theorieblog.de | Forum e-Semester (3): Ein Gespräch über Lernen und Lehren zwischen Krise und Leistung

25. Juni 2020, Gawron & Meine

Das Sommersemester 2020 findet an deutschen Universitäten weitgehend digital statt. Seit April nimmt Lehre somit eine andere Form an, deren Auswirkungen bisher nur zum Teil sichtbar sind und erst in Ansätzen diskutiert werden. Schritte in Richtung Digitalisierung auch im nächsten Semester treffen derzeit auf die vehemente Verteidigung der Präsenzlehre. Der Theorieblog hat zur Reflektion der Chancen, Illusionen und Folgen des “Experiments digitale Lehre” eingeladen. In diesem Forum e-Semester unterhalten sich heute Jan Gawron (Frankfurt/Darmstadt) und Anna Meine (Siegen) über ihre Erfahrungen als Student und Lehrende in dieser digitalen Lehrsituation. Beiträge zum Forum sind weiterhin herzlich willkommen.

Anna Meine: Das Ende des digitalen Sommersemesters zeichnet sich ab und parallel laufen Diskussionen, wie das kommende Wintersemester gestaltet werden kann und soll. Wie erlebst du das laufende Semester und die aktuellen Diskussionen?

Jan Gawron: Erst letzte Woche hat die Uni Frankfurt mitgeteilt, die Lehre auch im kommenden Wintersemester vorrangig virtuell zu gestalten. Das bedeutet, dass wir dieses Experiment auch in den kommenden Monaten weiterführen werden. Dem stehe ich mit gemischten Gefühlen gegenüber. Soweit ich die Situation einschätzen kann, wird zumindest im sozialwissenschaftlichen Bereich der Grundbedarf an Lehrangeboten gedeckt und es besteht die Möglichkeit ausreichend Kurse wahrzunehmen. Wie sinnvoll und der Situation angemessen diese Kurse in der konkreten Ausgestaltung aber letztendlich sind, hängt stark vom gewählten Kurs und von den Lehrenden ab. Wie sind die Situation und die Pläne in Siegen?

A.M.: Für den Winter sucht man bei uns derzeit nach Möglichkeiten, neben digitalen Formaten auch Präsenzlehre durchzuführen. Für das laufende Semester haben sich die meisten Lehrenden im Frühsommer ihren persönlichen Weg für die digitale Lehre gesucht. Der Tenor ist: “Es geht”. Veranstaltungen finden statt, Studierende können Leistungspunkte erwerben. Ich habe mich zum Beispiel für eine Mischung aus asynchroner und synchroner Lehre entschieden, um meine beiden lektüre- und diskussionsorientierten Theorieseminare virtuell umzusetzen: In einem kollaborativ zu bearbeitenden Dokument beantworten die Studierenden wöchentlich Leitfragen zum Text, stellen Fragen, schlagen Diskussionsthesen vor. In einer ca. 45-minütigen Videokonferenz klären wir dann offene Fragen und diskutieren. Da die Kurse nicht allzu groß sind, ergeben sich immer wieder auch ganz gute Gespräche und Diskussionen. Und es muss ja auch gehen, weil z.B. einige internationale Studierende immer noch nicht wieder nach Deutschland einreisen konnten. Aber es gibt auch organisatorische und regelmäßig auch einfach technische Schwierigkeiten. Darüber hinaus bin ich auch grundsätzlich nicht sicher, dass es richtig gut geht. Gerade mit Blick auf die Lernprozesse der Studierenden ist diese Frage für mich noch offen – und diese Frage ist zugleich zentral, wenn wir über die Gestaltung des Wintersemesters reden. Ich habe das Gefühl, dass sich eine Anzahl von Studierenden gut arrangiert hat. Diese tragen derzeit die Veranstaltungen. Aber ich habe keine Übersicht, wie viele Studierende unter aktuellen Bedingungen eben nicht (gut) studieren können. 

J.G.: Ja, „es geht“. Aber wie du richtig herausstellst: Wie gut geht es wirklich? Ich habe in meinen Veranstaltungen das Gefühl, dass im Planungsprozess um eine machbare Lösung gerungen wurde. Insofern diese sich in den ersten Semesterwochen als mach- und gangbar herausgestellt hat, setzt sich dieser modus operandi nun fort. Dabei bleiben aber einige grundlegende Problemstellungen bestehen und teils unintendierte Konsequenzen unberücksichtigt, die die Lehre insgesamt, vor allem aber klassische, diskursiv ausgelegte Seminare, betreffen: Von der Anhäufung schriftlicher Leistung und Deadlines, über mangelnde Interaktivität, bis hin zu Unsicherheit, weil man Lehrenden noch nie persönlich begegnet ist. Es wirft auch die Frage danach auf, wie wir mit solchen Herausforderungen mit Blick auf das nächste Semester umgehen.

Veränderungen der konkreten Arbeits- und Lernsituationen

Auch wenn wir uns mittlerweile vielleicht schon in gewissem Maße an die aktuelle Lage gewöhnt haben, sollten wir nicht vergessen, dass wir uns noch immer in einer Ausnahmesituation befinden. Ganz konkret stehen viele Studierende vor der Herausforderung, sich ein angenehmes und produktives Arbeitsumfeld zu schaffen. Ist meine technische Ausrüstung auf einem akzeptablen Stand? Wie sieht die Internetverbindung vor Ort aus? Habe ich ausreichend Ruhe und Platz, um konzentriert arbeiten zu können? Viele Studierende stehen hier vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Mir ganz persönlich fällt der Umgang mit der fehlenden Trennung von Wohnbereich und Arbeitsplatz schwer. Die Kontaktbeschränkungen haben nicht nur zur Folge, dass an der Uni keine Präsenzlehre stattfinden kann, sondern auch, dass ich ausschließlich in meinem Zimmer, in dem ich auch lebe und schlafe, arbeiten kann – nicht aber in Bibliotheken, Cafés und nur eingeschränkt gemeinsam mit anderen Studierenden.

A.M.: Die konkrete Raumsituation ist bei Lehrenden wahrscheinlich etwas entspannter. Aber die Tatsache, dass die privaten vier Wände dauerhaft und nicht nur phasenweise Arbeitsplatz sind, geht auch an vielen von uns nicht spurlos vorbei. Zudem kann ich gerade die geographischen Aspekte nur bestätigen. Ein Dorf im Sauerland ist anders digital angebunden als eine Wohnung in Köln. Hier zeigen sich ganz explizit Unterschiede zwischen Stadt und Land.

J.G.: Parallel kommt es als Reaktion auf das Wegfallen der Präsenzlehre zu einer Überkompensation bei konkreten Arbeitsaufträgen und ‚Teilnahmekontrollen‘. Isoliert betrachtet kann ich die allermeisten Maßnahmen nachvollziehen. Auf Seiten der Studierenden kumuliert jedoch eine ganze Menge an einzureichenden Kommentaren, Essays, Diskussionsbeiträgen in Foren, usw. Dadurch entsteht für mich zum einen der Eindruck, dass in diesem Semester ein erheblicher Mehraufwand für eine Teilnahmebestätigung an einem Kurs besteht. Zum Anderen führen die gehäuften Abgabetermine, in Verbindung mit Veranstaltungen, die teilweise nur 48 Stunden Reaktionszeit auf hochgeladenen Input erlauben, zu einem engen Korsett, das weniger Luft zum Atmen lässt.

A.M.: Von Lehrenden heißt es an dieser Stelle regelmäßig, dass wir eigentlich, mit Blick auf den Arbeitsaufwand, nur die “loopholes“ schließen, die sonst oft bei Studienleistungen bzw. Teilnahmescheinen bestehen. Es wird zugegebenermaßen z.B. schwieriger, als Studierende*r an einem Seminar teilzunehmen, ohne die Texte gelesen zu haben. Aber als Lehrende erlebe ich es gerade durchaus als positiv, dass Studierende seltener unvorbereitet sind. Ist es also wirklich Überkompensation auf Lehrendenseite?  

Veränderungen von Studium und Studienkultur

J.G.: Berechtigter Einwand. Diese Schlupflöcher sind natürlich angenehmen, da sie erlauben auch mal unvorbereitet an einem Seminar teilzunehmen, aber dennoch etwas aus der Diskussion mitzunehmen. Ich kann für mich jedoch sagen, dass ich für einige Veranstaltungen aktuell sicher mehr Stunden aufwende, als es z.B. die Berechnung nach “Bologna” vorsieht.

Zudem würde ich gerne zwischen diesem absoluten Arbeitsaufwand und dessen eng getakteter Ausgestaltung trennen. Durch die regelmäßigen Abgaben ergeben sich enge Zeitfenster und ein ziemlich starres Gerüst. Deadlines können sich ballen und es fällt mir an manchen Stellen schwer die anstehende Arbeit richtig zu priorisieren und zu organisieren. Zudem arbeiten viele Studierende nebenher und sind dadurch eventuell noch weniger flexibel. Obwohl wir hier gerade darüber sprechen, mit welchen außergewöhnlichen Herausforderungen wir alle umgehen müssen, verringern diese Maßnahmen den Raum für Phasen in denen es – aus welchen Gründen auch immer – einfach mal nicht so gut läuft noch weiter. Permanent kontrolliert zu werden, ob ich die Pflichtliteratur auch wirklich gelesen habe, muss gerade derzeit nicht unbedingt sein. Ich würde mir hier etwas mehr Freiraum wünschen. Ich habe mich freiwillig für ein Studium entschieden und trage dementsprechend auch selbst Verantwortung für mein Studium.

A.M.: Ich sehe deinen Punkt – und beobachte die andere Taktung auf Lehrendenseite ja auch, wenn auch mit anderen Nuancen. Bisher war ich in der Vorbereitung der Lehre recht flexibel, die Lehre selbst in der Regel auf den wöchentlichen Zeitslot von 90 Minuten fokussiert. Derzeit verteilen und vermischen sich Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen deutlich stärker – z.B. Aufgabenstellung, Erstellung von zusätzlichen Materialien/Videos, Begleitung schriftlicher Diskussionen, Durchführung und Zuspitzung von Live-Konferenzen und Nachbereitung der schriftlichen Leistungen, ggf. deren Korrektur und Benotung. Je größer das Lehrdeputat, desto schwieriger wird dieser ganz praktische Balanceakt für einzelne Lehrende.

Für die einzelnen Lehrveranstaltungen sind damit didaktisch nicht nur Probleme verbunden. Ich stelle Leitfragen und kann zum Beispiel schon während der Schreibphase sehen, ob es einigermaßen läuft und wo Probleme sind, und potentiell eingreifen oder Nachfragen stellen. Ich weiß zudem, womit ich in den live-Diskussionen zu rechnen habe. Wenn ich dann am Schluss die kollektive Arbeit der Studierenden nochmal durchgehe, evtl. korrigiere bzw. ergänze, und dann online stelle, hat das Format zudem Vorteile für die Ergebnissicherung. Ich kann mir auch gut vorstellen, digitale Möglichkeiten für kollaboratives Schreiben in Zukunft stärker in die Präsenzlehre zu integrieren, weil es andere Kompetenzen fördert und andere Lerntypen anspricht als die mündliche Diskussion.

J.G.: Auf jeden Fall ergeben sich aus dieser Situation auch Chancen, neue Lehrkonzepte einfach mal auszuprobieren und zu evaluieren, was auch in Zukunft sinnvoll sein könnte. Die Vielzahl von verschiedenen Herangehensweisen – von der Verlegung des klassischen Seminaraufbaus in Videokonferenzen, über die von dir skizzierten Mischmodelle, bis hin zu Veranstaltungen, die vollständig asynchron stattfinden und sehr autonomes Arbeiten ermöglichen – bringt natürlich auch neue Wahlmöglichkeiten für Studierende.

A.M.: Aber es bestehen eben auch signifikante Nachteile. Es ist wesentlich aufwendiger, den Kurs und die Diskussionsfäden “zusammenzuhalten” – sowohl organisatorisch, über Lernplattformen, kollaborative Dokumente und Konferenz-Programme hinweg, als auch inhaltlich. Der große Vorteil der Präsenzveranstaltungen ist, dass eben alle gemeinsam präsent sind und sich aufeinander einlassen müssen – im (kontrafaktischen) Idealfall ohne externe Einflüsse und Unterbrechungen. Dadurch entstehen Beziehungen untereinander. Das lässt sich selbst in Videokonferenzen mit angeschalteten Bildschirmen nicht nachstellen.
Dies hat schließlich auch Auswirkungen auf die Diskussionskultur, gerade in Lehrveranstaltungen, die weniger auf klassische Wissensvermittlung als auf Reflektion, Diskussion und Urteilen ausgerichtet sind: Im Digitalen fehlen vielfältige non-verbale Kommunikationsebenen.

J.G.: Das kann ich nur bestätigen. Die Diskussionskultur ändert sich in Videokonferenzen deutlich und ist in einer meiner Veranstaltungen praktisch gänzlich abhanden gekommen.
Vor Kurzem habe ich mein erstes “Zoom-Referat” gehalten und es war schon sehr merkwürdig, in einen schwarzen Bildschirm hinein zu sprechen und gar keine Rückmeldung zu bekommen. Ich hatte kaum ein Gefühl dafür, ob ich verständlich bin, ob man mir folgen kann, oder ob überhaupt jemand zuhört. Ich habe also 20 Minuten durchgängig geredet und am Ende mein Mikrophon wieder auf stumm geschaltet. Das war’s.
Ich hoffe, dass sich über solche Erfahrungen ein wirkliches Gespräch zwischen Lehrenden und Studierenden ergibt – und dass der erzwungene Wechsel zu digitalen Formaten nicht dazu führt, dass wir die Vorteile und Bedeutung von Präsenzveranstaltungen übersehen.

A.M.: In einem Seminarraum merke ich tatsächlich an der Grundstimmung, ob Inhalte verstanden werden, ich sehe an der Mimik oder Haltung, ob ein*e Student*in auf eine Aussage reagieren will – und ich kann durch Gestik, Mimik und Tonlage auch selbst klar machen, ob ich als Dozentin erkläre und richtigstelle oder als ‘normale’ Diskussionsteilnehmerin eine Position entwickle und vertrete. Emojis helfen nun mal weder bei der Lehre noch beim politischen Urteilen. Digital sind die Diskussionen lehrendenzentrierter, der Kommunikationsaufwand höher – und, ganz generell, der Erfolg schwieriger einzuschätzen.

J.G.: Das kann ich gut nachvollziehen. Diese fehlende persönliche Verbindung hat noch weitere Dimensionen, wie ich finde. Durch den ausbleibenden persönlichen Kontakt in asynchronen Modellen kann sich das Gefühl noch verstärken, dass jeder gerade ein bisschen “für sich” studiert. Die Anbindung an den Kurs fehlt. Oftmals weiß ich gar nicht, wer eigentlich noch in meinem Kurs ist. Hier zeigt sich wunderbar die aktuelle, schwierig aufzulösende Situation. Auf der einen Seite finde ich permanente Kontrolle nicht gut. Auf der anderen Seite kann bei vierwöchigen Leseaufgaben ohne gemeinsames Seminar oder eine andere Form des Feedbacks zwar sehr flexibel und unabhängig gearbeitet werden, jedoch fühlt es sich dann auch schnell so an, als studiere man allein in ein “schwarzes Loch” hinein. Zudem gibt es durch die Menge an Kommentaren und Essays, die die Lehrenden bewerten müssen, kaum Feedback. Und auch zwischen Studierenden entsteht kaum Austausch und so entwickeln sich durch die fehlenden Diskussionen wenig neue Gedanken und Betrachtungsweisen. In asynchronen Modellen noch weniger als in “live” Videokonferenzen. Dieser inhaltliche Austausch im Seminar, der neue Perspektiven eröffnet und zur kritischen Betrachtung einlädt, fehlt mir sehr. Natürlich fehlt auch der Kontakt um das eigentliche Seminar herum; gemeinsames Essen in der Mensa oder ein Kaffee zwischendurch. Aber es betrifft eben auch ganz konkret die Lehrveranstaltung.

Veränderungen im sozialen Raum Universität: Zwischen Krise und Leistung

Aus dem fehlenden persönlichen Kontakt entsteht zudem eine Unsicherheit im Umgang zwischen Lehrenden und Studierenden. Es ist schwierig durch online Kommunikation, sei es in einer Videokonferenz oder durch Beiträge in Foren, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das hat für mich vor allem Auswirkungen auf die Frage, was passiert, wenn etwas nicht funktioniert? Wie wird mein*e Professor*in reagieren, wenn ich es in einer Woche nicht schaffe, innerhalb der 48 Stunden-Frist auf seinen/ihren Input zu reagieren, weil es mir nicht gut geht? “Reicht” es dann, wenn ich nur sage, dass es mir nicht gut ging? Muss ich rechtfertigen, wenn es mir nicht gut geht, weil ein Familienmitglied erkrankt ist oder seinen/ihren Job verliert? Oder ”zählt” nur eine eigene Corona-Erkrankung? Zugespitzt gefragt: Darf es mir schlecht gehen? Hier mache ich mir Sorgen. Vielleicht sind die Lehrenden sehr verständig und hilfsbereit und meine Sorgen letztendlich unbegründet. Ich weiß es aber nicht. Hier fehlt die soziale Beziehung spürbar.

A.M.: Das finde ich ungemein wichtig. Ich stehe derzeit regelmäßig vor den Fragen “Wie weit geht mein Verständnis? Wo schreite ich aber auch ein?” Gerade in Fällen, in denen ich die Studierenden eben nicht schon aus den Vorsemestern kenne, ist das nicht einfach. Im hektischen Alltag hält man sich dann schnell mal an die formalen Regeln – mit Folgen für die Studierenden, die, wenn Lehrende auf Fragen oder Vorschläge nicht eingehen, mit ihren Fragen oder ihrem Feedback “wie vor eine Wand laufen”, wie das eine meiner Studentinnen vor Kurzem ausdrückte.
Deine Anmerkungen erinnern daran, dass wir als Lehrende in der Lehr-/Lernbeziehung in der Machtposition sind. Das sollten wir nicht vergessen – auch wenn jede und jeder von uns, in ganz unterschiedlicher Weise eben auch durch die Pandemie betroffen ist. Zumal sich diese Situation für uns ja in unseren eigenen Beziehungen zu den Hochschulleitungen spiegelt, die einerseits kommunizieren, dass wir Verständnis haben und flexibel sein sollen, im gleichen Atemzug aber kontinuierlich darauf hinweisen: Die Lernziele müssen erreicht werden.

J.G.: Genau hier verläuft eine Spannungslinie. Auf der einen Seite sollen wir, eben um die Krise zu meistern, flexibel sein. Es wird von Uni-Seite betont, dass die Situation den Studierenden nicht zum Nachteil gereichen soll, dass eben Rücksicht genommen werden soll. Auf der anderen Seite schränken uns sowohl die gesellschaftliche Situation insgesamt als auch die geschilderten Konsequenzen der veränderten Lehrkonzeptionen ein. Dies läuft der ausgerufenen Flexibilität und Umsicht entgegen. Hier ist der gemeinsame Austausch für mich zentral. Ich habe das ehrliche Gefühl, dass sich viele der Beteiligten sehr um gute und zufriedenstellende Lösungen in diesem komplizierten Kontext bemühen. Das sollten wir anerkennen und unbedingt ausbauen.

A.M.: Gerade wenn wir miteinander darüber diskutieren, wie es im Wintersemester weiter geht, müssen wir also darauf achten, dass wir einerseits dieses Spannungsverhältnis zwischen Krisensituation und Leistungsanforderungen bewusst verhandeln und andererseits Wege finden, die sozialen Beziehungen innerhalb der Universität wiederzubeleben.

 

Jan Gawron studiert Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Frankfurt und der TU Darmstadt. Anna Meine ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Internationalen Vergleich und Politische Theorie der Universität Siegen. Beide waren zuvor an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg und kennen sich aus der Lehre und aus dem Freiburger Seminar für Wissenschaftliche Politik.


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