Blogdebatte: Epochalisierung als ideengeschichtliches Argument in der Politischen Theorie

Im Rahmen unserer Blogpost-Reihe zum Verhältnis von Politischer Theorie und Ideengeschichte fragt Marcus Llanque nach der Bedeutung von Epocheneinteilung für die Legitimation von Politischen Theorien.

Theorien können bekanntlich deskriptiv wie normativ begründet werden; die ideengeschichtliche Argumentation fügt diesen Strategien weitere hinzu, eine davon ist die Legitimation durch Epochalisierung. Der Akt der Einteilung von Geschichte in Epochen, Ären, Perioden, Zeitaltern war nie nur rein archivarischer Art. Von Beginn an bedeutete die Abgrenzung nach Epochen ein Werturteil, das nicht nur die chronologische Positionierung betrifft, sondern auch die inhaltliche Bedeutung. Periodisierungen, vor allem Epochalisierungen fügen die ideengeschichtliche Zeit als Argument in die Politischen Theorie ein. Jede Bestimmung eines Zeitalters, in welchem die eigene Gegenwart sich angeblich befinden soll, nimmt eine ideengeschichtliche Argumentation vor, die theoretische Konsequenzen hat, denn aus ihr folgt die anhaltende Relevanz der einen Texte und die historische Marginalisierung anderer.

(mehr …)

Weiterlesen

Politische Ideengeschichte als immanente Kritik: Nachruf auf Iring Fetscher (1922-2014)

Iring Fetscher ist in erster Linie für seine Arbeiten zur Politischen Ideengeschichte bekannt geworden. Er edierte bedeutende Werke selbst oder leitete ihre Edition an (von Arbeiten von Auguste Comte bis zu Hobbes‘ Leviathan, von umfangreichen Kompilationen zu Arbeiten zum Marxismus bis zu den politischen Hauptwerken von Lenin). Mit den fünf Bänden zum Gesamtüberblick zur Politischen Ideengeschichte im Piper-Verlag, die er zusammen mit Herfried Münkler veranstaltete, liegt ein Werk vor, das in dieser Breite und mit ihrem auch außereuropäischen Blick weiterhin Standards setzt. Aber Fetschers wissenschaftliches Werk ist deswegen keineswegs primär historisch gewesen. Neben die Tradierung und Kultivierung der Ideengeschichte treten zahlreiche Arbeiten zu politischen Grundfragen, mit denen er in zentrale Debatten ihrer Zeit intervenierte. Bei genauerer Betrachtung erkennt man ferner, dass auch die ideengeschichtlichen Arbeiten politische Interventionen darstellten, denn die Ideengeschichte war für Fetscher kein von anderen Teildisziplinen der Politikwissenschaft isoliertes Gebiet, sondern eine Form politischer Argumentation. Politische Ideengeschichte war für Fetscher immanente Kritik. (mehr …)

Weiterlesen