Krieg und Frieden. Mit Kant gegen den islamischen Extremismus (Erster Teil: Das Staatsrecht)

Dieser Text entstand ursprünglich in Reaktion auf die Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015. Die Anschläge in Brüssel am 22. März 2016 unterstreichen in schmerzlicher Weise die Dringlichkeit der darin aufgeworfenen Fragen. In Zeiten der Stabilität fristet die Rechtsphilosophie eher ein Schattendasein. Sie erscheint als Magd, die der mit staatlicher Macht ausgestatteten Juristerei die Schleppe nachträgt. Doch in Krisenzeiten, wenn das überkommene positive Recht durch veränderte Realitäten fundamental herausgefordert, ja prekär wird, erwacht das fast vergessene Bedürfnis nach einem Anker im Strom der Zeit. In der Krise zeigt sich, dass die Philosophie ihrer vermeintlichen Herrin tatsächlich die Fackel voranträgt. Die Bedeutung der Rechtsphilosophie im Verhältnis zur positiven Rechtswissenschaft liegt in ihrem Gegenstand und Erkenntnisinteresse, ihrer Freiheit und gleichzeitigen Rückgebundenheit an das empirische Recht. Sie soll – von staatlicher Aufsicht unbehelligt – den Begriff von Recht (und Unrecht) überhaupt und allgemein gültige Grundsätze für die Gesetzgebung aufstellen. Sie ist Kritik (oder Affirmation) des bestehenden und Triebmotor des zukünftigen Rechts.

Immanuel Kants Rechtsphilosophie (Metaphysik der Rechtslehre/Naturrecht), die er als Teil der praktischen Philosophie betrachtete, ist mehr als 220 Jahre alt und doch immer noch eine gute Richtschnur, um die Probleme gegenwärtiger Krisenzeiten zu durchdenken. Das gilt für aktuelle Fragen von Migration und Asyl wie auch für die Auseinandersetzung mit dem islamischen Extremismus. In diesem ersten Teil widme ich mich Aspekten seines Staatsrechts. (mehr …)

Weiterlesen

Rettet Kant vor den neuen Kosmopoliten!

Eine Entgegnung auf Nikita Dhawans Essay „Aufklärung vor Europäern retten

Immanuel Kants Schrift Zum ewigen Frieden ist der zentrale Bezugstext der letzten kosmopolitischen Welle, die Anfang der 1990er Jahre eingesetzt hat. Jürgen Habermas, Seyla Benhabib und viele andere politische Philosophinnen und Philosophen haben insbesondere den dritten Definitivartikel wiederentdeckt: das Weltbürgerrecht. So auch Nikita Dhawan in ihrem Text in der taz vom 5. Mai 2015 über die europäische Flüchtlingspolitik. Das Problem ist, dass sich Dhawan – wie so viele Interpreten zuvor – bei ihrer Kant-Lektüre von den eigenen Wünschen überwältigen lässt. Wer den großen Philosophen für sich in Anspruch nehmen will, muss aber zuallererst Wert auf ein sorgfältiges Verständnis seiner Rechtsphilosophie legen. Nur dann kann eine Übertragung auf heutige Fragen, wie die Asyl- und Migrationspolitik der EU, gelingen. (mehr …)

Weiterlesen