Wiedergelesen zum 60. Geburtstag: Flammende Worte, brennende Heime. Zur Aktualität von Judith Butlers »Haß spricht«

Wiedergelesen-Beitrag: Judith Butler: Excitable Speech. A Politics of the Performative. New York, London: Routledge 1997 (dt.: Haß spricht. Zur Politik des Performativen. Berlin: Berlin-Verlag 1998/Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2006).

Sollen rassistische Kommentare im Internet gelöscht werden? Soll man die Neuauflage von Hitlers Mein Kampf unterbinden? Soll die AfD aus den Debatten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ausgeschlossen werden? Es gibt einen guten Grund, alle diese Fragen mit ja zu beantworten: Hassrede führt zu Gewalt. Sie verletzt die Angesprochen, und zwar nicht nur psychisch, sondern früher oder später auch physisch. Wie Justizminister Heiko Maas sagte: „Verbalradikalismus ist immer auch die Vorstufe zu körperlicher Gewalt.“ Die flammenden Worte besorgter Bürger und Politiker führen letztlich zu den brennenden Heimen, von denen wir in letzter Zeit viel zu viele gesehen haben. Darum endet hier die Redefreiheit. – Diese Argumentation ist verständlich. Doch sie richtet mehr Schaden an, als sie hilft.

Diese Auffassung hat Judith Butler in ihrem Klassiker Haß spricht vertreten. Heute, am 24. Februar 2016, begeht sie ihren 60. Geburtstag. Mit ihrem Buch ergriff sie das Wort in einer amerikanischen Debatte um die Redefreiheit. (mehr …)

Weiterlesen

Mouffe als Liberale? – Vincent Rzepka und Grit Straßenbergers ZPTH-Artikel in der Diskussion

In der zweiten Ausgabe 2014 widmet sich die Zeitschrift für Politische Theorie (ZPTH) im Rahmen eines Themenschwerpunktes dem Denken Chantal Mouffes. Vincent Rzepka und Grit Straßenberger stellen in ihrem Beitrag die politische Theorie Mouffes entgegen der gängigen Lesart in die Tradition eines „konfliktiven Liberalismus“. Im Rahmen unserer Kooperation mit der ZPTH (alle bereits diskutierten Artikel sind hier zu finden) bieten wir den Artikel von Rzepka und Straßenberger, der pünktlich zur Aachener DVPW-Frühjahrstagung auch zu einer Neulektüre des Verhältnisses von Liberalismus und Republikanismus einlädt, exklusiv zum Download an. Als Auftakt für die Diskussion hat Nina Elena Eggers den Artikel unter dem Strich kommentiert. Wir sind gespannt auf Eure Kommentare, Fragen und Anregungen. (mehr …)

Weiterlesen

Wiedergelesen: Die Geschichte vom Kampf der Giganten: Karl Polanyis „Great Transformation“

Wiedergelesen-Beitrag zu: Karl Polanyi: The Great Transformation. Foreword by Robert M. MacIver. Farrar & Rinehart: New York 1944. (Dt. von Heinrich Jelinek: The Great Transformation. Politische und Ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. 10. Aufl. Suhrkamp: Frankfurt am Main 2013 [1978].)

 

Karl Polanyi erzählt die Geschichte eines Kampfes zwischen Markt und Gesellschaft. Es fällt daher nicht schwer, die Aktualität seiner inzwischen klassischen Analyse der liberalen Marktwirtschaft zu behaupten: Wie in den 1920er Jahren hat auch die Weltwirtschaftskrise seit 2009 unübersehbar gemacht, was sich im Prinzip vorher anbahnte. Die neoliberale Wende lässt sich als eine „Revolution der Reichen gegen die Armen“ an, in der alles zur Ware wird, während der Staat die vermeintlich freie Marktwirtschaft aufrechterhält. Dabei erscheint inzwischen „kein privates Leid, keine Verletzung der Souveränität […] als ein zu großes Opfer“ für die „Wiederherstellung monetärer Bonität“. – Die Kritik des heutigen Wirtschaftssystems funktioniert bestens im Vokabular Karl Polanyis. (mehr …)

Weiterlesen