Neue DGPhil-Forschungsarbeitsgemeinschaft „Politische Philosophie und politische Theorie“

Im Rahmen des XXIII. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Philosophie (DGPhil) fand am 1. Oktober in Münster ein Auftakttreffen zur Gründung der neuen Forschungsarbeitsgemeinschaft (FAG) „Politische Philosophie und politische Theorie“ statt, die ihre Arbeit zum 1. Januar 2015 aufnehmen wird. Erfreulich ist, dass damit ein institutioneller Ort geschaffen wird, der die vielfältigen Diskussionen und verstreuten Aktivitäten zur politischen Philosophie zusammenführen und zu einer besseren Vernetzung der Beteiligten und Interessierten beitragen kann.

In der Geschichte der DGPhil gab es bereits mehrere Versuche, die Zusammenarbeit im Feld der politischen Philosophie zu institutionalisieren. Schon 1986 wurde innerhalb der DGPhil eine ähnliche Arbeitsgemeinschaft gegründet, die aber nie richtig aktiv geworden ist. 1989 hatten sich dann verschiedene Forscher zur interdisziplinären „Deutschen Gesellschaft zur Erforschung des politischen Denkens“ (DGEPD) zusammengeschlossen, die einen ähnlichen Ansatz verfolgt und zukünftig auch als Kooperationspartner der neuen FAG zur Verfügung steht. Einen weiteren Ansatz innerhalb der DGPhil stellte das von Carl Friedrich Gethmann geleitete „Forum für Philosophie in der Politikberatung“ dar, das 2006 in einigen Treffen versucht hatte, Philosophieprofessoren an einen Tisch zu bringen, die in der Politikberatung tätig sind. Aufgrund der Diskretion der eher individuellen politischen Kontakte und durch die Fluktuation der politischen Ämter kam allerdings keine Stabilität dieser Treffen zustande. Es stärkte aber die Einsicht, dass es in der Politikberatung an einer tieferen philosophisch-theoretischen Fundierung mangelt und eine institutionelle Organisation der politischen Philosophie das Engagement Einzelner besser koordinieren könne.

Den ausschlaggebenden Impuls zur Gründung der neuen FAG gaben schließlich die Diskussionen auf der Tagung „Zur Lage der politischen Philosophie“ im Juli 2013 in Kiel. Die Zusammenführung verschiedener Initiativen in der FAG soll dazu beitragen, den eigenen Bedürfnissen sowie dem breiten und wachsenden Interesse an politischer Philosophie gerecht zu werden. Die bislang unterrepräsentierte politische Philosophie soll dadurch institutionell gestärkt werden.

Die FAG verfolgt, einem ersten Vorschlag zufolge, drei hochschulpolitische Ziele: Sie soll erstens die Situation der politischen Philosophie in Deutschland reflektieren; zweitens mindestens eine Tagung pro Jahr veranstalten, auf der auch die Entwicklungen und Perspektiven diskutiert werden; und drittens dazu beitragen, größere Forschungsprojekte und -verbünde im eigenen Bereich vorbereiten und initiieren, was unter den bisherigen Strukturen nicht gelungen ist.

Die neue Gruppe trägt bewusst den Doppelnamen „Politische Philosophie und politische Theorie“, um die Arbeit für ein möglichst breites Spektrum von politischer Philosophie und Theorie zu öffnen. So sollen neben verschiedenen Teilbereichen der Philosophie auch benachbarte Disziplinen wie die Politikwissenschaft Anschluss finden können. Neben der normativen politischen Philosophie im engeren Sinn und der klassischen politischen Theorie sollen, wie die Diskussion unter den Anwesenden hervorgehoben hat, auch nicht-normative Bereiche der politischen Philosophie, die Geschichte der politischen Philosophie und gegenwärtige politische Herausforderungen einbezogen werden. Auch konkrete politische Fragen, z.B. die Rolle der politischen Philosophie in der Politikberatung oder die Kooperationen von Universitäten mit autoritären Regimen, sollen gemeinsam diskutiert werden. Die FAG könnte dazu Stellungnahmen und Prinzipienkataloge erarbeiten, die den betroffenen Professoren und Institutionen zur Orientierung und Positionierung dienten.

Die Mitarbeit in der FAG steht allen Mitgliedern der DGPhil offen, eine entsprechende Einladung wird noch per E-Mail verschickt. Im Sommer 2015 soll in München das erste konstitutive Treffen stattfinden, auf dem die Perspektiven der FAG diskutiert werden. Bis dahin wird die Arbeit der FAG von einem informellen, kleineren Kreis vorbereitet, dem vorläufig Simone Dietz (Düsseldorf), Carl Friedrich Gehtmann (Siegen), Stefan Gosepath (Berlin), Ludger Heidbrink (Kiel), Julian Nida-Rümelin (München), Elif Özmen (Regensburg), Lutz Wingert (Zürich) und Barbara Zehnpfennig (Passau) angehören sollen.

Die bessere Organisation und Vernetzung der politischen Philosophie innerhalb der DGPhil lässt hoffen, dass es hier, über das Interesse Einzelner hinaus, auch auf institutioneller Ebene zu einer Öffnung, einem interdisziplinären Austausch und einer produktiven Zusammenarbeit kommt. Als Kooperationspartner der FAG wurde in der Diskussion naheliegenderweise auch die Sektion „Politische Theorie und Ideengeschichte“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaften (DVPW) ins Gespräch gebracht. Die konkreten Formen der Kooperation, wie auch die genauere Organisationsstruktur und personelle Zusammensetzung der FAG selbst, sind derzeit noch offen und hängen maßgeblich vom Engagement und der Initiative der Beteiligten und Interessierten ab. Ein Aufruf geht an dieser Stelle insbesondere an die zahlreichen Studenten und Nachwuchswissenschaftler in der Philosophie, die in der DGPhil viel zu wenig vertreten sind (während z.B. die DVPW viele Nachwuchsgruppen hat): Engagiert Euch!

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