Politische Theorie der postneoliberalen Wirtschaftsordnung – Lesenotiz zu Joscha Wullwebers „Zentralbankkapitalismus“

Die jüngsten Transformationen des finanzialisierten Kapitalismus lassen sich schwer auf einen Begriff bringen. Die Schaffung, Verbreitung und Verselbstständigung neuartiger Finanzinstrumente seit den 1980er-Jahren begünstigten die Entkopplung der Kapital- und Kredit- von der realen Produktionswirtschaft. Weil der Deregulierungswille mittlerweile jedoch merklich abgenommen hat und sich selbst treueste Anhänger von ihrer früheren Liberalisierungseuphorie distanzieren, und weil gleichzeitig Staaten- und internationale Regulierungsbehörden ihr Verhalten ändern, ist eine Diskussion um das neue Antlitz des zeitgenössischen Kapitalismus entbrannt. Lange Zeit mussten terminologische, mit dem Präfix „Post-“ versehene Hilfskonstruktionen – sei es im Sinne eines Post-Fordismus oder Post-Neoliberalismus – als Ersatzbestimmungen herhalten. Mit seiner Habilitationsschrift, die nun bei Suhrkamp erschienen ist, wagt Joscha Wullweber den ambitionierten Versuch einer solchen Bestimmung. Er legt eine elegante Zeitdiagnose vor, die Politische Ökonomie auf einem soliden politik- und gesellschaftstheoretischen Fundament betreiben möchte. Dieses Unterfangen ist äußerst ertragreich und wirft weiterführende Fragen auf, wie all das konzeptionell integriert zu werden vermag.

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