Die Sprecher*innen des ipb-Arbeitskreises “Poststrukturalistische Perspektiven auf soziale Bewegungen” des Berliner Instituts für Protest- und Bewegungsforschung, Judith Vey (TU Berlin), Johanna Leinius (Universität Kassel) und Ingmar Hagemann (Universität Duiburg-Essen) rufen auf, Beiträge für ihr geplantes „Handbuch Poststrukturalistische Perspektiven auf soziale Bewegungen“ vorzuschlagen. Ziele des Bandes sind es, die Sichtbarkeit poststrukturalistischer Arbeiten zu erhöhen, einen strukturierten Überblick über das heterogene Feld poststrukturalistischer Bewegungsforschung zu erhalten sowie unterschiedliche Ideen und Ansätze zu bündeln und in einen produktiven Austausch zu bringen. Explizit eingeladen sind auch diejenigen, die sich nicht direkt in der Bewegungsforshcung verorten, aber mit verwandten, z.B. geographischen, kultursoziologischen, feministischen oder postkolonialen Ansätze zum Handbuch beitragen können. Jeder Beitrag soll dabei, die eigene poststrukturalistisch geprägte Forschungsperspektive anhand eines empirischen Fallbeispiels veranschaulichen.
Abstracts (deutsch oder englisch) von circa 250 Wörtern und eine kurze Darstellung der eigenen Person sollen die Herausgeber*innen bis zum 19. Februar 2018 erreichen. Mehr zum Call sowie die Kontaktdaten folgen nach dem Klick.
Call for Contributions
Handbuch Poststrukturalistische Perspektiven auf soziale Bewegungen
Ein wesentliches Grundmotiv poststrukturalistischer Ansätze ist die Skepsis gegenüber stabil und wohl geordnet erscheinenden sozialen Phänomenen. Poststrukturalistische Perspektiven, wie sie bspw. bei Foucault, Derrida, Laclau und Mouffe oder Butler zu finden sind, betonen demgegenüber, dass Phänomene des Bruchs, der Abweichung und der Vielfalt, sowie unerwartete Dynamiken konstitutiv für Gesellschaft sind und daher zentrale Ansatzpunkte für eine Analyse sozialer Phänomene sind. Gemeinsam ist diesen Ansätzen ihr Fokus auf die Konflikte und Aushandlungsprozesse, die der Erzeugung sozialer Wahrheiten und Bedeutung zugrunde liegen.
Für die Analyse sozialer Bewegungen ist diese Blickverschiebung zentral, denn erst durch diese poststrukturalistische Perspektive werden einige wichtige Aspekte des Untersuchungsgegenstandes „soziale Bewegungen” erfassbar, die mittels der etablierten Forschungsansätze in der Bewegungsforschung weitestgehend unterbestimmt bleiben. Zu diesen Aspekten gehören beispielsweise das Verständnis sozialer Bewegungen als Ausdruck gesamtgesellschaftlicher Dynamiken und die daraus folgende Notwendigkeit einer explizit gesellschaftstheoretisch angelegten Analyseperspektive, die komplexe Wechselbeziehung von sozialer Struktur und Subjekt und die daraus resultierende Negierung der Annahme von feststehenden und objektiv erfassbaren Identitäten, wie auch die zentrale Bedeutung von Macht für die Formierung von sozialen Bewegungen und ihren Subjekten. Daraus schließen wir, dass es immer einer engen Verbindung von Empirie und Theorie bedarf und die Forschungspraxis und die Methoden an diese veränderte Blickverschiebung angepasst werden müssen. Dies impliziert auch die Kenntlichmachung der eigenen Position als Forscher*in, die (Weiter-)Entwicklung daran angepasster Forschungsmethoden und eine kritische Reflexion dieser.
Im deutschsprachigen wie im internationalen Raum arbeiten bereits zahlreiche Forscher*innen aus einer poststrukturalistischen Perspektive zu sozialen Bewegungen, Protest und Praktiken des Widerstands. Was jedoch eine poststrukturalistische Perspektive konkret bedeutet, welche Prämissen sie impliziert, auf welchen theoretischen Ansätzen sie aufbaut und wie diese empirisch angewendet werden, ist dabei immer noch ein weites, relativ unstrukturiertes und loses Feld.
Um die Sichtbarkeit poststrukturalistischer Arbeiten zu erhöhen, einen strukturierten Überblick über das heterogene Feld poststrukturalistischer Bewegungsforschung zu erhalten, Ideen und Ansätze zu bündeln und in einen produktiven Austausch zu bringen, wollen wir ein Handbuch Poststrukturalistische Bewegungsforschung veröffentlichen. Das Handbuch soll einerseits einen Überblick über die existierenden methodischen und theoretischen Ansätze geben. Andererseits soll es im Sinne eines Werkzeugkastens die konkrete Herangehensweise des jeweiligen Ansatzes nachzeichnen und aus der Forschungspraxis berichten.
Die einzelnen Artikel sollten wie folgt aufgebaut sein: Zunächst sollten die theoretischen und epistemologischen Prämissen des verwendeten Ansatzes vorgestellt werden. In einem zweiten Schritt sollten darauf aufbauend die konkrete Forschungspraxis illustriert, etwaige Probleme der Operationalisierung identifiziert und mögliche Lösungsvorschläge diskutiert werden. Die Darstellung der eigenen poststrukturalistisch geprägten Forschungsperspektive sollte daher anhand eines empirischen Fallbeispiels veranschaulicht werden. Das Fallbeispiel muss dabei nicht eine soziale Bewegungen im engeren Sinne umfassen, sondern kann sich auch auf Proteste und andere Formen widerständiger Praktiken beziehen.
Zusätzlich suchen wir noch ein bis zwei Artikel, die das Feld verschiedener poststrukturalistischer Ansätze zur Erforschung sozialer Bewegungen auf einer breiteren Meta-Ebene systematisch aufarbeiten.
Wir rufen alle Interessierten auf, sich mit eigenen Beiträgen an dem angestrebten systematischen Überblick über die Vielfalt poststrukturalistisch inspirierter Herangehensweise an das Themenfeld ‘soziale Bewegungen’ zu beteiligen. Dies schließt explizit auch Wissenschaftler*innen ein, die sich selbst nicht direkt in der Bewegungsforschung verorten (bspw. geographische, kultursoziologische, feministische oder postkoloniale Ansätze).
Wir freuen uns auf Abstracts (englischsprachige Beiträge sind ebenfalls willkommen) von circa 250 Wörtern. Die Beitragsvorschläge sollten gemeinsam mit einer kurzen Darstellung der eigenen Person bis zum 19. Februar 2018 bei den Herausgeber*innen eingehen.
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Das Handbuch wird von den Sprecher*innen des ipb-Arbeitskreises “Poststrukturalistische Perspektiven auf soziale Bewegungen” herausgegeben und beruht auf den Diskussion innerhalb des Arbeitskreises. Der AK ist Teil des Berliner Instituts für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) und wurde im Sommer 2016 gegründet. Ziel des Arbeitskreises ist es, poststrukturalistische (und andere bisher unterrepräsentierte gesellschaftstheoretische) Ansätze in der Bewegungsforschung sichtbarer zu machen, mit diesen Ansätzen arbeitende Forscher*innen zu vernetzen und auf diesem Weg das Portfolio theoretischer und methodischer Ansätze innerhalb der Forschung zu sozialen Bewegungen zu erweitern. An einer Mitarbeit im AK interessierte Forscher*innen können sich gern unter folgenden Emailadressen melden:
Judith Vey: vey@ztg.tu-berlin.de (TU Berlin)
Johanna Leinius: leinius@uni-kassel.de (Universität Kassel)
Ingmar Hagemann: ingmar.hagemann@uni-due.de (Universität Duisburg-Essen)
Judith Vey (nicht Julia…). danke!
lg,
ms
Ist korrigiert. Danke für den Hinweis.