Möllers-Buchforum (1): Die Möglichkeit der Normen – Soziologische Anmerkungen zu Christoph Möllers

Wahrscheinlich wird nicht gerade der Titel von Christoph Möllers‘ neuem Buch das Interesse der Soziologinnen wecken. Soziologische Analysen zu Normen gab und gibt es schließlich zuhauf, sodass viele skeptisch sein werden, ob auf jenem Gebiet ausgerechnet ein Jurist und Rechtsphilosoph die Sozialwissenschaften entscheidend wird voranbringen können. Andererseits waren schon Möllers‘ frühere Werke (etwa: Der vermisste Leviathan. Staatstheorie in der Bundesrepublik, Frankfurt am Main 2008) zumindest für die an politischer Soziologie Interessierten höchst aufschlussreich. Die Leser werden den Griff zu seinem neuesten Produkt jedenfalls nicht bereuen, besteht doch kein Zweifel daran, dass Möllers eines der wichtigsten sozialwissenschaftlichen Bücher der letzten Jahre vorgelegt hat. Dieses Urteil kann auch der Umstand nicht ins Wanken bringen, dass nicht alle der zahlreichen Fäden der umfassend entwickelten Argumentation am Ende wieder miteinander verknüpft worden sind, dass der Aufbau des Buches nicht immer klar ist und dass auch das Fazit, das den Anschluss an die empirische Forschung verspricht, durchaus hätte konkreter ausfallen können. Als Gesamteindruck bleibt, dass ein immens belesener Autor eine faszinierend reichhaltige und innovative Phänomenologie von Normen präsentiert, deren sozialtheoretische Konsequenzen noch gar nicht abzusehen sind. Indem er stets zwischen der Entwicklung stringenter Argumente und der Darbietung zahlloser empirischer Beispiele hin- und herwechselt, gewinnt Möllers immer wieder überraschende Einsichten. Dabei werden Positionen der Philosophie, der Politikwissenschaft, der Soziologie sowie verwandter Disziplinen mit messerscharfer Intelligenz und oft gnadenlos seziert, wird Interdisziplinarität auf eine Weise praktiziert, wie man sie nur allzu selten findet.

(mehr …)

Weiterlesen