Debatte: Sorge

Liebe Leser*innen!

in unserem vierten Call for Blogposts haben wir – nach Calls zu den Begriffen „Heimat“ (2018), „Solidarität“ (2019) und „Neuanfang“ (2020) – zu Beiträgen zum Thema „Sorge“ aufgerufen und dabei nach politischen bzw. politiktheoretischen oder politikphilosophischen Bedeutungen dieses Begriffs gefragt.

Auch in diesem Jahr war das Interesse groß und uns haben viele spannende Texte erreicht. Ein erster Dank geht deshalb zunächst an alle, die einen Text eingereicht haben.

In den nächsten drei Wochen veröffentlichen wir nun eine facettenreiche Auswahl von Beiträgen, die Begriff und Idee der Sorge aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Dabei werden unterschiedliche Dimensionen der Sorge und des Sorgens herausgearbeitet und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Politik bzw. das Politische diskutiert.

Pro Woche erscheinen zwischen Dienstag und Donnerstag zwei bzw. drei Texte. Los geht es diese Woche mit zwei grundlegenden, aber doch ganz unterschiedlichen Beiträgen von Regina Schidel zu einer Politik der Sorge und Benjamin Ewert zu Für-, Nach- und Vorsorge im Sozialstaat. Woche Zwei rückt die Idee der „Sorge um die Seele“ (Leonhard Riep) bzw. der Selbstsorge (Manuel Schulz) in den Fokus. Woche Drei schließlich wendet sich praktischen Fragen rund um Sorge und Sorgen zu – mit Beiträgen zu Sorge und Aktivismus (Liza Mattutat), Sorge als lustvoller Praxis (Feline Tecklenburg) und Sorge und Widerstand (Jasmin Behrends).

Alle Beiträge werden wir bei Erscheinen hier – nach dem Klick – verlinken, so dass dieser Post auch als Übersicht über die Debatte dient.

Alle Leser*innen und Beiträger*innen laden wir an dieser Stelle herzlich ein, in den Kommentarspalten aktiv mitzudiskutieren. Wie immer sind alle Meinungen, Kritik, Ergänzungen und Perspektiven willkommen, damit wir gemeinsam eine möglichst lebendige und vielfältige Debatte erleben.

(mehr …)

Weiterlesen

Den Staat wieder spüren – Heimat und Infrastruktur

— Amina Nolte und Carola Westermeier richten zum Start der letzten Woche unserer Heimat!?-Reihe den Blick auf die Bedeutung von Infrastruktur und damit auf die materielle Dimension von Heimat und Heimatpolitik. —

„Zusammenhalt“ und „gleichwertige Lebensverhältnisse“ sind die erklärten Ziele des Bundesministeriums des Innern, für Bau und – seit dieser Legislaturperiode – Heimat. Viele öffentliche Beiträge, die sich mit dem Heimatbegriff beschäftigen, haben darauf aufmerksam gemacht, dass Diskurse um Zugehörigkeit auch immer Ausgrenzungsprozesse erzeugen und dass ein Gefühl von Heimat mitunter Ergebnis eines langen Prozesses sein kann. Was in diesen Diskussionen wenig Beachtung gefunden hat, sind die sich konkretisierenden politischen Maßnahmen, die keineswegs nur auf Identitätsdiskurse und Leitkultur abzielen, sondern eine durchaus handfeste materielle Dimension implizieren. Ganz konkret geht es dem Bundesministerium in Bezug auf Heimat weniger um Emotionen und Identitäten als „um Infrastruktur, um Kultur, um Daseinsvorsorge. Da müssen sehr handfeste strukturpolitische Entscheidungen getroffen werden,” wie der Abteilungsleiter des neuen Heimatministeriums kürzlich im STERN erklärte. Auf diese Weise bekommt der eher abstrakte und umstrittene Heimatbegriff mittels des scheinbar unproblematischen Begriffs der Infrastruktur eine konsensfähige materielle Grundlage. Denn angesichts maroder Straßen, schlechter Netzversorgung und chronisch überlasteter Bahntrassen wird der Aufruf zum Infrastrukturausbau gemeinhin sehr begrüßt. Der Ausbau und Betrieb von Infrastrukturen als zentralen Versorgungssystemen, die Gesellschaft erst ermöglichen, steht jedoch in einem engen Zusammenhang mit dem Ausbau der Sicherung eben dieser Systeme. Infrastrukturpolitik, hier verstanden als techno- und biopolitische Regierung der Gesellschaft, wird somit zum Gegenstand sicherheitspolitischer Bedenken und Maßnahmen, durch die staatliche Akteure in Kooperation mit privaten Anbietern ihren Zugriff auf die Bevölkerung unhinterfragt ausbauen können. Der Zusammenhang von Heimat, (privatisierter) Infrastruktur und Sicherheit soll deshalb in diesem Beitrag einer kritischen Analyse unterzogen werden. (mehr …)

Weiterlesen