Alles, was zählt? Über Statistik und Politik

Zum ersten Mal seit über zehn Jahren findet dieses Jahr in Deutschland wieder eine Volkszählung statt. Der Begriff mag heute altmodisch anmuten: In einer Zeit, in der Kühlschränke IP-Adressen haben, lässt der ‚Zensus‘ eher an das vierte Buch Mose denken, in dem die Stämme Israels gezählt werden. Doch sind Volkszählungen, so der Historiker Jürgen Osterhammel, die „Urform“ eines „kontinuierlichen self-monitoring von Gesellschaft“. Von dieser Feststellung ausgehend, möchte ich im Folgenden das Verhältnis von Politik und Statistik unter drei Aspekten näher diskutieren. Erstens ist die Statistik eine wesentliche Form einer Regierungskunst, die mittels Freiheitsgraden, Objektivität und Nähe funktioniert. Dem entsprechen zweitens spezifische Pathologien, die in Gestalt von ‚Gegenstatistik‘ und Datenschutz unterschiedliche demokratische Antworten hervorgerufen haben. Zuletzt argumentiere ich, dass es heute jedoch vor allem die Kategorisierungsleistung von Statistik ist, die auf Widerspruch trifft – ein Vorwurf, der politiktheoretisch ambivalent bleibt. (mehr …)

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