Tagungsbericht: Freundlich streiten unter Feinden. (Un)demokratische Debattenkultur – ein Tagungsbericht aus Regensburg

Dieser Tagungsbericht erscheint parallel auf dem Philosophieblog praefaktisch.

Die diskursive Aushandlung von Meinungs- und Interessenkonflikten gilt zu Recht als Lebenselixier der Demokratie. Wie öffentliche Diskussionen geführt werden sollten und ob ihre Qualität ein Indikator für die Gesundheit einer Demokratie ist, steht indessen zur Debatte. Denn die vielerorts gestellte Diagnose einer demokratischen Krise oder gar einer demokratischen Regression betrifft, neben der institutionellen Ebene, auch Sprach- und Kommunikationspraktiken.

Die Stichworte der üblichen Verfalldiagnose der Gesprächs- und Debattenkultur in den sogenannten konsolidierten europäischen Demokratien – Polarisierung der Inhalte, Desinteresse am Wahrheitsgehalt, Aggressivität, hetzerische Wortwahl – weisen auf eine Verschiebung der Grenzwerte in Richtung steigender Feindseligkeit hin, die auch deshalb viele beunruhigt, weil sie sich allmählich zum Standard öffentlicher Kommunikation etabliert.

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Tagungsbericht: Demokratie als Streitganzes

Viele der heutigen Zeitdiagnosen attestieren unserer Demokratie, dass sie sich in einem prekären Zustand befindet. Als die zwei zentralen Herausforderungen sind ein aufstrebender Populismus und postdemokratische Tendenzen zu nennen, die für angespannte Konfliktlinien entlang divergierender Lebensstile sowie einen schleichenden Prozess der Aushöhlung demokratischer Partizipationsmöglichkeiten stehen. Steffen Herrmann, dessen Habilitationsschrift „Demokratischer Streit: Eine Phänomenologie des Politischen“ am Ende vergangenen Jahres in Gestalt eines Buchforums an der Universität Wien besprochen wurde, vertritt die These, dass durch eine sich gegenwärtig verschärfende gesellschaftliche Spaltung ein genuin politischer Streit um die gemeinsame Lebensgestaltung aus dem Fokus gerät. Mit seinem Buch will Herrmann die Bedeutung des politischen Streits als produktives demokratisches Element betonen. Der Tagungsbericht orientiert sich argumentativ am Hergang des Buchforums. So wird zunächst Herrmanns Konzept von Demokratie als „Streitganzem“ beschrieben, um sodann zu prüfen, inwiefern die Methode einer politischen Phänomenologie in besonderer Weise ermöglicht, jenes Konzept nicht nur zu analysieren, sondern auch praktisch zu erweitern.  (mehr …)

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