Eric Hobsbawm, einer der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts, ist heute im Alter von 95 Jahren verstorben.
In Alexandria geboren, in Wien und Berlin aufgewachsen und von dort 1933 nach London emigriert, war Hobsbawm über sieben Jahrzehnte als Historiker der neuesten europäischen Geschichte, mit besonderem Fokus auf Nationalismus und Imperialismus, aktiv und über die Fachgrenzen hinaus enorm einflussreich. Von einer konsequent marxistischen Perspektive ausgehend, wirkte er weit über diese Schule hinaus und leistete nicht zuletzt mit seiner Tetralogie The Age of Revolution, The Age of Capital, The Age of Empire und The Age of Extremes (1962-1994) Grundlegendes für die Geschichts- und Sozialwissenschaften. Für PolitiktheoretikerInnen bleibt nicht allein dieses monumentale Überblickswerk inspirierende Pflichtlektüre, sondern insbesondere der mit Terence Ranger herausgegebene Band The Invention of Tradition (1983), der Grundlegendes zur politischen Gedächtnis- und Geschichtspolitikforschung beitrug. Bis zum Ende seines von wissenschaftlichem und politischem Engagement gleichermaßen erfüllten Lebens strebte Hobsbawm nach der wirksamen Verknüpfung beider Unterfangen, so auch in seiner Aufsatzsammlung How to Change the World aus dem vergangenen Jahr, in der Hobsbawm die Relevanz marxistischer Zugriffe auf die politische Gegenwart von Neuem erwies. The Guardian hat einen würdigen und ausführlichen Nachruf auf Eric Hobsbawm veröffentlicht.
Ein Kommentar zu “Eric Hobsbawm (1917-2012)”
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Die Nachricht von Hobsbawm Tod berührt mich sehr. Nicht allein, weil damit ein wichtiger Vordenker und Theoretiker der marxistischen Linken und der kritischen Geschichtsschreibung verloren gegangen ist, sondern auch, weil Hobsbawm wie kein anderer die Extreme des 20. Jahrhunderts bebildert hat. Erst vor wenigen Tagen ist ein Artikel seinerseits in der Zeitschrift für marxistische Erneuerung (http://goo.gl/bi790) erschienen – zynischerweise ein Nekrolog auf Tony Judt -, in dem tatsächlich die Widersprüchlichkeit der Geschichtswissenschaft und der Bedarf an politischem Werturteil neu betont worden war.
Danke für den traurigen Hinweis und auch den Link zum Beitrag des Guardian.
P.S.: Zusätzlich maßgeblich für die politische Theorie scheinen mir die Bücher „Nationen und Nationalismus“. Mythen seit 1780″ (1990) sowie „Sozialrebellen. Archaische Sozialbewegungen im 19. und 20. Jahrhundert“ (1959).