Über Pfingsten 1923 fand in Geraberg (Thüringen) die »Marxistische Arbeitswoche« statt – das erste Theorieseminar des zu Beginn desselben Jahres gegründeten Instituts für Sozialforschung. Teilnehmer:innen waren Marxist:innen und Kommunist:innen, die intellektuell an der frühen Ausrichtung des IfS mitwirkten. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens lädt das IfS für Pfingsten 2023 zur Zweiten Marxistischen Arbeitswoche ein. […]
Krise
CfP PROKLA 213: Wieviel 1973 steckt in 2023? 50 Jahre Brüche und Kontinuitäten
Derzeit spitzt sich die multiple Krise im globalen Gefüge zu. Unterschiedliche Entwicklungen verbinden sich zu einer Gemengelage, die den zeitdiagnostischen Eindruck eines kommenden Bruchs verstärkt: der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Verschärfung der Konkurrenz zwischen den USA und China, die Rekordinflation und Diskussionen um eine Phase der Deglobalisierung, Krisenerscheinungen liberaler Demokratien und die Bedeutungszunahme autoritärer Staatlichkeit sowie nicht zuletzt die dramatische Zuspitzung der ökologischen Krise. Die mit dem Ende des Bretton-Woods-Systems seit 1973 durchgesetzte Ausrichtung der Weltwirtschaft und die damit verbundene geopolitische Ordnung scheinen ins Wanken geraten zu sein. Befinden wir uns heute in einer Phase des Umbruchs, ähnlich wie 1973? Wieviel 1973 steckt in unserer Gegenwart? Was an grundlegenden Veränderungen seit 1973 gilt es zu begreifen, um zukünftige Konflikte bewältigen zu können?
Die Redaktion lädt zur Einsendung von Exposés bis zum 8.5.2023 ein. Der vollständige CfP kann hier eingesehen werden.
Mehr Fortschrittskritik wagen? Tagungsbericht zur Summer School „Natur und Fortschritt“
Mit dem Motto „Mehr Fortschritt wagen“ setzt die aktuelle Ampelregierung auf einen Begriff, den aktuelle philosophische und soziologische Gegenwartsdiagnosen unter dem Eindruck verschiedener globaler Notstände und der sich zuspitzenden Klimakrise vermehrt infrage stellen. „Vom Ende der Illusionen“ und von Anpassung als Paradigma kommender Gesellschaften wird dann gesprochen, während monatlich neue Filme und Serien zu Apokalypsen oder Post-Apokalypsen erscheinen und auf Instagram Prepping-Produkte wie Notfallbatterien und Wasserreinigungstabletten beworben werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung, „Natur und Fortschritt“ ins Zentrum einer Summer School zu stellen – gemeinsam ausgerichtet vom Centre Marc Bloch (CMB), dem Frankfurter Institut für Sozialforschung und dem Institut für Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main – so zeitgemäß wie herausfordernd. Rund 30 junge Wissenschaftler*innen aus vorwiegend geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen folgten der Einladung, im CMB in Berlin Ende September für vier Tage durch eine kritische Inventur des aktuellen Begriffsbestecks rund um ‚Natur‘ und ‚Fortschritt‘ die vielfältigen und mitunter auch widersprüchlichen Verhältnisse zwischen den Begriffen auszuloten und so die Handlungsfähigkeit von Sozialtheorie zu erproben. Es sollte ein „Überblick über die aktuellen Diskussionen zwischen Philosophie und Sozialwissenschaften sowie feministischen, ökologischen und antirassistischen Studien zu diesen Themen“ erfolgen, so die Ankündigung des siebenköpfigen Organisationsteams. (mehr …)
Zum Verhältnis von Politischer Bildung und Politischer Theorie. Ein pragmatistischer Blick auf eine Leerstelle zeitgenössischer Demokratie(theorie)
Zum Start unseres Schwerpunktes „Politische Theorie und Politische Bildung“ plädiert Katharina Liesenberg dafür, das Verhältnis von Demokratie(theorie) und Bildung (wieder) enger zu denken. Um den Herausforderungen einer zeitgenössischen Erziehung zur Mündigkeit zu begegnen, erinnert sie an John Dewey.
Die Krisenhaftigkeit von Demokratie ist inzwischen zu einem Allgemeinplatz des demokratietheoretischen Diskurses geworden. Weil die Ursachen dieser Krisen komplex sind, sind mögliche Lösungsvorschläge umstritten. Auffällig häufig ist es aber ein Mehr an politischer Bildung, auf das sich Politiker:innen, aber auch Politikwissenschaftler:innen, zur Rettung der Demokratie problemlos einigen können. Im Folgenden soll es daher kritisch um das Verhältnis von politischer Bildung und Demokratie(theorie) gehen. Mit John Dewey plädiere ich für eine stärkere Auseinandersetzung der Demokratietheorie mit bildungspolitischen Fragen sowie einer Orientierung beider Disziplinen an den konkreten Erfahrungen ihrer Adressat:innen. (mehr …)
Postkolonialität und die Methodologie normativer politischer Theorie. Ina Kerners ZPTh-Artikel in der Diskussion
Der Themenschwerpunkt „Postkolonialität und die Krise der Demokratie“ prägt die gerade neu erschiene Ausgabe der Zeitschrift für Politische Theorie. Der von Jeanette Ehrmann herausgegebenen Schwerpunkt umfasst Beiträge von Luciana Ballestrin über die Abwesenheit des Globalen Südens in der Debatte um die Krise liberaler Demokratien, von Oliver Eberl über die Herausforderung indigener Bürgerschaft für die Demokratietheorie und von Gundula Ludwig über das Verhältnis von Demokratie und die Kolonialität der Gewalt. Ina Kerners Beitrag, den wir als Gegenstand für die aktuelle ZPTh-Debatte ausgewählt haben und der damit zugleich hier open access verfügbar ist, widmet sich der Kolonialität der liberalen Demokratie. Vervollständigt wird das Heflt durch Marco Bitschnaus Diskussion sexualpolitischer Dimorphismen und Skadi Krauses Skizze der Figur des aktiven Bürgers in der politischen Ideengeschichte.
Wie immer wünschen wir eine gute Lektüre der facettenreichen Beiträge. Wir übergeben nun an Floris Biskamp, der in seinem Kommentar zu Ina Kerners Beitrag vor allem methodologische Fragen in den Fokus rückt. Auch in diesem Fall laden wir herzlich zum Mitdiskutieren in den Kommentarspalten ein. Ina Kerner wird im Anschluss antworten. Die Theorieblog-Redaktion
In ihrem Beitrag Zur Kolonialität der liberalen Demokratie nimmt Ina Kerner aktuelle Diskussionen um eine Krise der Demokratie zum Ausgangspunkt, um verschiedene Formen postkolonialer Theoriekritik zu rekonstruieren. Ich möchte ihre dabei formulierten Thesen aufnehmen, um darüber zu reflektieren, welche Implikationen diese postkolonialen Kritiken für die Methodologie normativer Theoriebildung haben: Wie sollten wir westlichen Theoretiker:innen im globalen Norden unseren Beruf in Zukunft anders betreiben, wenn wir diese Kritiken ernstnehmen? Dafür rekapituliere ich zunächst die beiden von Kerner formulierten Thesen und ordne ihnen jeweils eine Methode zu, deren Herausforderungen ich erläutere: postkoloniale Ideologiekritik und plurale theoretische Diskurse. (mehr …)
CfP „Zukunft in der politischen Bildung. Politische Bildung in der Zukunft“
Der Idee der Zukunft in der und ihrer Bedeutung für die politische Bildung widmet sich im Frühjahr eine Tagung des Arbeitskreises Hermeneutische Politikdidaktik der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung. Die Tagung findet am 14. und 15. April 2023 an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg statt. Beitragsvorschläge, die das Verhältnis von Zukunft und politischer Bildung im Kontext gerade auch gegenwärtiger Krisen – auch auf theoretischer Grundlage – thematisieren, können bis zum 1. Februar 2023 eingereicht werden. Der vollständige Call ist online hier zu finden.
CfP der „Femina Politica“ zum Thema „Corona-Krise der Gesundheitssysteme. Feministische, intersektionale und dekoloniale Perspektiven“
Die Femina Politica. Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft“ wünscht Beitragsvorschläge zum Thema „Corona-Krise der Gesundheitssysteme. Feministische, intersektionale und dekoloniale Perspektiven“ bis zum 31.5.2022.
Insbesondere Beiträge zu folgenden Fragekomplexen sind gefragt:
(mehr …)CfA: Fellowships „Krisen der Solidarität“ (Innsbruck)
An der Universität Innsbruck sind aktuell drei Fellowships zum Thema „Krisen der Solidarität“ ausgeschrieben, die Doktorand*innen und Post-Docs einen einmonatigen Forschungsaufenthalt an der Universität Innsbruck ermöglichen (1.-30. September 2022). Im Zentrum der Fellowships steht ein Workshop, in dessen Rahmen die Fellows ihre Forschungsprojekte mit Forscher*innen insbesondere des Schwerpunkts „Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte“ an der Universität Innsbruck diskutieren. Es ist geplant, die Ergebnisse des Workshops als Special Collection/Special Issue in einer einschlägigen, international renommierten Fachzeitschrift zu publizieren. Die Fellowships decken Reise- und Unterkunftskosten. Bewerbungsschluss ist der 30. April 2022. Alle Details der Ausschreibung finden sich im PDF.
Zwei Jahre Pandemie – Stresstest oder Krise der Demokratie?
Mit Ende des zweiten Pandemiejahres lassen sich langsam, aber sicher die sozioökonomischen, psychischen und politischen Kosten bemessen, die im Schatten des Jahrhundertereignisses anfallen. Es mehren sich Studien – Aufsehen erregte jüngst etwa eine Oxfam-Analyse –, die über Folgeprobleme in sämtlichen Sphären des Zusammenlebens aufklären und Beanspruchungen skizzieren, die im Bereich von Arbeit, Familie oder Gesundheit für Unruhe sorgen. Eine Untersuchung der Körber-Stiftung widmet sich der Politik, genauer: dem heutigen Zustand westlicher Demokratien und bilanziert, dass die „mehr oder weniger rigiden Maßnahmen“ der Staaten „das ökonomische, soziale und kulturelle Leben einem massiven Stress aussetzen“. Interessant ist darin nicht zuletzt die Rede von „Stress“ als deskriptiver Kategorie zur Kennzeichnung besonderer Belastungssituationen. Hierin ähnelt das Stresskonzept dem gängigeren Topos der „Krise“, wie er zur Beschreibung der aktuellen Lage westlicher Demokratien regelmäßig in den Mund genommen wird.
Doch was unterscheidet eigentlich Stress- von Krisensituationen? Und welche Beschreibung passt besser zur pandemischen Lage, in der sich, neben den erwähnten Lebensbereichen, auch unsere liberale Demokratie zurzeit befindet? Mit beiden Fragen möchte ich mich im Folgenden auseinandersetzen. Zunächst unterbreite ich ein Deutungsangebot, mittels dessen es gelingen kann, zwischen Stress- und Krisenzuständen zu differenzieren. Darauf aufbauend werde ich mich mit jenen Belastungssymptomen auseinandersetzen, die meine These plausibilisieren, dass wir es mit keiner umfassenden Erosion der bundesrepublikanischen Demokratie zu tun haben, sondern spezifische Störungen bezeugen können, die mittelfristig einem Legitimationsverlust Vorschub leisten könnten. Im Zuge dessen sollte klar werden, in welcher Beziehung die titelgebenden Konzepte zueinanderstehen und wo im Lichte jener Begriffsbestimmungen die Gefahren lauern, auf die sich unser politisches System im dritten Jahr der Pandemie einzustellen hat.
Virtuelle Diskussionsveranstaltung (BBAW): „Demokratie in der Krise – Ein Weckruf“
In Kooperation der Körber-Stiftung und der Interdisziplinären Arbeitsgruppe „Normative Konstituenzien der Demokratie“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften findet am kommenden Montag, 24. Januar 2022, ab 19 Uhr eine Diskussion zum Thema „Demokratie in der Krise – Ein Weckruf“ statt. Anlass ist eine von Julian Nida-Rümelin (Akademiemitglied | LMU München ) im Auftrag der Körber-Stiftung verfasste Studie zur Frage, ob die Demokratie, wie wir sie kennen, gefährdet ist. Gemeinsam mit Wolfgang Schäuble (MdB, Präsident des Deutschen Bundestages a.D.) und Thea Dorn (Autorin) diskutiert der Autor, wann gesellschaftliche Krisen unser demokratisches Zusammenleben bedrohen. Die Veranstaltung kann hier per Livestream verfolgt werden.
Neueste Kommentare