Unter dem Titel „Merkels von Demoskopie geleiteter Opportunismus“ rechnet Jürgen Habermas in der SZ mit der schwarz-gelben Koalition ab. Sehr lesenswert. Weniger erfreulich ist allerdings, dass Süddeutsche.de den Gastbeitrag von Habermas quasi als Klickstrecke gestaltet hat. Auf acht (!) Seiten wird ein Text von ca. 2800 Wörtern gestreckt, d.h. ganze 350 Wörter werden dem Leser im Schnitt pro Seite gegönnt. Ein Abschnitt ist gar nur 180 Wörter lang. Das ist noch nicht ganz Twitter-Format, aber es nähert sich bedenklich an. Der Rest der Seite wird von Anzeigen und – richtig – Klickstrecken gefüllt: Die schönsten Schnappschüsse vom schwarz-gelben Niedergang. Liebe SZ, ich hoffe die Werbemillionen fließen reichlich!
P.S.: Zum Vergleich: Dieser Beitrag besteht aus 123 Wörtern.
Bizarres
Minister zu Guttenberg würdigt die Bundeszentrale für politische Bildung
Karl-Theodor usw. zu Guttenberg hat, wie die SZ berichtet, in seiner Doktorarbeit möglicherweise das eine oder andere Anführungszeichen vergessen. Ob die Vorwürfe zutreffen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber was wäre natürlicher, als dass sich bei mehr als 400 Seiten und über 1000 Fußnoten schwuppsdiwupps Auszüge aus einem Artikel der NZZ oder einer Analyse des hoch angesehenen „Liechtenstein-Instituts“ („Das Liechtenstein-Institut will mit seiner Tätigkeit einen verantwortungsvollen Beitrag zur Beschäftigung mit Liechtenstein und zum liechtensteinischen Selbstverständnis leisten“) in eine Doktorarbeit schmuggeln? (mehr …)
Reinhard Brandt zum „Weltkongress der Philosophie“ im Iran
Im Anschluss an diese kleine Diskussion, hier ein Link zu einem Reisebericht von Reinhard Brandt, der an dem zunächst von der UNESCO initiierten „Weltkongress der Philosophie“ in Teheran teilgenommen hat. Zwar hat die UNESCO nach öffentlichen Protesten ihre Schirmherrschaft für den Kongress im November zurückgezogen, die Veranstaltung fand aber trotzdem statt und Brandt hat sich diese Erfahrung nicht nehmen lassen. Pretty scary.
Die deutsche Stimme der FAZ
Die FAZ ist eine erstaunliche Zeitung: Diesen Mittwoch gab es auf der Geisteswissenschaften-Seite den wohl bisher klügsten und differenziertesten Beitrag (Paywall) zur unseligen Sarrazin-Debatte von dem Münchner Soziologen Armin Nassehi. Nur zwei Tage später findet sich im Feuilleton ein Stück von Regina Mönch zur sogenannten „Deutschenfeindlichkeit“ von muslimischen Jugendlichen, das an plumpem Ressentiment in der hiesigen Presselandschaft wohl nur noch von Leitartikeln in der National-Zeitung – oder den Leserkommentaren auf faz.net – überboten wird. (mehr …)
Der Sender der Dichter und Denker
Diese Woche widmet man sich bei 3Sat den zeitlosen, tiefen Fragen unserer Existenz. Um nichts geringeres als den „Sinn des Lebens“ geht es in der gleichnamigen Themenwoche. Heute Abend um 21.00 Uhr wird diesem in einer Gesprächsrunde (der Begriff Talkshow scheint hier nicht wirklich angemessen) 60 Minuten lang nachgegangen. Die Sendung heißt „Fragen – Philosophie im Gespräch“ und stellt ihr löbliches – und für das deutsche Fernsehen ambitioniertes – Anliegen wie folgt vor: (mehr …)
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