Zeitlichkeit und Wirtschaftswachstum

Heute veröffentlichen wir in unserer Blogpost-Reihe zum Thema Zeit einen Text von David Bockelt, in dem das Verhältnis von Zeitlichkeit und wirtschaftlichem Handeln beleuchtet wird.

Der Beitrag richtet seinen Blick auf den Zusammenhang zwischen den temporalen Dispositionen und dem wirtschaftlichen Handeln der Menschen. Anhand von vergangenen Geschichtsbildern und Zukunftsvorstellungen lässt sich nachzeichnen, wie sich auch die ökonomische Reflexion und Praxis wandelte. Zeit, Zeitlichkeit und Geschichte können demnach als sinnvolle Kategorien der Reflexion über ökonomische Ideengeschichte etabliert werden.

Geschichtsbilder im Wandel der Zeit 

Das antike Geschichtsbild speiste sich aus einem spezifischen Wirklichkeitsbegriff, der auf Anschauung, Evidenz und Gegenwart fußt. Die antiken Griechen fragten nicht nach einem telos der Geschichte, sondern nach ihrem logos. Im Rückgriff auf den eben erwähnten Wirklichkeitsbegriff besteht dieser logos in der periodischen Wiederkehr des immer Gleichen: Die Geschichte durchläuft zyklische Stadien von Aufstieg und Verfall, was zwar für Variationen in der konkreten Ausprägung der Ereignisse sorgt, es ist jedoch nicht vorstellbar, dass sich Gegebenheiten durch den Zeitverlauf hindurch fundamental verändern. Die Zukunft hält nichts Neues bereit. Dies zeigt sich in den kaum explizierten Zukunftserwartungen dieser Zeit: Ein individuelles Gefühl des Überlebt-Werdens kann sich aufgrund der Vorstellung der geschichtlichen Quasi-Statik nicht einstellen. Ein systematischer Wachstumsgedanke lässt sich nicht in Einklang bringen mit dem antiken Geschichts- und Zeitbild (Koselleck; Hölscher). (mehr …)

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Das Spiel mit der Zeit: autoritär-populistische Politiken der Vergegenwärtigung

Wir setzen die Blogpost-Reihe zum Thema Zeit fort mit einem Beitrag von Brigitte Bargetz, Nina Elena Eggers und Sara Minelli, der analysiert, inwiefern der autoritäre Populismus eine spezifische Politik der Zeitlichkeit betreibt.

„Haben wir unsere Zukunft verspielt? Nein, aber viel Zeit bleibt nicht mehr. Wir müssen handeln – und zwar hier und jetzt!“ Der österreichische Journalist, Jurist und Populist Tassilo Wallentin verbindet in seinem Buch „Hier und Jetzt: Wie wir unser Land noch retten“ (2022) die Erzählung des Verfalls der Gegenwart mit einem aktionistischen Aufruf zum Handeln. Um den drohenden Untergang noch abzuwenden, müsse nicht nur das „Land“ selbst, sondern vielmehr die Zukunft dieses Landes „gerettet“ werden. Wallentin inszeniert hier eine apokalyptische Erzählung, die sich einer autoritär-populistischen Rhetorik bedient. Aus der Krise, die sich von der Vergangenheit in die Gegenwart zieht, kann demnach nur er das Volk herausführen. Sein Versprechen: das ohnmächtige Volk vor dem nahenden Untergang zu bewahren und ihm so seine Zukunft zu sichern.  

In Wallentins Erzählung erkennen wir einen symptomatischen zeitlichen Modus des autoritären Populismus: Autoritär-populistische Politiken intervenieren in den gegenwärtigen Moment der Krise. Sie bieten eine Politik der Zeitlichkeit an, die der politischen Ohnmacht und Zukunftslosigkeit in der multiplen Krise der Gegenwart etwas entgegenzusetzen verspricht. Es ist die Idee, unmittelbar handeln zu können und sogar zu müssen und dadurch zugleich eine imaginäre Vergangenheit wiederherzustellen, die von den Krisen der Gegenwart befreit ist. Um diesen Modus zu fassen, schlagen wir in unserem Beitrag den Begriff der autoritär-populistischen Vergegenwärtigung vor. Damit meinen wir eine Form der Vergegenwärtigung von Vergangenheit und Zukunft, die sowohl konservativ-beständig als auch aktionistisch-transformativ ist, gerade weil sie den Konservatismus mit einem aktionistischen Handeln verbindet.   (mehr …)

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Tagung „Futuring Critical Theory“ (Frankfurt)

Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens veranstaltet das Institut für Sozialforschung die Internationale Konferenz „Futuring Critical Theory“, die vom 13. bis 15. September 2023 auf dem Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt am Main stattfinden wird. Das Tagungsprogramm sowie alle weiteren Informationen zur Anmeldung finden sich hier.

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3 Stellen (2 prea- (100%), 1 post-doc (75%)) im ERC-Projekt „Prefiguring Democratic Futures. Cultural and Theoretical Responses to the Crisis of Political Imagination“ (PREDEF); Universität Wien (Frist 1. April 2023)

An der Universität Wien sind im interdisziplinären ERC-Projekt „Prefiguring Democratic Futures. Cultural and Theoretical Responses to the Crisis of Political Imagination“ (PREDEF) von Oliver Marchart drei Stellen ausgeschrieben. Zwei Promotionsstellen (je bis 2027) und eine Postdoktorant_innenstelle warten auf perfekte Besetzung – die Frist läuft zum 1. April 2023. Genauere Informationen finden sich hier (prea-doc) und hier (post-doc).

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Interdisziplinäre Tagung des Rostocker DFG-Graduiertenkollegs „Deutungsmacht. Religion und belief systems in Deutungsmachtkonflikten“ vom 29-31.03. 2023 zum Thema „Deutungsmacht von Zukunftsnarrativen“

Das DFG-Graduiertenkolleg „Deutungsmacht. Religion und belief systems in Deutungsmachtkonflikten“ endet nach neun Jahren und zwei Förderphasen im März 2023. Die Abschlusstagung „Deutungsmacht von Zukunftsnarrativen“ richtet den Blick nach vorn, indem sie ganz bewusst vom gegenwärtigen Problemhorizont ausgeht: Die mit Sorge und Angst verbundenen Erfahrungen der Covid 19-Pandemie, der tiefgreifende gesellschaftliche Wandel in einer Kultur der Digitalität, die unabsehbaren Gefahren des Klimawandels und die Bedrohungen durch den Krieg in der Ukraine verweisen exemplarisch auf das Ungewisse und Unverfügbare der menschlichen Zukunft. Gleichwohl oder sogar deswegen bestehen weitreichende Erwartungen und wohl auch Hoffnungen, wenn es um die individuelle und die soziale Zukunft geht. Das Tagungsprogramm geht von der These aus, (mehr …)

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Philosophie für das Silicon Valley: Longtermism

Wenn es in der Philosophie so etwas wie populäre Trends gibt, dann gehört der Longtermism gegenwärtig sicher zu den einflussreichsten. Longtermism beschäftigt die Frage nach der moralischen Verantwortung auf lange Sicht. Es ist ein Trend der weniger in Academia als in Podcasts, populären Büchern und privaten Stiftungen stattfindet. Im Silicon Valley erfreut er sich großer Popularität. Zuletzt ist ihm größere Aufmerksamkeit zugekommen, weil einer seiner prominentesten Förderer, der inzwischen bankrotte Krypto-Unternehmer Sam Bankman-Fried, sich als Betrüger herausgestellt hat. Einer der wichtigsten theoretischen Vertreter des Longtermism ist der Shooting Star William MacAskill, junger Assistenzprofessor für Philosophie in Oxford, zeitweise jüngster Philosophieprofessor weltweit. In seinem neuen Buch „What We Owe the Future“ möchte er die zentralen Thesen des Longtermism einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren. Elon Musk sieht das Buch nah an seiner eigenen Philosophie. Bill Gates nennt MacAskill einen „Data nerd after my own heart”.

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CfP „Zukunft in der politischen Bildung. Politische Bildung in der Zukunft“

Der Idee der Zukunft in der und ihrer Bedeutung für die politische Bildung widmet sich im Frühjahr eine Tagung des Arbeitskreises Hermeneutische Politikdidaktik der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung. Die Tagung findet am 14. und 15. April 2023 an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg statt. Beitragsvorschläge, die das Verhältnis von Zukunft und politischer Bildung im Kontext gerade auch gegenwärtiger Krisen – auch auf theoretischer Grundlage – thematisieren, können bis zum 1. Februar 2023 eingereicht werden. Der vollständige Call ist online hier zu finden.

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Essaywettbewerb: 10.000 Euro für Ideen zur Generationengerechtigkeit

Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRzG) und die in Intergenerational Foundation (IF) laden zu Einreichungen für den „Generationengerechtigkeits-Preis“ ein – es winkt ein Preisgeld von 10.000 Euro. Im Beitrag (5000-8000 Wort) soll es um „existenzielle und unbekannte Risiken für künftige Generationen“ gehen. Die besten Beiträge werden (vielleicht?) in den kommenden Ausgaben der Intergenerational Justice Review veröffentlicht.

Inhaltliche Infos zum Call gibt es hier; vollständige Ausschreibungsunterlagen können bei der dort hinterlegten Mailadresse erfragt werden.

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Jahreskonferenz des Hamburger Nachhaltigkeits-Zentrums: „Unsustainable Past – Sustainable Futures?“

Am 11. und 12. Februar findet die vom letzten Jahr nachgeholte Annual Conference des Hamburger Humanities Centre for Advanced Studies „Futures of Sustainability: Modernization, Transformation, Control“ statt. Unter dem Titel „Unsustainable Past – Sustainable Futures?“ diskutieren unter anderem Dipesh Chakrabarty, Sighard Neckel und Birgit Mahnkopf. Eine Anmeldung ist möglich unter zukuenfte.der.nachhaltigkeit@uni-hamburg.de, das volle Programm findet sich hier.

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Tagung „Dealing with the (Un)Known Unknowns: Praxistheoretische Perspektiven auf sozial-ökologische Krisen“ (digital)

Die DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Zukünfte der Nachhaltigkeit“ lädt am 5./6. November 2020 zu einer digitalen Konferenz ein zum Thema: „Dealing with the (Un)Known Unknowns: Praxistheoretische Perspektiven auf sozial-ökologische Krisen“. Die Tagung richtet sich an Nachwuchswissenschaftler*innen aus der sozialwissenschaftlichen Nachhaltigkeitsforschung und benachbarten Disziplinen, die sich mit Themen wie Umwelt, Nachhaltigkeit, Praxistheorie, Anthropozän und Zukunftsforschung beschäftigen.

Das detaillierte Programm sowie alle weiteren Informationen finden sich hier. Auch Teilnehmer*innen ohne eigenen Beitrag sind willkommen, gebeten wird jedoch um eine verbindliche Anmeldung bis zum 31.10.2020 bei Tanja Mühle: zukuenfte.der.nachhaltigkeit@uni-hamburg.de

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