In den vergangenen Jahren ist Claude Lefort im deutschsprachigen Raum vor allem als Radikaldemokrat in Erscheinung getreten, spätestens seit seiner Erwähnung als einer der zentralen Referenz-Autor:innen im Handbuch Radikale Demokratietheorie. Wenn man allerdings auf den französischsprachigen Raum blickt, zeichnet sich ein etwas anderes Bild: Es fällt vor allem auf, dass Lefort vielschichtiger gelesen wird. So wird beispielsweise seine eigenwillige Lese- und Denkmethode, die auch literarische Texte miteinschließt, herausgestrichen, seine Interpretationen demokratischer Ereignisse in Ländern der ehemaligen Sowjetunion beleuchtet sowie Verbindungen zur Psychoanalyse herausgestellt. Die radikaldemokratische Auslegung stellt dabei nur eine der zahlreichen Facetten seines Denkens dar.
Deswegen möchte dieser Beitrag zum einen dafür argumentieren, Lefort nicht nur als Radikaldemokraten zu verstehen, sondern, inspiriert von französischsprachigen Auseinandersetzungen, vielschichtiger zu lesen, beispielsweise als eigenwilligen Machiavelli- oder LaBoétie-Interpreten, oder literarisch versierten politisch-phänomenologischen Philosophen. Zum anderen ergäben sich aus dieser komplexeren Lesart neue Perspektiven für radikaldemokratische Auslegungen, beispielsweise in Bezug auf sein Demokratie- und Politikverständnis. Um diesen möglichen Horizont aufzuzeigen, soll nun im Folgenden, nach einem kurzen Blick auf den deutschsprachigen Raum, die breitere französischsprachige Rezeption schlaglichtartig beleuchtet werden.
(mehr …)
Weiterlesen
Neueste Kommentare