Jürgen Habermas in der New York Times zu „Leadership and Leitkultur“

Nun meldet sich auch Jürgen Habermas in der Sarrazin-Integrations-Leitkultur-Wulff-Debatte zu Wort, allerdings von der anderen Seite des Atlantiks, in einem op-ed der New York Times. In den USA wurde die deutsche Debatte nämlich mit einiger Irritation zur Kenntnis genommen. Habermas verweist in dem Stück übrigens auf den sehr lesenswerten Artikel des Münchner Soziologen Armin Nassehi zu Sarrazin, den auch wir zur Lektüre empfohlen haben.

(via Political Theory, Don Gomez)

4 Kommentare zu “Jürgen Habermas in der New York Times zu „Leadership and Leitkultur“

  1. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach Sarrazin das Sachinteresse für die Integrations-Debatte ab: „Angela Merkel hat nicht nur mein Buch kritisiert, sie hat auch die Bundesbank indirekt aufgefordert, mich aus dem Vorstand zu entfernen. Außerdem hat sie öffentlich erklärt, dass sie mein Buch nicht gelesen hat und auch nicht lesen wird. Daran mögen Sie das Interesse der Kanzlerin an der Sache, um die es hier geht, ablesen.“ Zitat Sarrazin. Wie auch immer, man kann dazu stehen wie mal will, Tatsache ist, dass das Thema wieder von der Tagesordnung verschwunden ist. So ist die Politik und dann wundern sich die Politiker, wenn immer weniger Menschen zur Wahl gehen, bzw. extreme Parteien gewählt werden.

  2. In der FAZ von heute kritisiert Jürgen Kaube Habermas ziemlich angeschnupft dafür, in seinem Artikel mit zweierlei Maß zu messen und zwischen dem liberalen Beharren auf formale Demokratie (im Falle der Sarrazin-Debatte) und dem eher republikanischen Ruf nach Partizipation (S21) zu schwanken: http://www.faz.net/s/Rub5A6DAB001EA2420BAC082C25414D2760/Doc~EC7FB19FBCE6049F087DB3F8F60F5E3F2~ATpl~Ecommon~Scontent.html — Aber irgendwie hat er dabei die kritische Stoßrichtung von Habermas‘ Beitrag verpasst, dem es in der Zusammenführung von Sarrazin und S21 um die Beschreibung der Symptome kränkelnder Politikging – und den Vorschlag zur Heilung gleich mitlieferte: „What is needed in Europe is a revitalized political class that overcomes its own defeatism with a bit more perspective, resoluteness and cooperative spirit.“

  3. Ich kann den konstatierten Widerspruch im Übrigen so auch gar nicht nachvollziehen. Wenn Habermas von Migranten das Erlernen der deutschen Sprache und Zustimmung zu den Grundprinzipien der Verfassung verlangt, kann er doch ohne Probleme gleichzeitig darauf beharren, dass diese Grundprinzipien in einem nicht nur formalistischen Sinne zu verstehen sind. Integration im Sinne einer Akzeptanz derart verstandener demokratischer Verfahren ist aber dann, wie Habermas zurecht betont, doch noch immer deutlich verschieden von der abstrusen Forderung nach einer Anpassung an die deutsche „Leitkultur“.

  4. Sehe ich auch so. Heute kommentiert Christian Schlüter den Artikel in der FR: http://www.fr-online.de/kultur/debatte/beinahe-alles-im-gruenen-bereich/-/1473340/4801676/-/index.html — Neben der Beruhigung der Amerikaner („Alles im grünen Bereich. […] Die Deutschen sind keine Nazis.“) sei der „eigentliche Kracher“ die von Habermas nur angedeutete Diagnose, „die allerorten bejubelten Lichtgestalten Gauck und von Guttenberg als Symptome einer sich selbst abschaffenden Politik zu betrachten.“

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