In Teil 2 unserer Debatte um den Begriff der Sorge rücken heute Transformationen der Sorgeverhältnisse im Sozialstaat in den Fokus.
Der Begriff der Sorge gehört zum festen Inventar des sozialpolitischen Vokabulars. Menschen zu pflegen und sich um sie zu kümmern, verstanden als traditionelle Sorgearbeit, ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger, aber beileibe nicht der einzige Aspekt. Im sozialstaatlichen Sprachgebrauch ist stattdessen in vielfältiger Weise von Sorge die Rede, wobei der Begriff häufig mit einer Vorsilbe versehen (z.B. Fürsorge, Nachsorge oder Vorsorge) oder aber Wortstamm eines verwandten Begriffs (z.B. Versorgung) ist. Welche Variation des Sorgebegriffs politisch Konjunktur hat, hängt eng damit zusammen, wer gesellschaftlich als sorgebedürftig erachtet wird. Grob vereinfacht lassen sich drei Paradigmen der Sorge unterscheiden, die sich zu verschiedenen historischen Epochen manifestier(t)en: Erstens die karitative Fürsorge, zweitens die sozialstaatlich gewährleistete Versorgungssicherheit und drittens eine Politik der sozialen Vorsorge. Gegenwärtig lässt sich ein Paradigmenwechsel hin zum vorsorgenden Sozialstaat beobachten, der mittels des Ausbaus an entsprechenden Infrastrukturen und Dienstleistungsangeboten auf eine „präventive Sozialpolitik“ (Brettschneider und Klammer 2020) setzt. Der vorsorgende Sozialstaat, so die hier vertretene These, möchte die Adressaten seiner Politik zu einsichtigen Komplizen im Sinne eines gemeinsam geteilten Vorbeugeprinzips machen, indem er ihnen vielfältige Präventionsangebote unterbreitet. Erforderlich hierfür ist jedoch die eigenmächtige Inanspruchnahme dieser Leistungen seitens der Bürger*innen.
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