Der Podcast ist heute etwas später als sonst, dafür freue ich mich anzukündigen, dass der Vortrag von Julia Schulze Wessel mit dem Titel „Grenzgänger – Flüchtlinge, Sans-Papieres und die Transformation der Demokratie“ am 22.06. um 18 Uhr c.t. im ZHG 103 der Universität Göttingen nachgeholt wird. Aller Voraussicht nach wird es auch einen entsprechenden Postcast geben.
Oliver Hidalgo hat sich in seiner umfassenden Habilitationsschrift „Die Antinomien der Demokratie“ mit einer Vielzahl von inneren Spannungen der Demokratie beschäftigt. Sein Vortrag konzentriert sich auf die Antinomien, die mit dem Prozess der Säkularisierung einhergehen. Den jeweils einseitigen Thesen vom Verschwinden oder wahlweise der Rückkehr der Religion setzt er eine Konzeption entgegen, die die Verwobenheit von Politik und Religion sichtbar machen soll. Die Säkularisierung, so Hidalgo ganz im Geiste von Marx‘ Aufsatz zur Judenfragen, überwindet die Religion nicht, sondern stabilisiert sie als soziale Kraft neben der Politik. Die Spannung, die sich dabei ergibt, besteht darin, dass die moderne Demokratie dadurch einerseits die Religionsfreiheit zu einem ihrer konstitutiven Elemente erhoben hat, sie andererseits auf das von der Religion gestiftete soziale Band nicht verzichten kann. Auch der religiöse Pluralismus bleibt auf eine gesellschaftliche Integration angewiesen, zu der die Religion beiträgt. Die demokratietheoretischen Herausforderungen, die sich daraus ergeben, veranschaulicht er anschließend an Olivier Roys These der ‚Heiligen Einfalt‘. Roy behauptet, dass es gerade die Säkularisierung war, die den Raum für Fundamentalismus öffnete, indem sie zu einer Abschottung der Glaubenstreuen führte, die sich so radikalisieren konnten. Hidalgo schließt mit einem Plädoyer für eine offene Debatte um die Grenzen der Religionsfreiheit, die sowohl die religiöse Diversität garantiert, als auch das entdifferenzierende Potential religiöser Identitätspolitik nicht aus dem Auge verliert.
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