Lesenotiz: Die antagonistische Wette der Gesellschaftstheorie – Zu Oliver Marchart „Das unmögliche Objekt“

„Das Soziale existiert nur als der vergebliche Versuch, dieses unmögliche Objekt zu instituieren: Gesellschaft“ – dieses Zitat Ernesto Laclaus ist Programm für Oliver Marcharts jüngste Monographie Das unmögliche Objekt. Eine postfundamentalistische Theorie der Gesellschaft (2013). Marchart setzt sich hier die Aufgabe, die postfundamentalistische Theorie des Politischen –  allen voran die Hegemonietheorie Mouffes und Laclaus – durch eine Theorie der Gesellschaft zu ergänzen. Ist das Politische der Name für das Instituierungsmoment des Sozialen, so steht Gesellschaft für dessen Schließung zur strukturierten und stabilisierten Totalität. Die Gesellschaft ist die Rückseite des Politischen. Sie konstituiert sich überall dort, wo politische Dynamiken zu stabilen sozialen Verhältnissen verhärten. Die Profilierung des Politischen und der Gesellschaft als den beiden Grunddimensionen des Sozialen bleibt allerdings in Das Unmögliche Objekt bloße Absichtserklärung. Wie ich durch die Rekonstruktion von Marcharts Argumentation zeigen werde, bringt er seinen ursprünglichen Gegenstand, die Gesellschaft, in restlose Abhängigkeit zum Politischen, er löst Gesellschaft geradezu im Politischen auf. Zwar kündigt Marchart an, Gesellschaftstheorie auf postfundamentalistischem Wege zu neuer Relevanz zu verhelfen (I). Tatsächlich aber geht es ihm nicht um die Theoretisierung, sondern um die Dekonstruktion von Gesellschaft im Namen des Antagonismus, der politischen Kategorie par excellence (II). Was dabei untergeht, ist die postfundamentalistische Theorie der Gesellschaft, die Das Unmögliche Objekt eigentlich entwerfen wollte (III). (mehr …)

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