Ein Praktikum in Theorie?

Wer einen Master in politischer Theorie oder Philosophie absolviert oder gar eine entsprechende Doktorarbeit schreibt, strebt häufig im Anschluss eine akademische Karriere an. Allerdings können sich viele Studierende nicht so recht vorstellen, wie der Alltag einer solchen akademischen Karriere aussieht: Was machen wissenschaftlicher Mitarbeiter_innen eigentlich? Und kann man vielleicht da schon einmal reinschnuppern? Ebenso obskur ist wohl für manche(n), welche Alternativen es neben der Uni-Karriere gibt: Viele zieht es in die Medien, ins Feuilleton, ins politische Ressort. Andere arbeiten für politische Organisationen.

In diesem Zusammenhang schrieb uns vor einigen Tagen eine BA-Studentin, die sich vor einer Entscheidung für einen politiktheoretischen MA-Studiengang über Praktikumsmöglichkeiten in entsprechenden Berufsfeldern informieren wollte. Diese Frage(n) möchten wir an euch weiterreichen: Was sind eurer Meinung nach spannende Tätigkeiten für politische TheoretikerInnen und PhilosophInnen? Und wie kann oder sollte man sich durch Praktika oder ähnliches darauf vorbereiten?

Insbesondere wäre es interessant zu erfahren, wie es um Praktikumsmöglichkeiten direkt im akademischen Betrieb bestellt ist. Bieten bspw. größere Lehrstühle oder Drittmittelprojekte wie Kollegforschergruppen oder Sonderforschungsbereiche Praktikumsstellen an? Wie sieht es bei Redaktionen von Fachzeitschriften, Institutionen wie dem Wissenschaftskolleg oder im Lektorat von akademischen Verlagen aus? Wisst Ihr von konkreten empfehlenswerten Praktikumsstellen mit Bezug zur politischen Theorie und Philosophie oder könnte sich jemand aus dem Kreis der Leserschaft vorstellen, solche anzubieten (der eine oder andere potentielle Arbeitgeber liest ja vielleicht mit…). Antworten sehr gerne in den Kommentaren!

5 Kommentare zu “Ein Praktikum in Theorie?

  1. Praktika, hmm keine Ahnung. Aber eine studentische Hilfskraftstelle z.B. als Tutor schon während des Bachelorstudiums gibt einem meist einen wirklich guten Blick hinter die Kulisse der Akademie. Man ist dann nicht mehr nur Student, sondern in den Arbeitsablauf der Mitarbeiter und Professoren eingebunden und bekommt so einiges mit. Das kann ich jedem nur empfehlen. Und gut bezahlt wird es meist auch noch, jedenfalls im Vergleich zu vielen anderen Studentenjobs.

  2. Hallo,

    erst (wieder) vorweg ein großes Lob an die Studierende, die euch die Frage gestellt hat und auch an das TB-Team, dass ihr diese an die Leser_innenschaft weitergibt.

    Die aufgeworfenen Fragen bieten meiner Meinung nach zwei Perspektiven. Zum einen die der (potentiellen) Prakti-Anbietenden (1) und zum anderen der Prakti-Suchenden (2). Viele Masterprogramme sehen vor oder machen es gleich zur Pflicht ein Praktikum zu absolvieren. D. h., dass es nicht nur die Pflicht der Studierenden sein kann, ein Praktikum zu absolvieren, sondern ebenso sollte in gewisser Weise die Verpflichtung von potentiellen Praktikumsstellen sein, diese auch öffentlich anzubieten.
    (I) Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass wenn man gezielt Forschungseinrichtungen, -gruppen oder ähnliches anschreibt, um ein Forschungs(!)praktikum absolvieren zu wollen, einem meist sehr freundlich (und vielleicht auch etwas überrascht) geantwortet wird, aber diese leider absagen müssen, weil keine Kapazitäten vorhanden seien oder man nicht genau wüsste, wo eine/r zu zuordnen sei. Diese Einwände erscheinen plausibel. Doch offenbaren sie auch, dass Forschungseinrichtungen wie z. B. SFB’s oder Kollegs nicht damit rechnen, dass sie als Praktikumsstellen wahrgenommen werden. Hier müsste ein Reflektionsprozess über deren Stellung für Lehre und Forschung einsetzen und vielleicht wäre zu überlegen, ob nicht studentische(!) Praktikumsstellen in solchen Einrichtungen geschaffen werden. So würden möglicherweise auch die Grenzen zwischen Studierenden als kommenden Nachwuchs und aktuellen Nachwuchswissenschaftler_innen etwas abgebaut werden, weil eine frühere Zusammenarbeit ermöglicht würde. Damit wären wir bei der zweiten Perspektive.
    (II) Praktikant_innen sind aus meiner Sicht keine kürzer beschäftigten studentischen Hilfskräfte, sondern sollten dem Ideal nach halb-autonome Forscher_innen sein; zumal, wenn sie wirklich ein Forschungspraktikum machen wollen! D. h. dann nämlich, dass beide Gruppen (Praktikas und HiWi’s) nicht miteinander um Stellen konkurrieren, sondern teilweise unterschiedliche Aufgaben bearbeiten. Ich kann mich Raphael anschließen, dass Tutor_innen- und HiWi-Stellen einen guten Einblick in den Lehr- und Forschungsbetrieb geben. Ersetzen für mich aber kein Praktikum (oder sind dem gleich zu setzen). Beim Praktikum ist überdies wichtig, dass sie_er auch selbst Freiraum gewährt bekommt, um während ihrer_seiner Arbeitszeit forschen zu können. So wäre es möglich, dass man einerseits den Alltagsbetrieb eines Instituts mitbekommt und andererseits den eigenen Arbeits- und Forschungsablauf koordinieren kann (abseits von Hausrbeiten, Referaten, Essays für spezifische Veranstaltungen). So könnte man möglicherweise gut herausfinden, ob die akademische die gewünschte Laufbahn ist oder die eigene Vorstellung stark von der „harten Realität“ abweicht.

    Abschließend kann ich nur jedem empfehlen nicht nur auf offen ausgeschriebene Praktikumsstellen zu gucken, sondern sich bei Wunschprojekten, -instituten, -einrichtungen initiativ zu bewerben oder zumindest anzufragen!

    Viel Erfolg allen und ich hoffe auf weitere spannende Kommentare zum Thema.

    LG, Stefan

  3. Hierzu kann ich ein deutschlandweit publizierendes Projekt vorstellen:
    Das studentische Journal 360° für Politik und Gesellschaft.

    http://www.journal360.de/uber-360/

    Wissenschaftliche Praxis lässt sich hier in einem engagierten Team von Jungwissenschaftler_innen kennelernen und ausprobieren. Es ist zwar ein Ehrenamt – und bietet somit keine Praktikumsstellen o.ä. an, dennoch ist es sehr interessant, z.B. als Lektorin Artikel kritisch auf ihre Wissenschaftlichkeit zu überprüfen und sie bis zur Veröffentlichung zu begleiten.

    Mitmachen können alle, die noch studieren – und zwar von überall, da 360° deutschlandweit aufgestellt ist.

  4. Vielen Dank für Eure Rückmeldungen!

    Die Kommentare haben mir schon sehr weitergeholfen und ich habe jetzt in etwa einen „Fahrplan“, an den ich mich halten kann.

    Viele Grüße,

    Melanie

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