theorieblog.de | CfP für die fünfte „VIENNA CONFERENCE ON CITIZENSHIP EDUCATION“: „Demokrat:in-Sein|Demokrat:in-Werden im Horizont postfundamentalistischer Demokratietheorie und -bildung“ (22.-23. Juni 2023; Frist: 1. April)

30. Januar 2023, Huhnholz

Die Tagungsreihe „Vienna Conference on Citizenship Education“ bringt Sozialwissenschaften und Politische Bildung in den Diskurs über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und politische Herausforderungen. Sie zielt darauf ab, zur Weiterentwicklung emanzipatorischer Perspektiven der Politischen Bildung beizutragen. Im Jahr 2023 widmet sich die fünfte „Vienna Conference on Citizenship Education“ dem Schwerpunktthema Radikale Demokratiebildung.

Die Kulmination von Krisen zu Beginn des 3. Jahrtausends – Klimakrise, Verteilungskrise, Gesundheitskrise, Ernährungskrise, Trinkwasserkrise, Finanzkrise u. v. a. – macht es unmöglich, unsere Situation ausschließlich in Figurationen lokaler oder zeitlich abgrenzbarer Probleme oder Herausforderungen zu erfassen, sondern wirft fundamentale Fragen auf. Allen voran die Frage, in welcher Welt wir zukünftig leben wollen.
Für die demokratische Praxis, wie auch für demokratisches Denken, erwächst daraus eine kaum zu überschätzende Aufgabe: Die Reformulierung des Rahmens eines gemeinsamen, demokratischen Erfahrungshorizontes, eines demokratischen, (mit-)geteilten Weltzugangs. Dabei zeigt sich, dass vor allem die Blaupausen liberaler Demokratieansätze selbst in eine Krise geraten sind und ihre Orientierungskraft eingebüßt haben.

Wenn nicht nur die bisherigen Gründe der Demokratiemodelle, sondern auch die Begründungsformen nicht mehr überzeugen, lassen sich für die Demokratiebildung und – theorie mindestens zwei Konsequenzen festhalten:

  • Die Frage nach einer zukünftigen gemeinsamen Orientierung, die aus der geteilten Souveränität des demos – statt aus der Souveränität des Marktes oder der Gene – erwachsen soll, muss aus einer postfundamentalistischen Perspektive verfolgt werden. In diesem Sinne stellt die Radikale Demokratietheorie eine der aussichtsreichsten Denkbewegungen dar, um eine zukünftige gemeinsame Mit-teilung der Welt theoretisch zu entfalten. Im Zentrum steht dabei das Bemühen darum, Demokratie nicht aus einer paternalistischen Perspektive von oben herab zu betrachten und als etwas zu verstehen, das den demokratisch „Ungebildeten“ beigebracht werden müsse. Vielmehr gilt es, von einer geteilten Souveränität aller auszugehen, die in der alltäglichen, demokratischen Welterschließung wirksam ist.
  • Diese radikaldemokratische, gemeinsame Welterschließung konkretisiert sich in Subjektivierungsprozessen, in Praktiken radikaler Demokratiebildung. Sie sind jenseits der Schemata des Kompetent-zur-Teilhabe-Machens als Praktiken des gemeinsamen Ermächtigens weiterzuentwickeln. Radikale Bildungsprozesse gehen nicht in einer Transformation von einem Ausgangszustand in einen erwünschten (Ziel-)Zustand auf. Sie sind vielmehr offene Praktiken des doing difference, in denen ein Sein auf ein Werden, die Politik auf das Politische bezogen werden – sie stellen der politischen Differenz eine Bildungsdifferenz zur Seite. In ihnen können gemeinsame Weltverhältnisse bzw. -erschließungen entfaltet werden.

In diesem Sinne ergänzen sich Radikale Demokratietheorie und Radikale Demokratiebildung. Dennoch ist die Betrachtung dieses Verhältnisses bislang nicht über wechselseitige, pauschale Referenzen hinausgekommen. Auf der Tagung soll dies nachgeholt werden.

 

Tagungsbeiträge könnten an folgende Fragen anschließen:

  • Welche Anschlüsse ergeben sich aus den Radikalen Demokratietheorien für eine unbedingte (Radikale) Demokratiebildung?
  • Wie kann Demokratiebildung unbedingt gedacht werden, ohne auf problematische Hintergrundfiguren (Subjekt, Transformationsraster, Kompetenzen usw.) zurückzugreifen?
  • Welchen Stellenwert hat eine Demokratiebildung als Artikulation demokratischer Subjektivität für Radikale Demokratietheorien?
  • Wie können Radikale Demokratietheorien dabei helfen, Demokratiebildung radikal demokratisch zu denken?
  • Wie können postfundamentalistische, normative Orientierungen künftig aussehen?

Im Tagungszusammenhang sollen diese Fragen anhand vielfältiger fachlicher Perspektiven, insbesondere der Sozial- und Bildungswissenschaft sowie der Didaktik der Politischen Bildung, diskutiert werden. Erwünscht sind Beiträge zum theoretischen Diskurs sowie zu konkreten Projekten aus der kulturellen und politischen Bildungspraxis. Im Sinne der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung sind Einreichungen im Rahmen von thematisch relevanten Promotionsvorhaben ebenso willkommen!

 

Es bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, sich an der Tagung zu beteiligen:

  1. In Form von Vorträgen
  • ein Vortrag (mit einer daran anschließenden Diskussion)
  1. In Form von Posterpräsentationen
  • eine Posterpräsentation zu einem thematisch relevanten Forschungsprojekt, Promotionsvorhaben oder Projekt aus der Praxis

Es können sowohl deutsch- als auch englischsprachige Beiträge eingereicht werden.

 

Hinweis: Die Tagung wird als Präsenzveranstaltung geplant. Sollte das Pandemiegeschehen es erfordern, wird die Veranstaltung auf online umgestellt. Geplant ist eine Publikation mit den wichtigsten Ergebnissen der Tagung.

 

Zum Einreichen eines Vortrags mailen Sie bitte einen Abstract (ca. 2.500 Zeichen inkl. Leerzeichen; zum Einreichen eines Posters ca. 2.000 Zeichen) bis spätestens zum 01.04.2023 an viennaconference@demokratiezentrum.org


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