Minister zu Guttenberg würdigt die Bundeszentrale für politische Bildung

Karl-Theodor usw. zu Guttenberg hat, wie die SZ berichtet, in seiner Doktorarbeit möglicherweise das eine oder andere Anführungszeichen vergessen. Ob die Vorwürfe zutreffen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber was wäre natürlicher, als dass sich bei mehr als 400 Seiten und über 1000 Fußnoten schwuppsdiwupps Auszüge aus einem Artikel der NZZ oder einer Analyse des hoch angesehenen „Liechtenstein-Instituts“ („Das Liechtenstein-Institut will mit seiner Tätigkeit einen verantwortungsvollen Beitrag zur Beschäftigung mit Liechtenstein und zum liechtensteinischen Selbstverständnis leisten“) in eine Doktorarbeit schmuggeln? Statt den Minister zu tadeln, sollten wir uns als Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler vielmehr freuen, dass Freiherr zu Guttenberg offensichtlich auch unsere Forschung zur Kenntnis nimmt – wenn auch möglicherweise etwas nachlässig zitiert. So hat er sich, wie die SZ in einer Synopse zeigt, in seiner Arbeit vielleicht auch von Band 199 „Politisches System der USA“ der ehrwürdigen Schriftenreihe „Informationen zur politischen Bildung“ der Bundeszentrale für politische Bildung inspirieren lassen. Das sind die schlanken schwarzen Heftchen, die so gerne im Sozialkundeunterricht benutzt werden. Denn genau dafür sind sie auch gedacht. So heißt es auf der Website der bpb:

„Die „Informationen zur politischen Bildung“ sind vorrangig für den politischen Unterricht an Schulen bestimmt. Daher orientiert sich ihre Themenwahl an den Richtlinien der Kultusministerien. Inhaltliche Schwerpunkte sind neben Länderkunde historische Prozesse und sozialkundliche Gebiete sowie aktuelle Themen, wenn sie für den Politikunterricht von Interesse sind. „

Da sage noch einmal jemand, der Freiherr von der Hardthöhe sei kein Mann des Volkes. Bravo, Herr Minister! Bei der Habil können sie sich dann ja mal an die APuZ heranwagen.

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P.S. Dem geneigten Leser sei auch noch das Vorwort der Arbeit ans Herz gelegt. Dort finden sich ganz treffliche Formulierungen, die den Herrn Baron im Handumdrehen zum Nestor der akademischen Stilblüte promovieren dürften. Eine Kostprobe:

„Augenblicken kann man schwer zu Dank verpflichtet sein, den sie gestaltenden Persönlichkeiten jedoch umso mehr.“ (Guttenberg 2009, S. 6)

12 Kommentare zu “Minister zu Guttenberg würdigt die Bundeszentrale für politische Bildung

  1. Herr Thiel, seien sie nicht so streng! Der Mann ist durchaus selbstkritisch: „Wie oft wurde der Kairos der Fertigstellung durch freiberufliche wie später parlamentarische „Ablenkung“ versäumt, bevor die Erkenntnis dieses traurigen Faktums einer bemerkenswerten Mischung aus eherner professoraler Geduld (wie Liebenswürdigkeit), sanftem, aber unerbittlichem familiären Druck und wohl auch ein wenig der beklagenswerten Eitelkeit weichen durfte.“ (Guttenberg 2009, S. 6)

  2. Dein berühmter fast- Namensvetter Gutenberg soll um 1450 die gesamte Bibel wortwörtlich abgekupfert haben und erfreut sich heute eines legendären Rufes.Trotzdem:
    K.T. gib deinen Dr. zurück, den Titel braucht ein guter Verteidigungsminister eh nicht, gib zu, dass du ein normaler Mensch bist und wirklich Mist gebaut hast, mach dich dadurch sympatischer und verkleinere weiter die Bundeswehr! Stell dich nicht weiter vor deinen Dr. Ghostwriter, wenn das auch von menschlicher Größe zeugt, gräme dich nicht über die Häme der politischen Gegner, aber nimm die Einwände jedes Siebtklässlers der Republik ernst, der eine Hausarbeit geschrieben und versichert haben muss, dass er alle Zitate korrekt in Gänsefüßchen gesetzt hat: Wenn der das darf, wieso darf ich das nicht?

    http://de.guttenplag.wikia.com/index.php?title=Plagiate&image=Plagiat_graphic-jpg

    Laut dieser Website enthält Guttenbergs Werk auf 247 Seiten, das sind 62,8 %, kopierte Stellen ohne Zitatnachweis: Wenn die Uni Bayreuth sich nicht traut ihm den Dr.Titel abzuerkennen, müsste er die Arbeit nachbessern, das wäre die Höchststrafe, denn für das Kopieren hat er schon 7 Jahre gebraucht…..

  3. Der Fall von Guttenberg zeigt wieder einmal, um was es in einer
    hypersozialen Welt von höheren Primaten wirklich geht: nicht um Wissenschaft oder Bücher, sondern um Führung, Führung,
    Führung, Führer (“Machiavellische hypersoziale Intelligenz”).
    Guttenberg als geborener “Führer” hat ein perfektes
    hypersoziales Hirn — was “das geBILDete Volk” ja auch spürt.

    Wissenschaft ist letztlich eh nur blosse Technik — der
    Rest ist Rhetorik (siehe Giambattista Vico, 1710).

    Gaddafis Sturz zeigt auch wieder einmal, dass alle Bücher letztlich
    nie funktionieren können (Gaddafis grünes Buch, Guttenbergs Buch, etc.) — bis auf Facebook und Fuckbook, natürlich.
    Darum hat Guttenberg recht.

    Und: nach 2 Jahren ist in der Wissenschaft eh schon alles verjährt (und die Gedächtnisse
    von heute sind SEHR kurz).

    Leider gibt es ja immer noch keine “Gesellschaft” und Zivilisation OHNE Politiker,
    Juristen, Hausärzte, (etc.)…

    Übrigens (auch an Oliver Lepsius): Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Affe vor der Tastatur per Zufall gerade einen Text von Shakespeare eintippt, ist ja auch grösser als Null… (p > 0).

    Allein schon aus diesem Grund wird Guttenberg (als hypersozial perfekter höherer
    Primat) juristisch freigesprochen werden müssen (denn per Zufall hat er gerade unbewusst plagiiert, p > 0) — selbst dann, wenn er den “Dr.”-Titel aus hypersozialen Gründen
    einfach nur als Sprungbrett hypersozialerweise gebraucht (“missbraucht”) hat…

  4. “Wenn einer, der mit Mühe kaum, geklettert ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär’, so irrt sich der!” Wilhelm Busch

    zwei geklonte brüder im geiste kämpfen um die macht des einen (der andere hat sie von fr. springer sowieso)

    > http://commonman.de/wp/?page_id=2582
    > http://commonman.de/wp/?page_id=1428

    die ähnlichkeit ist unverkennbar

    was übrigbleibt ist scham aus der humor erwächst

    > http://commonman.de/wp/?page_id=2538
    > http://commonman.de/wp/?page_id=2372

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