Podcast: Julia Schulze Wessel – Grenzgänger – Flüchtlinge, Sans-Papiers und die Transformation der Demokratie

Die letzten werden die ersten sein – oder eben andersrum. Wir freuen uns mit den Vortrag von Julia Schulze Wessel, den sie außerplanmäßig am 22.06 nachgeholt hat, die Vorlesungsreihe nun beschließen zu können. Wir danken allen Referentinnen und Referenten, die die Reihe ermöglicht haben, dem Theorieblog, der eine wunderbare Plattform bot und natürlich allen Zuschauern und Hörern der Podcasts. Der folgende Text stammt von meiner Kollegin Helene Gerhards.

Plakat_Zukunft_der_Politischen_Theorie-001Julia Schulze Wessel (TU Dresden) befasst sich seit langem mit der Figur des Flüchtlings aus politiktheoretischer Perspektive – wo die Forschung zum Flüchtling, zu Migrationspolitik und internationaler Verrechtlichung von Asylpolitik gerade aus dem Boden schießt, beweist sie einen fundierten und kritischen Zugang zu diesen zur Zeit stark debattierten Thematiken. Zunächst zeigt Schulze Wessel auf, wie die politische Theorie im Fahrwasser Hannah Arendts, Michel Agiers und Zygmunt Baumans den Flüchtling als eine apolitische Subjektivität schreibt, die lediglich hinsichtlich des Verlustes der sozialen Welt, der politischen Welt und der menschlichen Würde verstanden wurde. Um den Flüchtling eben nicht nur als Mangelwesen zu konzeptualisieren, sondern auch seine Potentiale als politischer Akteur in den Blick zu bekommen, stellt Schulze Wessel den Flüchtling in Gestalt der undokumentierten Migrantin als eine Grenzfigur dar, insofern er das Containerdenken in seiner territorialen und zugehörigkeitstheoretischen Dimension herausfordert. Nicht nur beweist er demokratische Transformationskraft, wenn er die Hervorbringung eines spontanen Kontrollraumes und damit die Aporien des modernen Nationalstaates samt seines reglementierenden Grenzregimes sichtbar macht, auch verweist er auf die Möglichkeit der politischen Selbstermächtigung, Grenzverletzungen in performativen Akten zu begehen und damit der ständigen Viktimisierung praktisch eine Absage zu erteilen. Das schwierige Verhältnis zwischen Regierung und Emanzipation, das Ausbrechen aus traditionellen Anerkennungsformen, der gestalterische Akt mobiler (nicht)politischer Subjekte – die politische Theorie hat genug Instrumente, analytisch und beurteilend mit gegenwärtigen politischen Erscheinungen umzugehen. Sie muss sich ihrer nur bedienen.

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