Blogdebatte: Für eine „Artikulation“ der politischen Theorie mit der Ideengeschichte

Im Rahmen unserer Blogpost-Reihe zum Verhältnis von Politischer Theorie und Ideengeschichte plädiert Matthias Lorenz dafür, das Verhältnis zwischen Politischer Theorie und Ideengeschichte als „Artikulation“ zu verstehen, insofern kein notwendiges Verhältnis zwischen beiden besteht.

Wie steht es heute um das Verhältnis von politischer Ideengeschichte und politischer Theorie? Handelt es sich um zwei Momente einer Wissenschaft, um zwei distinkt voneinander geschiedene Forschungsfelder oder eröffnet sich zwischen beiden ein Graubereich ungeklärter Zuständig- und undifferenzierter Verantwortlichkeiten? Wenn wir die Frage nach dem heutigen Verhältnis von Theorie und Ideengeschichte aufwerfen, liegt dem bereits eine implizite Annahme zugrunde: der theoretische Bezug aufs Historische ist selbst historisch. Ihr heutiges Verhältnis unterscheidet sich von vergangenen und womöglich auch von kommenden. Aus Perspektive der Theorie bearbeitet die Ideengeschichte das Historische des politischen Denkens, mithin die eigene Geschichte. Die Ideengeschichte scheint der Theorie bei- oder nachgeordnet. Doch wenn das Verhältnis zwischen beiden selbst historisch ist, bleibt ihre Relation nicht immer dieselbe. In der Geschichte des politischen Denkens stoßen wir daher auf höchst unterschiedliche Artikulationsweisen zwischen den beiden. Ich möchte an dieser Stelle vorschlagen, das Verhältnis von politischer Theorie und Ideengeschichte als Artikulation zu verstehen. Ihre Relation als Artikulation zu fassen, hat zwei entscheidende Vorteile: Einerseits ermöglicht sie es, die wesentliche Kontingenz der Relation von Theorie und Ideengeschichte in den Blick zu nehmen wie andererseits ein starkes Argument zugunsten ihrer Verbindung zu formulieren.

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Buchvorstellung: John McCormick – „Machiavelli und der populistische Schmerzensschrei“ (Darmstadt)

Am Mittwoch dem 31. Mai 2023 findet von 16.00 bis 19.00 Uhr die Buchvorstellung der Neuerscheinung von John McCormick: „Machiavelli und der populistische Schmerzensschrei. Studien zur politischen Theorie“ an der TU Darmstadt statt. Nach einer Einführung von Dirk Jörke und einem Vortrag McCormicks werden Dagmar Comtesse, Manon Westphal, Thomas Mayer und Philipp Hölzling das Buch kommentieren. Anmeldungen zur Veranstaltung an jensen@pg.tu-darmstadt.de. Weitere Informationen können hier eingesehen werden.

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Was würde Machiavelli sagen? Interview mit John P. McCormick

Das folgende Interview mit John P. McCormick wurde ursprünglich in „L’Espresso“ veröffentlicht und erscheint hier, in gekürzter Fassung und übersetzt von Mike Hiegemann, in zwei Teilen. Einleitende Bemerkungen stammen von Dirk Jörke:

 

Der an der University of Chicago lehrende politische Theoretiker John P. McCormick hat spätestens mit seinem Buch „Machiavellian Democracy“ (2011) auch in Deutschland für Aufsehen gesorgt. In diesem Buch entwickelt er eine dezidiert republikanische und institutionentheoretische Deutung Machiavellis, die sich ebenso von neo-römischen Interpretationen wie diejenigen von Quentin Skinner und Philip Pettit als auch von radikaldemokratischen Anlehnungen unterscheidet, wie sie sich beispielsweise bei Claude Lefort oder Etienne Balibar finden lassen. Gegenüber der neo-römischen Interpretationslinie insistiert McCormick auf die demokratischen Motive des Florentiners, die sich eben nicht allein in der Garantie von Herrschaftsfreiheit für alle Bürger erschöpfen, sondern klassentheoretisch zu lesen sind. Und entgegen der radikaldemokratischen Lesart verweist McCormick auf die stark institutionentheoretischen Überlegungen in Machiavellis Werk, zu denen nicht zuletzt das Volkstribunat und Versammlungen gehören, zu denen nur der popolo Zugang hat. Die Pointe seiner Ausführungen besteht schließlich darin, dass ein republikanisches Denken im Rahmen der Mischverfassung in der Konsequenz demokratischer ist als der liberaldemokratische Universalismus. Doch bleibt McCormick nicht bei dieser ideengeschichtlichen Neulektüre stehen, sondern skizziert am Ende seines Buches mit der Tribunatsversammlung einen Vorschlag zur Aktualisierung der demokratietheoretischen Einsichten Machiavellis.

In dem nachfolgend in deutscher Übersetzung veröffentlichten Interview, das anlässlich der italienischen Übersetzung von „Machiavellian Democracy“ entstanden ist, gibt McCormick entsprechend Auskunft über die vorwiegend ideenpolitischen Motive seiner Auseinandersetzung mit Machiavelli und plädiert für einen institutionentheoretisch informierten Linkspopulismus, um den in den westlichen Demokratien zu beobachtenden oligarchischen Tendenzen zu begegnen. Dabei scheut er sich auch nicht vor Vorschlägen, die hierzulande sicherlich befremdlich anmuten. Ein weiterer Schwerpunkt des Interviews besteht in der erwähnten Kritik an vermeintlich radikaldemokratischen Autoren, namentlich an Jacques Rancière. Darüber hinaus gewährt McCormick Einblicke in seine intellektuelle Biographie, bei der auch ein Forschungsaufenthalt an der Universität Bremen sowie der Kontakt zu Axel Honneth und Rainer Forst sowie Arbeiten zu Carl Schmitt und Leo Strauss eine entscheidende Rolle spielten. Und nicht zuletzt geht es um McCormicks Einschätzung der aktuellen politischen Entwicklungen in den USA und in Europa.  (Dirk Jörke)

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Workshop: Materialismus und politisches Handeln (Frankfurt)

Am Mittwoch, den 16.12.2015, findet in Frankfurt am Exzellenzcluster „Normative Ordnungen“ ein von Kolja Möller organisierter Workshop zu „Materialismus und politisches Handeln“ statt. Mit von der Partie sind. Es wird diskutiert über Modelle politischen Handelns (Möller/Schink), Performativität und Befreiung (Kajewski), Superforecasting (Rauer), Machiavelli und Gewalt (Hölzing) und Realismus und Materialismus (Wagner). Wer teilnehmen will, schicke eine Anmeldung an Kolja Möller. Ablauf und Programm könnt ihr hier einsehen.

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Mehr Machiavelli wagen! Anmerkungen zur internationalen Bewegungsforschung anlässlich eines Vortrags von Donatella della Porta

»Even though I come from Florence, I am much less machiavellic«, entgegnete die italienische Bewegungs- und Demokratieforscherin Donatella Della Porta auf einen Kritikpunkt aus ihrem Publikum am Max Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG). Am 26 . Januar hatte die Forschungseinrichtung die Professorin vom European Union Institute (EUI), das in der Heimatstadt des wohl bekanntesten politischen Theoretikers der Renaissance angesiedelt ist, zu sich in die Kölner Südstadt geholt. (mehr …)

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