CfP: Tagung und PVS-Sonderheft „Demokratie jenseits des Westens“

Sophia Schubert und Alexander Weiß geben 2016 ein Sonderheft der Politischen Vierteljahresschrift zum Thema „’Demokratie‘ jenseits des Westens: Theorien, Diskurse, Einstellungen“ heraus. Hierfür und für eine vorausgehende Autorentagung im März 2015 werden bis Ende Juli Beiträge gesucht. Alle Details zu diesem spannenden Projekt finden sich nach dem Klick.
„Über Demokratie wird nicht nur in der westlichen Welt nachgedacht. Weltweit befassen sich TheoretikerInnen, PolitikerInnen und politisch interessiert BürgerInnen mit zentralen Pro-­‐ blemstellungen der Demokratie. Die immer noch bestehende Konzentration der Politik-­‐ wissenschaft auf die ‚westliche Welt‘ stößt damit konzeptionell, normativ und empirisch an ihre Grenzen. Zunehmende Migration von Personen und Ideen, neuere Fälle erfolgreicher oder -­‐loser Demokratisierung (etwa im ‚Arabischen Frühling‘) sowie das Aufkommen globa-­‐ ler Perspektiven in den Sozialwissenschaften begründen die Forderung, dass speziell die Demokratieforschung sich neu auf nicht-­‐westliche Theorien und Realitäten einstellen soll. Dies betrifft alle Dimensionen der theoretischen und empirischen Demokratieforschung: vom Versuch globaler Ideen-­‐ und Realgeschichten der Demokratie, über die Konfrontation der Demokratietheorie mit nicht-­‐westlichen Realitäten, die Untersuchung nicht-­‐westlicher kultureller Bestände im Hinblick auf ihre Affinität zur Demokratie und deren Potenzial zur Neuformulierung, Erweiterung und Legitimation der Konzepte in der Demokratieforschung, bis hin zu global angelegten empirischen Vergleichen von Einstellungen zu Demokratie und den Konsequenzen für die Demokratiemessung.

Zu diesem Themengebiet wird an der Universität Hamburg vom 18.-­‐20. März 2015 eine Tagung mit dem Titel „‘Demokratie‘ jenseits des Westens: Theorien, Diskurse, Einstellungen“ stattfinden, die zugleich eine AutorInnentagung für das PVS-­‐Sonderheft 2016 zum selben Thema ist. Nach der Tagung werden die Beiträge einem externen Begutachtungsverfahren unterzogen. Darauf gründet die endgültige Entscheidung über die Aufnahme in das Sonderheft, welches im Sommer 2016 erscheinen soll.

Die leitende Frage lautet: Wie wird Demokratie jenseits des Westens konzeptualisiert und begründet? Der Begriff der Demokratie wird zentraler Forschungsgegenstand der Beiträge sein. Zur ersten Orientierung schlagen wir dennoch eine Arbeitsdefinition von Demokratie als Beteiligung der Bürger im Sinne von Volkssouveränität vor. Unter ‚nicht-­‐westlich‘ sub-­‐ summieren wir vorläufig Länder außerhalb Mittel-­‐ und Westeuropas und Nordamerikas (womit wir etwa Osteuropa, Australien und Japan bewusst zum Nicht-­‐Westen zählen).

Dieser Call richtet sich vornehmlich, aber nicht ausschließlich, an politische Theoretiker-­‐ Innen, vergleichende PolitikwissenschaftlerInnen (speziell in der politischen Kulturforschung) und area specialists, da diese drei politikwissenschaftlichen Teilbereiche den Forschungs-­‐ gegenstand teilen, jedoch unterschiedliche thematische und methodische Schwerpunkte setzen: Während die Politische Theorie und Ideengeschichte Demokratiekonzeptionen vor allem auf der theoretisch(-­‐reflexiven) Ebene verortet, stellen politische und zivilgesell-­‐ schaftliche Demokratiediskurse einen der Forschungsgegenstände der area studies dar. Die politische Kulturforschung wiederum fokussiert auf Einstellungen zu Demokratie. Mit diesem Schwerpunktheft sollen ForscherInnen aus diesen verschiedenen Teildisziplinen in einen fruchtbaren Dialog treten. Dies legen auch die Fragen nahe, die sich im Zusammenhang mit der Konzeption und Begründung von Demokratie jenseits des Westens stellen und die in den Beitragsvorschlägen aufgegriffen werden sollen:

Theorien: In welchen Theorien, die außerhalb des Westens vorgefunden werden, las-­‐ sen sich demokratische Bedeutungselemente finden? Wie steht es mit solchen Theo-­‐ rien, die ‚Demokratie‘ im Namen führen? Wie wird beispielsweise das Verhältnis von Demokratie und Islam (Mohammed Abed Al-­‐Jabri oder Abdolkarim Soroush) bzw.
von Demokratie und Konfuzianismus (Tu Weiming, Daniel A. Bell) gedacht? Wie lässt sich auf Grundlage der globalen Pluralität der Theorien Demokratie konzeptualisieren und begründen? Vom Programm der ‚Comparative Political Theory‘ seit und jenseits von Fred Dallmayr bis hin zu neuen historischen Ansätzen der Demokratie-­‐ und De-­‐ mokratietheoriegeschichte von Amartya Sen bis John Keane und Isakhan/Stockwell lassen sich hier Ansatzpunkte erkennen. Wir erwarten hier also speziell Beiträge zur nicht-­‐westlichen Ideengeschichte von Demokratie sowie zu nicht-­‐westlicher Demo-­‐ kratietheorie der Gegenwart. Zudem sollen die transkulturelle Perspektive und der interkulturelle Vergleich von Demokratietheorien kontrastiert, problematisiert und durchgeführt werden.

Diskurse: Welche Demokratiediskurse von politischen Eliten und zivilgesellschaft-­‐ lichen Akteuren finden sich in nicht-­‐westlichen Ländern? Wie unterscheiden sie sich und in welchen Punkten weisen sie Gemeinsamkeiten auf? Was sind mögliche Ur-­‐ sachen dafür? Welche Erkenntnisse zu Demokratisierungsprozessen in einzelnen Weltregionen bzw. Ländern stellen vermeintliche Gewissheiten über Demokratie erneut in Frage? Hier könnten vor allem LänderforscherInnen und area specialists ihre Expertise beisteuern – entweder im Rahmen von Fallstudien oder in verglei-­‐ chend angelegten Analysen. Gegenstand dieser Beiträge sollen vor allem politische und zivilgesellschaftliche Diskurse über Demokratie sein, die vornehmlich an sozialen Bewegungen, einzelnen zivilgesellschaftlichen Akteuren oder politischen Eliten wie Intellektuellen und PolitikerInnen sowie politischen Parteien festgemacht werden.

Einstellungen: Während Befunde der standardisierten Umfrageforschung zeigen, dass der Wert der Demokratie bei Bevölkerungen weltweit auf Zustimmung stößt, sind deren Demokratiedefinitionen bis heute erst in Ansätzen empirisch erforscht (z.B. Dalton/Shin/Chu 2007, Braizat 2010, Bratton 2010, Chu/Huang 2010, Diamond 2010, Shi/Lu 2010). Mit welchen Bedeutungsgehalten assoziieren Bürger in nicht-­‐west-­‐ lichen Ländern  ‚Demokratie‘?  Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen sich im Länder-­‐ bzw. Regionenvergleich erkennen? Wie lassen sich die Unterschiede erklären? Spielen die kulturellen und philosophischen Ideenbestände dieser Länder hierfür eine Rolle, spiegeln sich also traditionelle Deutungsmuster in den aktuellen Demokratiedefinitionen wider? Und ermöglichen die Gemeinsamkeiten die Entwick-­‐ lung  eines  für  den  interkulturellen  Vergleich  brauchbaren  Vergleichsmaßstabs
‚Demokratie‘? In diesen Beiträgen soll es also speziell um die Definition und Legitimität von Demokratie in den Köpfen der BürgerInnen in nicht-­‐westlichen Kontexten gehen.

Die Beiträge können also sowohl theoretischer Art (konzeptionell, ideengeschichtlich, norma-­‐ tiv, analytisch) als auch empirischer Natur (quantitativ, qualitativ, mixed-­‐methods) sein und sie sollten sich im Hinblick auf die Anschlussfähigkeit der Beiträge jeweils um eine Verbin-­‐ dung von Theorie und Empirie bemühen. Beitragsvorschläge von Nachwuchswissenschaftler-­‐ Innen und von Frauen und sind besonders willkommen. Zudem ermuntern wir ausdrücklich zu solchen Beiträgen, die die aktuellen Ergebnisse der Geschlechterforschung mit dem Thema des Calls verbinden.

Senden Sie Ihren Vorschlag für einen Beitrag (1 bis max. 2 Seiten) bitte bis zum 31. Juli 2014 an die Herausgeber des Sonderhefts Sophia Schubert (sophia.schubert@fu-­‐berlin.de) und Alexander Weiß (alexander.weiss@wiso.uni-­‐hamburg.de).“