Recht und Moral bei Ingeborg Maus

Ingeborg Maus ist am 14. Dezember 2024 im Alter von 87 Jahren verstorben. Der Theorieblog widmet Ingeborg Maus einen Schwerpunkt, der in Form von drei Beiträgen in dieser und den kommenden zwei Wochen unterschiedliche Aspekte ihres politischen Denkens beleuchtet. Den Auftakt gab vergangene Woche Sonja Buckel mit Perspektiven auf Maus‘ demokratietheoretische Überlegungen zum Zusammenhang von Demokratie und Rechtsstaat. Wir führen den Schwerpunkt fort mit einem Beitrag von Øystein Lundestad zum Verhältnis von Moral und Recht sowie Maus‘ Auseinandersetzung mit Kant.

Ingeborg Maus’ Artikel „Die Trennung von Recht und Moral als Begrenzung des Rechts“ wurde erstmals 1989 in der Zeitschrift Rechtstheorie veröffentlicht. Er wurde später auch in den Anhang ihres bedeutendsten Werks Zur Aufklärung der Demokratietheorie (1992) aufgenommen. Dieser Titel kann zugleich auch als Einstieg in ihr gesamtes Werk dienen: Ein Schwerpunkt für Maus war der für einige kontraintuitive Satz, dass die Legitimation und Struktur des modernen, demokratischen Rechtsstaats eine Trennung zwischen Recht und Moral voraussetzt.

Maus lehnt alle Versuche ab, das Recht an die Moral zu binden. Im Artikel nennt sie die Theorie Ronald Dworkins und die Praxis des Bundesverfassungsgerichts als Beispiele dafür. Maus zufolge stehen aber solche Versuche in Gefahr, die formellen Strukturen des Rechts zu wandeln: Statt eine Art Garantie gegen positiv-rechtliches Unrecht zu bieten, wird das Recht dem willkürlichen Handeln des Staatsapparats und dessen moralischer Selbstbegrenzung überantwortet. Dem Gewaltenteilungsprinzip ähnlich sorgt die Trennung zwischen Recht und Moral eher für eine normativ notwendige Begrenzung des Rechtsbereichs. Wo andere ein normatives Problem in den amoralischen Zügen des Rechts gesehen haben, sah Maus darin seine normative Autonomie, und warnte vor allen Versuchen, moralische Kategorien ins Recht einzuführen.

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Tagung „Körperkonzepte im Recht“ (Berlin)

Am 15. und 16. Mai veranstalten Jochen Bung und Esther Neuhann in Berlin eine Tagung zu „Körperkonzepten im Recht“. Die Tagung befasst sich mit der Frage, welche Körperkonzepte im Recht gegenwärtig vorkommen, welche Entwicklungen des Körperverständnisses sich in der Veränderung des Rechts abzeichnen sowie nach wünschenswerten Konzeptionen des Körpers als Grundlage für demokratische Verfassungen. Sicher auch für Demokratietheoretiker:innen nicht uninteressant! Um Anmeldung bei jochen.bung@uni-hamburg.de oder esther.neuhann@fu-berlin.de wird gebeten. Zum Programm gehts hier.

 

 

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Öffentlicher Vortrag: „Migration, Epistemic Injustice and Differentiated Rights: It’s not You, It’s Your Passport!“ (Berlin)

Im Rahmen der vom Fachbereich Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin veranstalteten „Politics Lecture Series“ hält Esma Baycan-Herzog (Genf) am 21. Januar 2025 von 12.00-13.00 Uhr einen Vortrag mit dem Titel „Migration, Epistemic Injustice and Differentiated Rights: It’s not You, It’s Your Passport!”. Der Vortrag befasst sich mit der Debatte um Rechtsdifferenzierung hinsichtlich des rechtlichen Status von Migrant*innen. Dabei werden zwei normative Modelle der Rechtsdifferenzierung vorgestellt und untersucht. Abschließend soll ein neuer Begriff der Rechtsdifferenzierung ausgearbeitet werden, der die Debatte epistemisch und normativ voranbringen soll.

Der Vortrag findet in Raum 002, Universitätsstr. 3b, statt. Alle sind willkommen, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen findet ihr auf der Veranstaltungsseite.

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CfP zu „Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit im Recht“ der studentischen Frankfurt Law Review

Wer sich mit „Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit im Recht“ beschäftigt und dabei Student*in (auch) des Rechts ist oder jüngst noch war, für die/den ist die aktuelle Ausschreibung der Frankfurt Law Review etwas. Dieses noch junge studentische Organ erscheint halbjährlich und will seinen Beitrag zu aktuellen Debatten leisten. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Grundlagen des Rechts. Bis zum 15.08.2024 können neue oder geübte Autor*innen nun Beiträge zum Themenschwerpunkt Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit einreichen. Alle weiteren Infos finden sich im Call bzw. auf den Seiten der Zeitschrift.

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Replik auf Rieke Trimçev, „Die Demos des demos“

Im Rahmen unserer aktuellen ZPTh-Debatte antwortet heute Tim Wihl auf den Kommentar von Rieke Trimçev zu seinem ZPTh-Artikel „Die Demo als Revolte?“, den wir am Dienstag veröffentlicht haben.

 

Die außerordentlich gedankenreiche und scharfsinnige Kommentierung meines Aufsatzes „Die Demo als Revolte?“ durch Rieke Trimçev ist Anlass für diese Replik, die ich in vier knappe Erwiderungen gliedern möchte. Es geht zuerst um die Kritik an von mir gewählten Bezeichnungen (1.), dann um die vorgeschlagenen Kriterien bzw. Unterscheidungsmerkmale (2.), daraufhin um die im Aufsatz betriebene Art von Begriffsbildung (3.) und schließlich den sinnvollerweise zu wählenden Forschungsgegenstand für das angedeutete Begriffs- und Kriteriengerüst (4.).

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Die Demos des demos – Kommentar zu Tim Wihls ZPTh-Artikel „Die Demo als Revolte?“

Die neue Ausgabe der Zeitschrift für Politische Theorie ist erschienen. Unter dem Themenschwerpunkt „Die Auflösung des liberalen Konsenses“ haben die beiden Herausgeber des Heftes, Karsten Schubert und Kolja Möller, eine Reihe spannender Beiträge versammelt. Maximilian Pichl analysiert in seinem Aufsatz Kämpfe um den Rechtsstaat aus einer historisch-materialistischen Perspektive, Daniel Keil widmet sich den Entwicklungen europäischer Staatlichkeit in der posthegemonialen Konstellation und Alexander Stulpe skizziert unter Rekurs auf den Resilienzbegriff ‚Elemente einer Politischen Theorie der Lebensfähigkeit liberaler Demokratien‘. Der Beitrag von Tim Wihl, den wir im Rahmen unserer bewährten Zusammenarbeit mit der Zeitschrift für Politische Theorie als Gegenstand für die Debatte auf dem Theorieblog ausgewählt haben und der damit hier open access verfügbar ist, beleuchtet das Phänomen der Demonstration in ihrem Verhältnis zur Revolte und stellt davon ausgehend ‚vorläufige Überlegungen zu einer politisch-juristischen Theorie der Demonstration in der liberalen Demokratie‘ an. Neben diesen Abhandlungen zum Themenschwerpunkt diskutiert Tamara Jugov in ihrem Beitrag die Frage, wann eine Utopie als hinreichend realistisch ausgezeichnet werden kann. Schließlich findet sich unter der Rubrik ,Ideengeschichtliche Fundstücke‘ ein Wiederabdruck einer ,in Vergessenheit geratenen‘ und ,erst vor kurzem in der Forschung wiederentdeckt[en]‘ Vortragsfassung des Textes „Der Beamte im sozialen Volksstaat“ von Hermann Heller, wie Marcus Llanque in seiner Einleitung zu diesem Wiederabdruck herausstellt.

Wir freuen uns sehr, dass Rieke Trimçev von der Universität Erlangen-Nürnberg mit einem Kommentar zum Beitrag von Tim Wihl die ZPTh-Debatte im Folgenden eröffnen wird, worauf wiederum eine Replik des Autors folgt. Wie immer sind alle herzlich eingeladen, in den Kommentarspalten mitzudiskutieren! Wir wünschen eine gute Lektüre und übergeben nun das Wort an Rieke Trimçev.

 

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Online-Buchpräsentation: Die Rechte der Natur

Am 7. Dezember (16-18 Uhr) präsentiert Tilo Wesche am Max-Weber-Kolleg in Erfurt sein Buch „Die Rechte der Natur“. Das Buch behandelt unter anderem die Fragen, inwiefern eine Rechtspraxis, die der Natur Rechte zugesteht, zur Bewältigung des Klimawandels beitragen kann und wie sich solche Rechte begründen und anwenden lassen. Moderiert wird die Veranstaltung von Hartmut Rosa und es gibt Kommentare von Carsten Herrmann-Pillath (Erfurt) und Judith Möllhoff (FU Berlin). Die Buchpräsentation findet online statt und wer teilnehmen möchte, ist gebeten, sich vorher anzumelden. Alle Infos finden sich hier.

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CfP „Human Rights in Migration Societies“ (Gießen)

Die Gießener DFG-Forschungsgruppe „Menschenrechtsdiskurse in der Migrationsgesellschaft“ (MeDiMi) veranstaltet vom 18. bis zum 20. September 2024 eine Konfrenz mit dem Titel „Human Rights in Migration Societies. Exploring the Intersection of Human Rights and Migration in Law, Politics, and Everyday Life“. Ziel der multidisziplinären Tagung ist, den Nexus von Menschenrechten und Migration im fächerübergreifenden Dialog auszuleuchten und zu diskutieren. Vorschläge für Beiträge (max. 300 Worte, Schlagworte und kurzer CV) können bis zum 31. Januar 2024 eingereicht werden. Weitere inhaltliche und organisatorische Informationen sind online zu finden unter: https://www.medimi.de/de/topic/10.aktuelles.html.

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Recht und Utopie? – Pfade in eine neue normative Ordnung (Tagungsbericht) 

Der Anspruch der Frühjahrstagung des Jungen Forums Rechtsphilosophie, die vom 9. bis 11. März 2023 stattfand, war es, in interdisziplinärem Austausch Pfade in eine neue normative Ordnung zu entwerfen, die von bestehender Rechtspraxis ausgehen, diese jedoch grundlegend hinterfragen und in ihren problematischen Dimensionen zu überwinden suchen.  

Welche normative Praxis kann der Prekarität von Gerechtigkeit Rechnung tragen? Wie können Interventionen innerhalb des bestehenden Rechtssystems legitimiert werden? Wie kann Wandel hin zu einer neuen normativen Ordnung aussehen und welche Rolle kann Recht darin spielen? Der Beitrag rekapituliert anhand dieser Fragen die Tagung, die ihrem Titel alle Ehre machte: „Utopie einer neuen normativen Ordnung – Alternativen im Recht/Alternativen zum Recht“  (mehr …)

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