Dieser Text erscheint zugleich auf Literaturwissenschaft in Berlin.
‚Political Correctness‘ (‚PC‘) ist zu einem zentralen politischen Kampfbegriff geworden. Gegenderte Sprache, übermalte Gedichte und ausgeladene Sprecher_innen erhitzen die Gemüter, insbesondere auf konservativer und rechter Seite. Vor dem Hintergrund der rechten Kritik an ‚politisch korrekten‘ Freiheitseinschränkungen sind die sozialwissenschaftlichen Diskussionen über ‚PC‘ neu entflammt: Einige Kommentator_innen sehen den Grund für die Wahlerfolge der Rechten darin, dass es tatsächlich eine problematische ‚PC‘-Kultur gibt, weshalb die rechte Kritik greife. Andere verteidigen ‚PC‘ als wichtigen Teil des emanzipatorischen Projekts für universelle soziale Gerechtigkeit.
Ich argumentiere für die zweite Position, die Verteidigung von ‚PC‘, aber formuliere sie radikaler: ‚PC‘ ist emanzipative Normsetzung – die Einschränkung von Privilegien ist der vernünftige Kern dieser Politik. Es ist also kein Wunder, dass sich Menschen gegen ‚PC‘ wehren und dagegen protestieren, denn viele, nämlich Privilegierte, verlieren dadurch. Doch dass sie verlieren ist der Gewinn der anderen, heute nicht Privilegierten – und ein ganz normaler und auch unterstützenswerter Teil von emanzipatorischer Politik. Die ‚PC‘-Kritik hingegen ist meist eine Strategie zur Verteidigung von partikularen Privilegien durch die strategische – und bei näherem Hinsehen falsche – Anrufung universaler Prinzipien wie der Meinungsfreiheit. Mit diesem Verständnis kann man den ‚PC‘-Kritiker_innen, die sich nicht nur im explizit rechten Lager finden, sondern auch im konservativen Feuilleton, an der Universität, und auch in linken Kreisen, selbstbewusster entgegentreten und sagen: Ja, wir setzen neue Normen, die euch einschränken – und das ist auch gut so. (mehr …)
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