Marx im Netz: Interview zur MEGAdigital

Die Marx-Engels-Gesamtausgabe ist eine imposante Größe der deutschen Editionslandschaft. Die Wurzeln des in den späten 1960er Jahren begonnenen Projektes reichen bis in die Sowjetunion der 1920er Jahre zurück – dazwischen liegen radikale Brüche: Im Rahmen der Stalinistischen Säuberungen wurde das Projekt abgebrochen und Mitarbeiter hingerichtet. Erst 1975 entstand, gegen Widerstände, in der DDR der erste neue Band. Nach 1989 wurden die Ausgabe entideologisiert, konnte aufgrund der philologisch einwandfreien Textsubstanz aber weitergeführt werden. 61 Doppelbände sind bislang veröffentlicht, 114 insgesamt geplant. Doch die MEGA entwickelt sich weiter: Seit 2005/2006 läuft das Pilotprojekt der MEGAdigital, die Marx und Engels ins Netz bringt und der Öffentlichkeit Recherchen und Textvergleiche erleichtern soll – bislang sind Teile des Kapital und der Vorarbeiten verfügbar. Zu diesem Digitalprojekt haben wir den MEGA-Arbeitsstellenleiter an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Gerald Hubmann, und die Projektleiterin Regina Roth befragt. Der Zeitpunkt passt – gerade wurden Marx‘ Schriften zum Weltkulturerbe erklärt. (mehr …)

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Honneth-Lesekreis (2): Nicht Additiv, sondern Medium von Freiheit: Honneths Rekonstruktion der Hegelschen Sittlichkeitsidee

Teil III (Die soziale Freiheit und ihre Sittlichkeitslehre) und Übergang (Die Idee der demokratischen Sittlichkeit) (S. 81-126)

»Das Rechtliche und das Moralische kann nicht für sich existieren, und sie müssen das Sittliche zum Träger und zur Grundlage haben […] [D]as Recht existiert nur als Zweig eines Ganzen, als sich anrankende Pflanze eines an und für sich festen Baumes.«

Mit diesen Worten beschließt Hegel in der Rechtsphilosophie (§ 141 Z) seine Darstellung des abstrakten Rechts und der Moralität. Als Leitprämisse könnte die Aussage zu Beginn wie auch am Ende des Abschnittes zur sozialen Freiheit stehen, geht es Honneth hier doch darum, den grundlegenderen Charakter des komplexesten Modells von Freiheit (vgl. 42f) aufzuweisen. Diesen wirft er Hegel folgend vor, die „sozialen Bedingungen, die die Ausübung der jeweils gemeinten Freiheit erst ermöglichen würden, [nicht] selbst schon als Bestandteile von Freiheit“ zu deuten, mithin die „gesellschaftlichen Realisierungschancen“ (79) auszublenden. Honneth erhebt den Vorwurf der Institutionenvergessenheit und hält fest, dass die objektive Wirklichkeit einem solchen Verständnis folgend von den selbstbestimmt Handelnden „als vollständig heteronom begriffen werden muß“ (83). Auf dieses Motiv kommt Honneth im Folgenden immer wieder zurück. (mehr …)

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Marx‘ Aktualitäten – Ein Konferenzbericht

Die gegenwärtig behauptete Aktualität des Denkens Karl Marx‘ wird zumeist mit der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise begründet. Wie Rahel Jaeggi jedoch in ihrer Rede zur Eröffnung der vom 20. bis 22. Mai an der Humboldt-Universität zu Berlin veranstalteten „Re-thinking Marx“–Konferenz betonte, gibt es noch zahlreiche andere Gründe, um sich wieder intensiver mit dem Werk des radikalen Philosophen und Kritikers der politischen Ökonomie auseinander zu setzen. Sie fügte hinzu, dass angesichts der Vielseitigkeit des Marxschen Œuvres der Ausdruck „Aktualitäten“ treffender sei. Die Hauptorganisatorin der internationalen Tagung bemerkte zudem,  dass es manchmal schwierig sei, anatomisch ausgedrückt, die genaue Position des Kopfes oder der Füße im Marxschen Werk auszumachen. Damit spielte Jaeggi auf Marx‘ berühmte Bemerkung an, worin er Hegels Dialektik als auf dem Kopf stehend bezeichnet hatte – eine Formulierung, die im Verlauf der Konferenz immer wieder herangezogen wurde. (mehr …)

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