Souveränität als Macht im Dienste des Friedens             

Zum Start unserer Blogpost-Reihe zum Thema Souveränität erinnert Laetitia Ramelet daran, dass Souveränität nicht zuletzt bei Hobbes und Pufendorf im Dienst des Friedens steht.

Wer Souverän oder Souveränin ist, verfügt über die oberste Gewalt innerhalb eines Staates und ist von keiner anderen Instanz abhängig, weder im In- noch im Ausland. Zumindest entspricht dies der Auffassung berühmter Staatstheoretiker wie Jean Bodin, Thomas Hobbes oder Samuel Pufendorf, die den Begriff weit über die frühe Neuzeit hinaus entscheidend geprägt haben. Ihnen zufolge soll Souveränität absolut sein, was heißt, dass ihr keine institutionellen Schranken gesetzt werden dürfen − nicht einmal, um eventuelle Machtmissbräuche zu verhindern. Viele sehen hier eine extreme Auffassung des Begriffs, die staatlicher Willkür Tür und Tor öffnet. Aus diesem Grund ist jedoch eine andere interessante Facette dieser Theorien in Vergessenheit geraten. Bei diesen Autoren ist Souveränität mit einer Reihe von moralischen Verpflichtungen verknüpft, die alle darauf abzielen, den Frieden zu gewährleisten. Aus Sicht von Hobbes und Pufendorf bildet der Frieden nämlich den primären Zweck des Staates sowie den Grund für die Zustimmung der Staatssubjekte zur Autorität der Herrschenden. Gerade jetzt, wenn sich Krisen kumulieren, Polarisierung droht und sich Grundsatzfragen zu unserem Verhältnis zur Macht des Staates aufdrängen, kann dieses Verständnis von Souveränität Inspiration bieten. Es basiert nämlich auf einer Grundsatzüberlegung zu den Voraussetzungen eines Lebens in politischer Gemeinschaft. (mehr …)

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Nur das Ganze ist das Wahre? Metaphysik als politisches Denken. Lesenotiz zu Armen Avanessians „Metaphysik zur Zeit“

Metaphysik ist, das gemahnte Kant, und vor ihm schon Thomas Hobbes, ein „Kampfplatz“. Für Kant ist Metaphysik ein Kampfplatz, weil es ihr um Dinge und Grundsätze geht, die jenseits der Erfahrung liegen (die Welt im Ganzen, Gott) und dadurch immer nur Gegenstand des argumentativen Widerstreits sein können (KdV, 1. Aufl., Vorrede). Für Hobbes eignet der Metaphysik eine brisante politische Wirksamkeit: Metaphysik stützt Herrschaft und Autorität. Metaphysischen Lehren und Programmen sei daher immer mit der Frage cui bono? zu begegnen (Leviathan XLVI–VII). Auch Armen Avanessian weist in seiner neuen Publikation „Metaphysik zur Zeit“ auf den politischen Charakter von Metaphysik hin: „Schlechte Metaphysik dient stets einer ebensolchen Politik“ (S. 48). Metaphysik steht traditionell für das Ziel, die Welt in ihrer Totalität erfassen und verstehen zu wollen. Wer sich dem hehren Denkformat der Metaphysik verschreibt, will also aufs Ganze gehen, die großen Kategorien bearbeiten, im Kampf um das Gute und Böse mitmischen – genau das macht Armen Avanessian, und nimmt einige Spannungen in seinem Unterfangen in Kauf.  (mehr …)

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Podcasts der Konferenz „The Politics of Interpretation and the Interpretation of Politics“

Seit einigen Jahren stoßen innerhalb der Politischen Theorie geführte Methodendiskussionen in Deutschland und anderenorts auf großes Interesse. Nachwuchs-Workshops in Hamburg und Manchester sowie die letzte DVPW-Tagung in Bremen (wir berichteten) sind hierfür beispielhaft. Selten werden Bezüge zu Ansätzen in Nachbardisziplinen gezogen und die Frage, ob die gängigen Methoden selbst politisch motiviert sind, wird kaum diskutiert. Eine im letzten Herbst in Oxford stattfindende Konferenz setzte sich zum Ziel, genau diese Fragen in den Blick zu nehmen (einen Bericht über die Konferenz mit weiteren Informationen findet man hier). Zu den namhaften Sprechern gehörten u.a. Terence Ball, Mark Bevir, John G. Gunnell und Stanley Rosen. Diskutiert wurden hermeneutische und feministische Ansätze ebenso wie die von Quentin Skinner und Leo Strauss. Nun wurden die Podcasts der Konferenz veröffentlicht. Die entsprechenden Links gibt es hier und hier. Viel Spaß beim Zuhören!

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Honneth-Lesekreis (1) Honneths geschichtsteleologische Rekonstruktion sozialer Freiheit

Einleitung (Gerechtigkeitstheorie als Gesellschaftsanalyse), Teil I (Die negative Freiheit und ihre Vertragskonstruktion) und Teil II (Die reflexive Freiheit und ihre Gerechtigkeitskonzeption) (S. 14-80) 

Die Politische Theorie ist eine besonders selbstreflexive Disziplin. Mehr noch als ihre Kollegen in anderen Fachbereichen stellen politische Theoretiker turnusmäßig die Methoden und Ziele ihrer Disziplin in Frage. So lautet eine vielfach geäußerte Kritik, dass die Politische Theorie zu ahistorisch und normativ verfahre, wenn sie sich an abstrakten Gedankenspielen ergötze, anstatt die politische Realitäten in den Blick zu nehmen. Der Tenor dieser Kritik lautet somit: Zuviel Theorie, zu wenig Politik. Andererseits ernten diejenigen, die sich komplexen historischen Fallstudien oder tagespolitischen Fragen zuwenden, nicht weniger Kritik, da sie — so der bekannte Vorwurf — vermeintlich zu wenig theoretische Tiefe zeigen. Ob sie nun zeitlos oder zeitgebunden verfahren, es scheint als könnten politische Theoretiker es ihren Kollegen nie recht machen.

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Philosophie bei Radio 4

Im deutschen Fernsehen gibt es eine „philosophische“ Quatschrunde, die das Kunststück fertigbringt, in der Regel ganz ohne Philosophen auszukommen. In Großbritannien gibt es  „In Our Time„: Bei BBC Radio 4 diskutiert Melvyn Bragg mit akademischen Gästen im wöchentlichen Wechsel historische, naturwissenschaftliche, religiöse und eben philosophische Themen. 70 Podcasts können in der Rubrik Philosophy runtergeladen werden, z.B. eine Sendung zu Hobbes mit Quentin Skinner,  zur Frankfurter Schule mit Raymond Geuss oder zum Thema Freiheit mit Bernard Williams. God save the BBC!

[via Political Theory]

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