Am 16. Februar 2011 meldete die Süddeutsche Zeitung, dass der Bremer Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano im Zuge einer Rezension für die „Kritische Justiz“ eine erhebliche Anzahl plagiierter Textstellen in der Dissertation des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg gefunden habe. Was folgte, war die öffentliche Autopsie einer einmalig zusammengeklauten Promotionsschrift, der Rücktritt zu Guttenbergs und ein relativ amüsanter Sat1-Fernsehfilm, der sich das satirische Potenzial des wissenschaftlichen Fehlverhaltens des Ministers zu Nutze machte. Nach einem Beschluss der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vom Mai diesen Jahres wäre die Aufdeckung des Plagiats durch Fischer-Lescano und die anschließende Dokumentation der Textentnahmen auf GuttenPlag.de nun selber ein Fall für die Disziplinarausschüsse. Die HRK ist der Ansicht, dass derjenige, der wissenschaftliches Fehlverhalten öffentlich dokumentiert, selber „regelmäßig“ gegen die gute wissenschaftliche Praxis verstoße, wenn er oder sie nicht zunächst eine Entscheidung der betroffenen Hochschule abwartet. In dem Beschluss der HRK lautet der entsprechende Passus wie folgt: (mehr …)
Guttenberg
Öl ins Feuer: Zur Politik des Plagiats
Plagiate, überall Plagiate! Wohin die wachsamen Augen der selbsternannten „Plagiatsjäger“ schweifen, erblicken sie das heiß begehrte Wild. Mag es sich auch noch so gut im Dickicht Tausender Fußnoten oder hinter sorgsam errichteten Schleiern verborgen wähnen, anonyme Treiber, googlende Jagdhunde und Angehörige intellektueller Schützenvereine spüren es auf und erfreuen das Publikum mit der nächsten Hatz quer durch die begeistert berichtenden Medien. Ob Jura, Theologie, Geschichte oder BWL, ob Verteidigungsminister, Europaparlamentarier oder Bildungsministerin, Deutschland ist im Plagiatefieber – und seine Politiker_innen liefern.
Nun soll hier, um die geneigten Leser_innen gleich zu beruhigen, weder ein Loblied auf das Abschreiben, noch eine Entschuldigung für ein mehr oder minder absichtsvolles Vergessen von Quellenangaben geliefert werden. Doch angesichts einer Diskussion, die sich nicht entblödet, „Lebensleistung“ gegen „handwerkliche Fehler“ zu verrechnen, soll einmal nachgefragt werden, welche Voraussetzungen und Implikationen in der Skandalisierung von Plagiaten im Spiel sind. Zugespitzt gefragt: Welcher Logik folgen Plagiatsvorwürfe und welche Politik betreiben sie? Lässt sich eine „Politik des Plagiats“ identifizieren? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sehe ich drei Punkte, die helfen mögen, die Debatte in andere Bahnen zu lenken: (mehr …)
Inszenierung als Beruf – „Guttenbergen“ und „Wulffen“ als neuer Politikstil?
In der Debatte um Fehlverhalten, Krisenmanagement und Wahrheitsbegriff unseres Bundespräsidenten erheben sich bekanntermaßen längst nicht alle Beiträge über das Niveau schaulustiger Empörung: Die Leistung von „Bild“ ist nicht die heroische Verteidigung der Pressefreiheit, sondern die Boulevardisierung auch gehobener deutscher Printmedien nach ihrem eigenen Vorbild. Nach den Gesetzen des Boulevardjournalismus, den in den letzten Wochen auch FAZ, SZ etc. gefolgt sind, musste die investigative Erregung freilich sukzessive abflauen. Was am Ende trotz der oft oberflächlichen Medienempörung bleibt, ist nicht nur Wulff im Amt, sondern im besten Falle auch ein paar grundlegendere Überlegungen und Erkenntnisse zum Verhältnis von Person, Staatsamt und Medienöffentlichkeit, und zur Selbst- und Fremdinszenierung in der Politik. Ganz ähnlich verlief die Guttenberg-Skandaldramaturgie vor nicht einmal einem Jahr. (mehr …)
Plagiarimus und der Fall Guttenberg – Weit mehr als ein Kavaliersdelikt
Karl Theodor zu Guttenberg soll Teile seiner 2007 veröffentlichten Doktorarbeit plagiiert haben. Die Debatte darüber läuft auf Hochtouren, Guttenberg Fans und Gegner liegen sich in den Haaren. Mittlerweile hat er erklärt, dass die Arbeit kein Plagiat sei, er aber bis zur Klärung vorübergehend auf den Doktortitel verzichten werde und es sich, wenn Fehler nachgewiesen würden, lediglich um wissenschaftliches Fehlverhalten handeln würde. Während sich die Debatte allerdings mehr auf die Person Guttenbergs und die politischen Konsequenzen konzentriert, soll in diesem Artikel nochmal auf das wissenschaftliche Fehlverhalten und dessen Bewertung eingegangen werden. (mehr …)
Minister zu Guttenberg würdigt die Bundeszentrale für politische Bildung
Karl-Theodor usw. zu Guttenberg hat, wie die SZ berichtet, in seiner Doktorarbeit möglicherweise das eine oder andere Anführungszeichen vergessen. Ob die Vorwürfe zutreffen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber was wäre natürlicher, als dass sich bei mehr als 400 Seiten und über 1000 Fußnoten schwuppsdiwupps Auszüge aus einem Artikel der NZZ oder einer Analyse des hoch angesehenen „Liechtenstein-Instituts“ („Das Liechtenstein-Institut will mit seiner Tätigkeit einen verantwortungsvollen Beitrag zur Beschäftigung mit Liechtenstein und zum liechtensteinischen Selbstverständnis leisten“) in eine Doktorarbeit schmuggeln? (mehr …)
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