Liberal-demokratisches Staats- und Rechtsdenken: machtlos gegen Alexander Dugin und Carl Schmitt? Ukraine-Krieg und das Ende des Souveränitätsdenkens

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine weist vielerlei Verbindungen auf zu Vorstellungen über Staat und internationale Beziehungen des russischen Philosophen Alexander Dugin, der dem Vernehmen nach von Präsident Wladimir Putin sehr geschätzt wird. Dugin-Formulierungen finden sich teils fast wörtlich in Statements russischer Regierungsvertreter zum Ukraine-Krieg bzw. zur Weltlage im Allgemeinen. Ein Beispiel ist das angeblich den Krieg motivierende Streben nach einem freien Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok – so formulierte es der frühere Präsident und jetzige stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrats Dmitri Medwedew in leichter Abwandlung des Dugin-Statements, Russland müsse ein freies Eurasien von Dublin bis Wladiwostok erkämpfen. Dugin folgt weithin Vorstellungen, wie sie Mitte des 20. Jahrhunderts Carl Schmitt vertreten hat. Dies analysiert der vorliegende Blogpost, vor allem um aufzuzeigen: Verharrt das liberal-demokratische Staatsdenken bei einem bestimmten Verständnis von Souveränität, hat es Schmitt und Dugin wenig entgegenzusetzen. Denn die beiden denken jenes klassische Souveränitätsdenken, das für universale liberal-demokratische Gerechtigkeit letztlich keinen Raum lässt, einfach konsequent zu Ende, wie man im Folgenden sehen wird.

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Bodins Souveränitätsverständnis und das republikanische Ordnungsideal der Freiwilligkeit – ein Impuls aus vorstaatlichen Zeiten

Heute schließen wir unsere Blogpost-Reihe zu „Souveränität“ mit einem Beitrag von Eva-Sophie Mörschel ab, der Überlegungen zur Relevanz und Aktualität von Bodins Souveränitätsbegriff anstellt.

Seit Jean Bodin die Definition des Souveränitätsbegriffs auf eine machtpolitische Bedeutung ausgeweitet hatte, konnte Souveränität allmählich zum Grundbegriff der Moderne aufsteigen. Die “Six livres de la république” erschienen 1576, als die Legitimation vorstaatlicher Herrschaftsformen in Europa zunehmend in Frage gestellt wurde. Bodins naturrechtliche und universalgeschichtliche Überlegungen kündigten eine politische Versöhnung in Zeiten erbitterter Kämpfe um die Thronfolge und der damit verbundenen Verfolgung hunderttausender Hugenotten im Herrschaftsbereich des Hauses Valois an. Aus seiner Überarbeitung der aristotelischen Regierungsformenlehre leitete Bodin einen Vorschlag für eine neuartige republikanische Form der monarchischen Regierung ab, die er teleologisch durch das Streben nach der freiwilligen Anerkennung naturrechtlicher Pflichten fundierte. Dieser neue normative Zweck der öffentlichen Ordnung sollte dem königlichen Privatkabinett des Ancien Régimes als Leitfaden dienen, um den religiösen, sozialen und politischen Wandel beherrschbar zu machen und den Weg in eine prosperierende Zukunft zu bestreiten. Um die Voraussetzungen zu schaffen, denen es bedürfe, um die Anerkennung naturrechtlicher Pflichten zu verwirklichen, müsse nur das Wesen der politischen Macht – die Souveränität – ‚richtig‘ verstanden und in Form einer republikanischen Ordnung in Kraft gesetzt werden. (mehr …)

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Zu Omri Boehms „Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität“

In der auch hierzulande zusehends hitzigen Debatte um Identitätspolitik unternimmt der Philosoph Omri Boehm den wichtigen Versuch, einerseits den Universalismus gegen den Verdacht zu verteidigen, lediglich eine Herrschaftsideologie des schon sprichwörtlichen alten, weißen Mannes zu sein, andererseits dem emanzipatorischen Gehalt der Identitätspolitik gerecht zu werden.

Boehms lesenswertes ideengeschichtlich fundiertes Plädoyer beinhaltet im Wesentlichen drei Argumentationslinien, denen im Folgenden auf den Zahn gefühlt wird.

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Zur Metakritik des kritischen Menschenrechtsdiskurses – Lesenotiz zu Janne Mendes „Der Universalismus der Menschenrechte“

Dem Projekt der Verwirklichung der Menschenrechte werden von verschiedenen Seiten Unzulänglichkeiten vorgeworfen, an die sich verschiedene Fragen knüpfen lassen: Ist die globale Durchsetzung der Menschenrechte ein Projekt westlicher Staaten und Gesellschaften, die damit ein weiteres Mal dem globalen Süden ihre kulturellen Praxen zu oktroyieren versuchen? Gibt es eine linke und eine rechte Kritik am Menschenrechtsdiskurs, die gemeinsame Schnittmengen aufweisen, ohne doch deswegen identisch zu sein? Und schließlich: Wie könnte eine berechtigte, emanzipatorische Kritik am Menschenrechtsdiskurs von ihrem Gegenteil unterschieden werden? (mehr …)

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Vortrag: Radical Cosmopolitanism (Berlin)

Die Research Training Group Minor Cosmopolitanisms organisiert am Freitag, den 01. Juni, in Berlin einen Vortrag von James Ingram zum Thema „Radical Cosmopolitanism and Insurgent Universality: Rethinking Universalism in Postcolonial Times“. Der Vortrag wird kommentiert von Rajni Palriwala und findet von 16-19 Uhr am Institut für Lateinamerikanische Studien statt (Rüdesheimer Str. 54-56, Raum 201). Eine Beschreibung des Vortrags und aller weiteren Details findet ihr unter dem Strich oder auf dem Poster.

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