Über Pfingsten 1923 fand in Geraberg (Thüringen) die »Marxistische Arbeitswoche« statt – das erste Theorieseminar des zu Beginn desselben Jahres gegründeten Instituts für Sozialforschung. Teilnehmer:innen waren Marxist:innen und Kommunist:innen, die intellektuell an der frühen Ausrichtung des IfS mitwirkten. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens lädt das IfS für Pfingsten 2023 zur Zweiten Marxistischen Arbeitswoche ein. […]
Ideologiekritik
Die richtigen Schlüsse – Nachruf auf den kritischen Politikwissenschaftler Kurt Lenk
Eine direkte Reaktion des nun Verstorbenen auf die Zeitenwende vom Frühjahr 2022 ist dem Autor dieses Nachrufs nicht bekannt. Aber ganz sicher ist Kurt Lenk nicht überrascht gewesen, dass ein lupenreiner Faschist wie Wladimir Putin am Ende seine Drohungen wahr machte. Faschismus, als giftige Mischung aus aggressivem Nationalismus, radikal autoritär-antidemokratischer und geschichts-revisionistischer Zielsetzung, so war von diesem hervorragenden Vertreter einer neuen, demokratischen Politikwissenschaft in der Nachkriegs-Bundesrepublik zu lernen, ist in Krisenlagen moderner Gesellschaften immer möglich. (mehr …)
Zwei Veranstaltungen in Hamburg: Dante & Das Ende der Ideologiekritik
Am 12. und 13. Oktober bietet das Hamburger Institut für Sozialforschung zwei Veranstaltungen auch mit ideengeschichtlichem bzw. politiktheoretischem Bezug.
Zunächst steht am Dienstag, 12. Oktober, ab 19 Uhr im HIS die Frage „Was ist die Moderne?“ zur Diskussion und wird anhand von Achatz von Müllers neuem Buch Dante. Imaginationen der Moderne diskutiert.
Am Mittwoch, 13. Oktober, ebenfalls ab 19 Uhr im HIS, folgen ‚Erkundungen im Anschluss an Wolfgang Pohrt‘, die sich um die Frage nach einem möglichen Ende der Ideologiekritik drehen. Hier diskutieren Klaus Bittermann, Dietmar Dath und Jan Philipp Reemtsma.
Bei beiden Veranstaltungen gilt 2G und Maskenpflicht bis zum Sitzplatz. Weitere Informationen zu beiden Veranstaltungen gibt es online auf den Seiten des HIS oder auch nach dem Klick.
Bericht: Critical Theory Berlin Summer School 2018 „Re-Thinking Ideology“
Die Summer School „Re-Thinking Ideology” (16.-20. Juli 2018) an der HU Berlin bot Einblicke in die Entwicklung neuer Ansätze zur Ideologiekritik sowie Impulse für die Methodologie von (immanenter) Sozialkritik, welche jeweils auf der Verbindung der Traditionslinie der Kritischen Theorie mit gegenwärtiger analytischer Philosophie aufbauten. Ideologie wird häufig mit der marxistischen Idee des „falschen Bewusstseins“ assoziiert. Ideologien sind demnach Bewusstseinsformen, die Menschen dazu bringen, entgegen ihren Interessen zur Reproduktion der sie unterdrückenden Herrschaftsverhältnisse beizutragen. Ideologische Bewusstseinsformen haben gleichzeitig subjektiv bedürfnisbefriedigenden Gehalt und laufen „objektiven“ Interessen zuwider. Die Assoziation von Ideologie mit „falschem Bewusstsein“ führt eine Hauptschwierigkeit heutiger Ideologiekritik direkt vor Augen. Die Idee des „falschen Bewusstseins“ impliziert eine Kluft zwischen Ideologiekritikern und denjenigen, die unter „falschem Bewusstsein“ leiden. Diese Kluft äußert sich in der paternalistischen Behandlung letzterer, denen jede Urteilskraft abgesprochen wird und deren Bewusstseinsformen und Handlungen als Ausdruck von Illusionen verstanden werden, während die Ideologiekritiker beanspruchen, Erkenntnis objektiver Interessen zu besitzen. Der Erfolg neuer Ansätze in der Ideologiekritik hängt davon ab, ob sie einen Ausweg aus dieser Schwierigkeit finden.
Podcast: Fabian Freyenhagen – Orthodoxie als Zukunft der Kritischen Theorie?
Was ist die Quintessenz der Kritischen Theorie? – fragt Fabian Freyenhagen in seinem Vortrag, den er in ähnlicher Form bereits im Rahmen der Berufungsvorträge für die Honneth-Nachfolge auf dem Lehrstuhl für Sozialphilosophie der Universität Frankfurt gehalten hat. Freyenhagen macht zu Beginn seines Vortrags die Kombination aus Ideologiekritik, die statt auf eine Rechtfertigung der Verhältnisse auf deren Kritik zielt, und das Denkbild der Sozialen Pathologien zum Alleinstellungsmerkmal der Kritischen Theorie. In einer parteiischen Welt hat die Kritische Theorie ein Interesse an der Emanzipation. Es sind diese Annahmen, vor denen er nun plausibel machen will, dass Kritische Theorie um kritischen zu sein, auf ein Begründungsprogramm, wie es sich bei Jürgen Habermas, Axel Honneth und Rainer Forst findet, gerade verzichten muss. Ein Begründungsprogramm setzt einen neutralen Standpunkt voraus, arrangiert sich so immer schon mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und reproduziert in seinem Argumentationsgang letztlich deren Begriffe – wodurch der ideologiekritische Zugang verlorengeht. Mit dem Begriff der Sozialen Pathologien versucht Freyenhagen, diese unbequeme Stellung ohne Rückgriff auf gesellschaftlich anerkannte Begriffe und übergesellschaftliche Subjekte philosophisch haltbar zu machen. Gesellschaftliches Unrecht geht, so Freyenhagen, der Theoriebildung voraus und statt auf Begründung, die der Theorie das Primat einräumt, muss die Kritische Theorie deshalb auf Sichtbarmachung des Unrechts setzen – Folter ist an sich falsch, es bedarf keiner Begründung um das zu erkennen.
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Im Bann der Falschheit. Wolfgang Streecks Wiederaufnahme der Kapitalismuskritik
Rezension zu Wolfgangs Streecks »Gekaufte Zeit: Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus, Berlin, Suhrkamp, 2013«
In seinem beeindruckenden Buch knüpft Wolfgang Streeck an die »Spätkapitalismus«-Theorien der 1960er und 1970er Jahre an. Deren erwartete krisenpolitische Sequenz lautete wie folgt: Im Unterschied zum klassischen Kapitalismus der Vorkriegszeit (lies: dem »goldenen Zeitalter« des fordistischen Kapitalismus) sei heute für jeden sichtbar, dass sich der Wohlstand zu ganz erheblichen Anteilen staatlichen Eingriffen in den nach wie vor kapitalistischen Akkumulationsprozess verdanke. Dadurch aber könne eine Konstellation auftreten, in der Erwartungen der Menschen an Wohlstandszuwächse und Spielräume zur individuellen Entfaltung schneller wachsen als es eine weiterhin auf stabile Ertragsaussichten angewiesene Kapitalakkumulation erlaube. Aus dem Interessenkonflikt zwischen den Ertragsansprüchen der Kapitalbesitzenden und den wohlfahrtsstaatlich geweckten Entfaltungserwartungen der demokratisch Regierten wurde die Entstehung sozialer Bewegungen erwartet – wohl auch erhofft –, die eine Demokratisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat auf die Tagesordnung setzen. (mehr …)
Raymond Geuss in Jena
In der kommenden Woche (5.-9.12.2011) ist Raymond Geuss zu Gast am Jenaer Forschungszentrum Laboratorium Aufklärung. Seine kritischen Thesen, die er insbesondere in der Streitschrift ‚Philosophy and Real Politics‚ vertritt, haben in der politischen Theorie und Philosophie große Resonanz erzeugt – zuletzt etwa auf der Herbsttagung der DVPW-Theoriesektion (wir berichteten). In Jena wird Geuss zwei Vorträge halten, ein Seminar geben und an der internationalen Tagung „Die Bildung der Moderne“ teilnehmen. Hier geht’s zum Überblick über die Veranstaltungsreihe. Auch kurzentschlossen Interessierte sind herzlich eingeladen, an den Veranstaltungen teilzunehmen.
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