Krisen: Depolitisierung und ihre Anfechtung

Den zweiten Beitrag zum Forum „Krise und Normkontestation“ steuert Christian Kreuder-Sonnen bei.

Akute, existentielle Bedrohungen, die unter Zeitdruck politische Antworten erfordern, lassen wenig Raum für argumentative Auseinandersetzung. Die in solchen Krisen eingesetzten politischen Mittel und Maßnahmen entziehen sich daher zumindest kurzfristig oft tiefgehender Anfechtung (Kontestation). Wie ich in diesem Beitrag argumentiere, stellen Krisen jedoch in mindestens zweierlei Hinsicht auch Treiber von spezifischen Praktiken der Normkontestation dar. Zum einen können notstandspolitische Maßnahmen selbst eine verhaltensbezogene Form der Normkontestation darstellen, indem sie in der Praxis mit gewissen Normen brechen und andere Normen implementieren. Zum anderen führt die diskursive Depolitisierung der akuten Krisensituation – gekoppelt mit weitreichenden krisenpolitischen Maßnahmen – mittelfristig zu einer repolitisierenden Gegenreaktion, bei der Normen und politische Institutionen insgesamt mit besonderer Intensität angefochten werden.

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