Akzeptiert man das Zerrbild vom „Fach ohne Ausstrahlung“, das Frank Decker und Eckhard Jesse jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeichneten, ist etwas faul in der deutschen Politologie. Ihre Events seien ungefragt, ihre Institute keine Katheder der Verkündung dessen mehr, was Decker und Jesse unter „Politik“ und „Einfluss“ verstehen.
Kein Zweifel: Probleme gibt es. Auch Decker und Jesse legen ihre Finger gekonnt in manche Wunden. Zwischen einigen hochspezialisierten Fachbereichen beispielsweise herrscht höfliche Sprachlosigkeit, schlimmstenfalls durch Unverständnis genährte Geringschätzung. Häufiger schon beklagt wurden Begutachtungskartelle, Zahlenokkultismus und magischer Rankingfetisch. Auch Beschwerden über Geschichtsvergessenheit, Kauderwelsch und Herdentrieb sind altvertraut. Und effektiv kritische Kompetenzen in juristischen, historischen, technologischen und fiskalischen Fragen untersagen sich doch nicht einzig Teile der Politikwissenschaft. Wo das Fach jedoch Systemkritik betreibt, bleibt es den Maschinenräumen der Macht schon aus methodischen Gründen fern. Sind deshalb etwa Webers oder Adornos Visionen seelenloser Apparatschiks und entfremdeter Staatsingenieure zum Ideal einer durch diffuses „l’art pour l’art“ entkernten Spielplatzwissenschaft geworden? (mehr …)
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