Utopie trifft Realismus: Rawls’ Konzeption idealer und nicht-idealer Theorie

John Rawls’ Theory of Justice avancierte nicht nur aufgrund von mittlerweile weithin bekannten theoretischen Innovationen, wie etwa dem Urzustand oder dem Schleier des Nichtwissens, zu einem der einflussreichsten Werke der politischen Theorie und Philosophie der letzten Jahrzehnte. Es enthält auch etliche weitere Ideen, die das normative politische Denken geprägt haben. Eine dieser Ideen ist die Unterteilung in ideale und nicht-ideale Theorie, die Rawls eher beiläufig in seinem Buch einführt. Insbesondere seine Vorstellung von idealer Theorie hat sich nach der Veröffentlichung der Theory of Justice zu einem dominanten Ansatz der normativen politischen Theorie und Philosophie entwickelt. Eine inhaltliche Debatte um die Unterteilung und ihre Implikationen setzte jedoch erst Anfang der 2000er-Jahre insbesondere mit der Kritik an der idealtheoretischen Ausrichtung der politischen Theorie und Philosophie ein. Diese Debatte berührt Grundfragen bezüglich der Art und Weise, wie politische Theorie und Philosophie betrieben werden sollten, insbesondere im Hinblick auf die Erörterung und normative Beurteilung politisch-praktischer Fragen. In meinem Beitrag will ich diese Debatte etwas näher beleuchten und einen Ausblick auf Möglichkeiten einer stärker praktisch beziehungsweise kritisch orientierten Ausrichtung des normativen politischen Denkens geben, die sich jedoch nach wie vor in dem von Rawls gesetzten Rahmen bewegen.

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