Die Killer-Roboter sind hier! Krisen als Treibstoff für präventive Rüstungskontrollnormen  

Im Rahmen des Forums „Krise und Normkontestation“ veröffentlichen wir einen Beitrag von Berenike Prem.

Staaten handeln selten vorausschauend. Es bedarf häufig einer Krise, um ein Problembewusstsein zu schaffen, bestehende Normen infrage zu stellen und die Suche nach neuen Normen zu fördern. Der Stellenwert von Krisen für Prozesse der Normkontestation und Genese macht deutlich, vor welchen Herausforderungen Akteure gestellt sind, die antizipative Normen etablieren oder bestehende Normen „fit“ für die Zukunft machen wollen. Diese Normen sind wirksam, noch bevor sich Krisen voll zu entfalten scheinen. Funktioniert Normkontestation also auch ohne Krisen? Dieser Beitrag beleuchtet die Bedeutung von Krisen als endogenem Faktor in Normdynamiken und zeigt, wie sie durch vorausschauende Praktiken visuell, narrativ und performativ konstruiert werden, um normative Veränderungen anzustoßen. Diese Annahmen werden am Beispiel präventiver Rüstungskontrollnormen für neue Waffentechnologien (autonome Waffensysteme) diskutiert. 

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Kontestation und Krise: Zusammen oder getrennt? Das „Henne-Ei-Problem“

Das ist der erste Beitrag des Forums „Krise und Normkontestation“, das von Nils Stockmann und Johanna Speyer organisiert wurde und in dieser Woche auf dem Theorieblog erscheint.

Den Zusammenhang von Krise und Normkontestation – sowohl auf konzeptueller als auch auf empirischer Ebene – kann man als ein sogenanntes Henne-Ei-Problem bezeichnen. Beide Konzepte haben die Gemeinsamkeit, dass sie mit negativen Konsequenzen assoziiert werden. Sie werden als problematisch, kritisch, bedrohlich eingestuft. Daher scheint es dem ersten Eindruck nach nur folgerichtig, dass aus beiden auch immer negative Konsequenzen folgen. 

Jedoch zeigt die Empirie, dass beide auch positive, stabilisierende Effekte haben können. Daher schlage ich vor, in der Analyse des Verhältnisses von Krise und Kontestation diese produktiven, legitimierenden Effekte mitzudenken. Es lassen sich anhand zweier Beispiele, der Covid-19-Pandemie und der Klimakrise, vier Beobachtungen dazu festhalten, in welchem Zusammenhang Krisen und Normkontestation auftreten: Erstens können Normen in Krisen angefochten werden, um zur Lösung des Krisenproblems beizutragen. Zweitens kann die Krise aber auch als Heuristik, ohne den Auftritt von Kontestation, Normen-stärkend wirken. Drittens kann Kontestation in der Krise einen legitimierenden, stärkenden Effekt auf die Norm haben. Jedoch lässt sich auch beobachten, dass viertens eine Kontestation solcher Normen stattfinden kann, die zur Lösung des Krisenproblems beitragen sollen. Daraus lässt sich ableiten, dass es vermutlich keinen temporal-notwendigen, aber einen kontextuellen Zusammenhang zwischen Normkontestation und Krise gibt. 

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Forum „Krise und Normkontestation“ – Auftaktbeitrag

Die Begriffe „Krise“ und „Kontestation“ haben derzeit Hochkonjunktur in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Doch wie verhalten sie sich zueinander? Geht die Krise der Kontestation von Normen voraus oder umgekehrt? Hilft der eine Begriff, Dynamiken des jeweils anderen auszuleuchten? Oder sprechen Kontestations- und Krisenforscher:innen gar über gleiche Phänomene mit unterschiedlichem konzeptionellen Vokabular? Dieses Forum widmet sich diesen Fragen und den theoretischen Dimensionen des Verhältnisses von Krise und Kontestation.

Internationale Organisationen (IOs) und andere politische Institutionen, so scheint es, kommen bei der Suche nach wirksamen Gegenmaßnahmen und Vorsorgestrategien gegen Krisen kaum noch hinterher. Die Wahrnehmung gleichzeitig auftretender Krisen, einer „Polykrise“, hat den globalen Diskurs und das Handeln von IOs paradigmatisch verändert. Gleichzeitig ist die Kontestation von Normen in unterschiedlichen politischen Räumen zu beobachten. Es verwundert daher wenig, dass Krisenforscher:innen und Kontestationsforscher:innen der jeweils andere Begriff nicht unbekannt ist. Wo „Krise“ ist, scheint „Normkontestation“ nicht weit zu sein. Je nach analytischer Blickrichtung entsteht der Eindruck, dass Normkontestation erst in Krisen sicht- und analysierbar wird oder umgekehrt eine Situation nur dann als Krise bezeichnet wird, wenn bestimmte Normen angefochten werden. Darüber hinaus bleibt die analytische Beziehung zwischen beiden Begriffen und den dahinterliegenden konzeptionellen Debatten jedoch oft vage.

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Interview mit Christoph Möllers: Zur Möglichkeit und Afaktizität von Normen (Teil II)

Vor knapp einem Jahr haben wir hier auf dem Theorieblog – in Kooperation mit Soziopolis und dem Völkerrechtsblog – ein fünfteiliges Buchforum zur Christoph Möllers‘ Buch „Die Möglichkeit der Normen. Über eine Praxis jenseits von Moralität und Kausalität“ veröffentlicht, einschließlich einer Replik des Autors. Diesen Sommer hat Alex Holznienkemper (Baylor University, Waco, TX) ein ausführliches Interview mit Christoph Möllers geführt, das im Januar 2017 im Notre Dame Journal of International and Comparative Law erscheinen wird.

Wir freuen uns, dass wir das Interview vorab in deutscher Übersetzung in zwei Teilen veröffentlichen dürfen. Nachdem letzte Woche der 1. Teil erschienen ist, kommt hier der 2. Teil.

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Interview mit Christoph Möllers: Zur Möglichkeit und Afaktizität von Normen (Teil I)

Vor knapp einem Jahr haben wir hier auf dem Theorieblog – in Kooperation mit Soziopolis und dem Völkerrechtsblog – ein fünfteiliges Buchforum zur Christoph Möllers‘ Buch „Die Möglichkeit der Normen. Über eine Praxis jenseits von Moralität und Kausalität“ veröffentlicht, einschließlich einer Replik des Autors. Diesen Sommer hat Alex Holznienkemper (Baylor University, Waco, TX) ein ausführliches Interview mit Christoph Möllers geführt, das im Januar 2017 im Notre Dame Journal of International and Comparative Law erscheinen wird.

Wir freuen uns, dass wir das Interview hier vorab in deutscher Übersetzung in zwei Teilen veröffentlichen dürfen. Der zweite Teil erscheint in einer Woche.

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Möllers-Buchforum (1): Die Möglichkeit der Normen – Soziologische Anmerkungen zu Christoph Möllers

Wahrscheinlich wird nicht gerade der Titel von Christoph Möllers‘ neuem Buch das Interesse der Soziologinnen wecken. Soziologische Analysen zu Normen gab und gibt es schließlich zuhauf, sodass viele skeptisch sein werden, ob auf jenem Gebiet ausgerechnet ein Jurist und Rechtsphilosoph die Sozialwissenschaften entscheidend wird voranbringen können. Andererseits waren schon Möllers‘ frühere Werke (etwa: Der vermisste Leviathan. Staatstheorie in der Bundesrepublik, Frankfurt am Main 2008) zumindest für die an politischer Soziologie Interessierten höchst aufschlussreich. Die Leser werden den Griff zu seinem neuesten Produkt jedenfalls nicht bereuen, besteht doch kein Zweifel daran, dass Möllers eines der wichtigsten sozialwissenschaftlichen Bücher der letzten Jahre vorgelegt hat. Dieses Urteil kann auch der Umstand nicht ins Wanken bringen, dass nicht alle der zahlreichen Fäden der umfassend entwickelten Argumentation am Ende wieder miteinander verknüpft worden sind, dass der Aufbau des Buches nicht immer klar ist und dass auch das Fazit, das den Anschluss an die empirische Forschung verspricht, durchaus hätte konkreter ausfallen können. Als Gesamteindruck bleibt, dass ein immens belesener Autor eine faszinierend reichhaltige und innovative Phänomenologie von Normen präsentiert, deren sozialtheoretische Konsequenzen noch gar nicht abzusehen sind. Indem er stets zwischen der Entwicklung stringenter Argumente und der Darbietung zahlloser empirischer Beispiele hin- und herwechselt, gewinnt Möllers immer wieder überraschende Einsichten. Dabei werden Positionen der Philosophie, der Politikwissenschaft, der Soziologie sowie verwandter Disziplinen mit messerscharfer Intelligenz und oft gnadenlos seziert, wird Interdisziplinarität auf eine Weise praktiziert, wie man sie nur allzu selten findet.

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Die Möglichkeit der Normen – Ein Buchforum

Christoph Möllers’ im September bei Suhrkamp erschienenes „Die Möglichkeit der Normen. Über eine Praxis jenseits von Moralität und Kausalität” ist ein Buch, das nicht nur viel Interesse geweckt hat (s. Rezensionen in SZ und SWR), sondern das auch viele Interessen bedient. Norm(en)forschung, normative Ordnungen, die Grundlagen von Normativität: das alles sind Aspekte, die in sehr unterschiedlichen Diskurszusammenhängen in jüngerer Zeit große Prominenz erlangt haben, zumal darin viele ältere Debatten – etwa über Ideen, Ideologien, Kritik – konserviert und fortgeführt werden können. Die Attraktivität des Normbegriffs liegt nicht zuletzt darin begründet, dass der Begriff weniger ‘normativen’ Ballast mit sich herumzuschleppen scheint. Vielleicht kommt er gerade deshalb der Logik interdisziplinärer Forschung so gelegen. Diese Anschlussfähigkeit ist natürlich keineswegs darauf zurückzuführen, dass das, was wir unter Normen verstehen, etwas Eindeutiges oder Geteiltes wäre. Aus diesem Grund ist Möllers’ breites Verständnis von Normen als “positiv markierten Möglichkeiten” (14) so interessant. Es erlaubt eine umfängliche Phänomenologie, die die komplexe Praxis normativen Handelns detailliert erfasst und über soziale, rechtliche wie politische Gegebenheiten und Logiken zu reflektieren vermag.

Um dem dichten Werk eine kritische Einordnung und Würdigung zuteil werden zu lassen, haben sich Soziopolis, der Theorieblog und der Völkerrechtsblog entschieden, eine gemeinsam verantwortete Serie von vier Besprechungen vorzulegen. Aus je einer anderen disziplinären Perspektive werden wir im Wochenabstand je eine Rezension veröffentlichen:

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Vortrag: Anne Orford zur R2P-Norm

Für Kurzentschlossene noch der Hinweis, dass heute Abend, 25. April 2012, Anne Orford in Berlin einen Vortrag zum Thema „Concluding the Reformation? On Peace, Protection an Political Theology“ hält. Gegenstand ist die Herausbildung der völkerrechtlichen Responsibility to Protect (R2P) Norm, über die Anne Orford ein vielbeachtetes Buch geschrieben hat. Die Lecture ist die diesjährige Rechtskulturen-Lecture. Das Ganze findet von 19 bis 21 Uhr im Raum 213 der Juristischen Fakultät der HU Berlin statt. Viel Spaß

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