ohne zurückzutreten, was wird der wohl in seinem ‚eigenen Herrschaftsbereich‘ noch so alles anstellen können, – zumal es ja in jeder ZEIT-Ausgabe nachweislich von Sondermüll nur so wimmelt, nur eben vielleicht doch nicht so ’notwendig‘ kontingent/zufällig/irrtümlich gestreut, wie man das als Vernunftmensch jedem Output zunächst zuzubilligen bereit ist.
    Ich selbst bin ja schwerstbehindert und daher auf Gleichstellungsmaßnahmen, also die zumindest tlw. Kompensation mir allein nicht mehr erreichbarer Teilhaben angewiesen, aber es fragt sich, ob die Gleichstellung aller minoritären oder weniger repräsentierten „Gruppen“ via Kompensation/relativer Bevorzugung/ so ohne weiteres noch als „Wahrheit der Demokratie“ (Brunkhorst) oder eine „Demokratie der Wahrheit“ durchgehen kann. Irgendwann wäre man unter solchen Kautelen z. B. als arme, schwarze, jüdische o. muslimische Frau mit Behinderung, Migrationshintergrund usw. per se auf die Repräsentationsebene zu setzen, da brauchte es gar keine Wahlen mehr dazu, wenn man Demokratie so ansetzt, wie Brunkhorst das in seinem Flyer – und viele andere andernorts – tut. Das mag zunächst gar nicht so schlecht sein, die einfache (Be-)Setzung (z. B. per Los) von legisl. Mandaten u. exekutiven Ämtern ist ja schon früher ein Mittel der Selbstbestimmung von städt. Oberschichten gewesen und geriet in den letzten Jahrzehnten immer wieder in den – und später wieder aus dem – Blick auf die Demokratie. Ein Gegengewicht zu männlich, reich, christlich, vollfit und genealogisch im Hiesigen bodenständig-sturmerprobt-erdverwachsen täte womöglich ganz gut, allein die bisherigen Erfahrungen mit Ähnlichem sind da sehr durchwachsen: solche „Schwachen“, und seien sie noch so kompensatorisch aufgepimpt, sind die erste Beute jener, zu denen sie das Gegengewicht bilden sollen, erst recht, wenn diese aus dem Nichtöffentlichen/der Nichtrepräsentanz agieren können ( bzw. müssen, wenn sie über die kompensatorischen „Scores“ der Minoritären und Unterrepräsentierten aus der Repräsentanz aus’quotiert‘ wurden). Die Lorenzo-‚Petitesse‘ verdeutlicht ja die erweiterten Möglichkeiten der Eliten, Kosmopoliten, Migranten usw. von der Heiratspolitik über das Familien- und Erbrecht bis zu den ‚Biopolitiken‘ wie Beschneidungen, Stammesnarben usw.: Für jeweilige Optionen stehen je auch distinkte Lokationen ihrer Durchführung zur Verfügung. Am Ende solch identitärer bis identitaristischer (-> Identitarismus: der Glaube an die Ein-Deutigkeit (und Be-Deutung) von Gruppen und Gruppenzugehörigkeiten, insbes. auch innerhalb derer selbst) Demokratieauffassung u. -gestaltung steht eine Art „Goldenes Buch“, in dem die kompensatorischen Scores/Punktzahlen vermerkt sind, die jedem zu- oder abkommen, ganz ähnlich dem chinesischen „social score“-System, das gerade aufgebaut wird. Ob das die hiesigen Protagonisten polit. Theorie/Demokratietheorie so noch im Griff haben? Schwer zu glauben, dazu ist das di-Lorenzo-Phänomen der Förderung des Inferioren bis zur ethisch-moralischen und fachlichen Dysfunktionalität der Eliten, Entscheider, Macher usw. wohl schon zu weit gediehen. Dessen Anfangsstadien in den 70gern und exponentielles Wachstum in den 80gern an den Schulen und Universitäten, Instituten, später in den Großkonzernen, großen Unternehmensberatungen usw. habe ich ja – zumeist von innen – beobachtet und so gut wie – als ein bei allen Couleurs unerwünschter „Quertreiber“ – eben möglich versucht zu berichten: ‚blender studies‘.
    Die o. g. Vortragsliste verspricht da jedenfalls kaum Adressierung/Änderung/Gegenbewegung, eher Fortsetzung der üblichen Vermeidungsstrategien, – die man natürlich ‚verstehen‘ kann, insoweit eben Kompetenz in Kernfragen schnell aus den Karriere-Paternostern rausgedrängelt wird, schließlich ist der „Haupt-Feind“ der/des mediokren bis inferioren ‚Stuhlinhaber/s‘ je der/die/das ‚Bessere‘.

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