Gestern Abend war ich bei einer Veranstaltung hier in Berlin, die gemeinsam vom Ullstein Verlag und der American Academy anlässlich der deutschen Übersetzung von Michael Sandels Buch „Justice“ durchgeführt wurde. Das Buch selbst ist auf Englisch schon seit einigen Jahren verfügbar, weshalb es hier auch nicht um den Inhalt, sondern um die Form des gestrigen Abends gehen soll.
Diese Form nämlich war tatsächlich gelungen. Schon die Begrüßung durch die Veranstalter war angenehm kurz gehalten und dauerte insgesamt nicht länger als fünf Minuten. Ich verstehe ja, dass Organisationen, die für einen solchen Abend viel Geld ausgeben, sich auch ein wenig präsentieren wollen. Wie gestern geschehen, kann diese Selbstdarstellung aber auch gut kurz gehalten werden – und wirkt dadurch umso gewinnender.
Foto: Ullstein Verlag
Der eigentliche „Vortrag“ gestaltete sich dann in Form eines genuinen Dialogs zwischen Sandel und Christoph Menke, der moderierend-diskutierend durch den Abend führte. Dabei ging es Menke erkennbar zum einen darum, Sandel noch einmal Gelegenheit zu geben, seine Grundüberlegungen in der gebotenen Kürze darzulegen. Zum anderen war es aber auch ein informiertes Nachhaken, das Interesse an einer wirklichen argumentativen Auseinandersetzung erkennen ließ. Diesem Austausch über die moralischen Grenzen des Marktes, die ethischen Grundlagen der Gesellschaftskritik oder auch die Rolle der politischen Philosophie in der Öffentlichkeit hätte ich gerne noch länger zugehört Und doch war es gerade für eine akademische Veranstaltung erfrischend, dass nach einer guten Stunde Menke den formalen Teil der Veranstaltung auflöste und für weitere Gespräche zum Buffet bat. Zwar konnten in der Kürze der Zeit nicht alle Fragen gestellt, geschweige denn erschöpfend beantwortet werden. Doch bot gerade das konzentrierte dialogische Format nichtdestotrotz beiden Diskutanten hinreichend Raum, ihre Überlegungen zumindest in groben Umrissen vorzustellen. Und schuf so statt dem sonst allzu üblichen Gefühl von Erschöpfung Neugier darauf, sich auch mit deren ausführlicheren verschriftlichten Überlegungen auseinanderzusetzen.
Bleibt zu ergänzen, dass die Veranstaltung auch live im Internet übertragen wurde, was ebenfalls vorbildlich ist (insbesondere angesichts der sehr beschränken Teilnehmerzahl).
Unter http://www.livestream.com/americanacademy kann die gelungene Veranstaltung jetzt auch noch nachträglich von allen angesehen werden, die sie gestern verpasst haben.
Leider ist der Mitschnitt unter der livestream-Adresse nicht mehr verfügbar. Weiß vielleicht jemand bescheid, ob und wo es eine archivierte Version gibt?